Die Finger wund gezockt oder einfach kein passendes Spiel parat? Gerade am Sonntag legen auch wir gerne mal den Controller bei Seite und lassen uns stattdessen von einem guten Film berieseln. In unregelmäßigen Abstand wollen wir euch künftig über Neuerscheinungen informieren und euch Filme vorstellen, die im Zeitalter des Blockbuster-Kinos gerne übersehen werden. Wir sind gespannt auf eure Reaktionen und würden gerne in den Kommentaren erfahren, wie ihr zu derartigen Inhalten steht.

Seit seinem letzten Film als Harry Potter, hat Daniel Radcliffe mehrfach versucht, sein Image als Zauberlehrling mit der Blitznarbe abzuschütteln und abseits von Hogwarts Fuß zu fassen. Dass der einstige Harry Potter aber eine Leiche mit besorgniserregenden Blähungen spielen würde, hätte vor „Swiss Army Man“ wohl niemand gedacht.

Bereits letztes Jahr im Kino gelaufen, konfrontiert „Swiss Army Man“ den Zuschauer mit einer Situation, die wir bereits aus Filmen wie „Cast Away“ mit Tom Hanks kennen. Der junge Mann Hank, gespielt von Paul Dano, ist auf einer einsamen Insel gestrandet. Übermannt von der Aussichtslosigkeit seiner Situation, versucht er sich das Leben zu nehmen. In diesem verzweifelten, letzten Augenblick, wird er durch einen Körper abgelenkt, der am Strand angespült wird. Die neu erwachte Hoffnung erlischt allerdings schnell, als Hank feststellen muss, dass es sich bei dem Neuankömmling um die Leiche eines unbekannten Mannes handelt. Zu unrecht, denn die von Daniel Radcliffe gespielte Leiche mit dem sympathischen Namen Manny, entpuppt sich schnell als wunderwirkendes Allzweckwerkzeug. Flatulierend oder – weniger blumig ausgedrückt – furzend, wird die Leiche nicht nur zum Retter in der Not, sondern auch zum Freund fürs Leben.

Dafür, dass Manny eigentlich reglos sein sollte, verfügt er nämlich über viele Einsatzmöglichkeiten. Sei es als niemals erlöschende Wasserquelle oder Jagdgewehr. Schließlich fängt Manny sogar an zu sprechen und zeigt eine wissbegierige Seite. Die augenscheinliche Komödie mit Furz-Humor entpuppt sich so als überraschend tragisch und philosophisch. Abseits von Themen wie Masturbation, ergründen die ungleichen Freunde existentielle Fragen und Gefühle des Lebens. In abgefahrenen Situationen diskutieren Hank und Manny beispielsweise Einsamkeit und Freundschaft und erlauben dem Zuschauer einen tiefen Blick in ihre Seelen. Stets mit der Absurdität vor Augen, dass Manny als Leiche nicht einmal ansatzweise über etwas wie eine Seele verfügen sollte.

Und trotz aller Tragik und warmherziger Bromance muss man zugeben, dass „Swiss Army Man“ schnell befremdlich wirken kann. Bis zur letzten Minute wird die heranwachsende Männerfreundschaft zwischen Außenseiter Hank und Manny der Leiche von Fürzen und anderen Absurditäten begleitet. Wer mit derartigen Humor nichts anfangen kann und mit weniger flachem Humor rechnet, wird zumindest in dieser Hinsicht von „Swiss Army Man“ enttäuscht werden.

Glücklicherweise hat der Film von Daniel Kwan und Daniel Scheinert aber auch andere Qualitäten in petto. „Swiss Army Man“ glänzt durch tolle Montagen. Gerade die Eröffnungsszene ist fantastisch inszeniert und versprüht nicht zuletzt wegen der eigens für den Film komponierten Musik durchweg eine wohlfühlende Stimmung. Das mag auch daran liegen, dass die Musik unüblicherweise bereits vor den Dreharbeiten komponiert wurde und die Darsteller sich während ihrer Szenen an dieser orientieren konnten. Sowohl Paul Dano als auch Daniel Radcliffe spielen ihre Rollen mit viel Überzeugung und schaffen trotz der absurden Ausgangssituation, den Zuschauer mit Hank und Manny mitfühlen zu lassen. Außerdem beweist Radcliffe, dass man ihn nicht nur auf seine Durchbruch-Rolle beschränken sollte.

Wer von „Swiss Army Man“ eine Komödie mit cleverem Humor erwartet, kann schnell enttäuscht werden. Wer Lust auf eine warmherzige Geschichte über Leben und Freundschaft hat, wird Hank und Manny hingegen schnell in sein Herz schließen. Auch wenn der Film immer wieder gerne eine bedrückende Stimmung anschlägt, eignet sich „Swiss Army Man“ hervorragend für einen Filmabend zum Wohlfühlen. Und wenn die Stimmung bei Hank und Mannys philosophischen Diskussionen mal kippt, kann man sich sicher sein, dass die nächste „Flatulenz“ schon um die Ecke schielt, um die Stimmung wieder aufzuheitern.

„Swiss Army Man“ ist über den deutschen Vertrieb Cape Light Pictures als Mediabook, auf Blu-Ray und DVD und als Video on Demand erhältlich.