Nach dem durchschlagenden Erfolg von „The Walking Dead“ dominiert Telltale Games mit ihren Point-and-Click-Adventures wie „The Wolf Among Us“, „Tales from the Borderlands“ oder aktuell mit „Batman: The Telltale Series“, die sich auf starke Lizenzen stützen, die Genrelandschaft. Während viele Spieler den, im Vergleich zu vielen Genrekollegen früherer Zeit, überarbeiteten Ansatz gutheißen, gibt es auch zahlreiche Fans, die eher dem traditionellen Ansatz zugewandt sind. Mit „The Little Acre“ veröffentlicht der irische Entwickler Pewter Games ein handgezeichnetes Point-and-Click-Adventure der alten Schule, das sich beispielsweise am Genreklassiker „Dragon’s Lair“ orientiert. Ob es den Jungs und Mädels von der grünen Insel gelungen ist, mit einem bekannten Ansatz zu überraschen, oder wir doch lieber auf die jüngere Formel schielen, verrät unser Review.

Spannende Prämisse

„The Little Acre“ nimmt seinen Ausgang im Irland der 1950er Jahre, zu einer Zeit, in denen das schlechte wirtschaftliche Klima zahlreiche Iren dazu antreibt, das Land zu verlassen. In „The Little Acre“, einem kleinen Bauernhaus auf einem Stück Land, lebt Aidan, nach dem tragischen Tod seiner Frau, gemeinsam mit seiner Tochter, Lily, und seinem Vater. Ebenfalls nennt der Hund Dougal „The Little Acre“ sein zuhause. Die Familie leidet sehr unter der wirtschaftlichen Lage Irlands, beispielsweise wird Aidan von seiner Arbeitslosigkeit geplagt, die Familie kommt gerade so über die Runden. Als eines morgens Aidan feststellt, dass sein Vater nicht mehr im Schuppen aufzufinden ist, verfolgt er eine Spur, die ihn in ein seltsames, unbekanntes Land führt. Seine aufgeweckte und abenteuerfreudige Tochter Lily stellt den zweiten Vermisstenfall fest und taucht ebenfalls in diese neue Welt ein. Für die beiden Verschollenen gilt es nun, Aidans Vater und den Weg nach Hause zu finden.

Charme-Offensive

„The Little Acre“ spielt sich ähnlich wie Spiele der „Deponia“-Reihe. Man steuert den eigenen Charakter durch verschiedene Settings und muss dabei Rätsel lösen und mit seiner Umgebung interagieren. Das Spiel überzeugt durch einen wirklich sehr schönen Charme, in dem jede Figur, jede Umgebung, jeder Gegenstand handgezeichnet ist. Während des Abenteuers, wachsen dem Spieler die unterschiedlichen Charaktere mit ihren verschiedenen Denkweisen und Verhaltensmustern sehr ans Herz. Man merkt, dass sich der irische Entwickler sehr viel Mühe gegeben hat, um tolle Charaktere herauszuarbeiten. Während des Spiels wechselt man zwischen Aidan und Lily, was für Abwechslung sorgt. Während der gutmütige Aidan oft in einfachen Schemen denkt und einige Sachen vielleicht überinterpretiert, kann Lily mit jugendlicher Neugierde und einem absoluten Abenteuerdrang punkten. Dieses Wechselspiel sorgt dafür, dass es nicht zu monoton wird. Negativ aufgefallen ist uns jedoch, dass das Tempo, in dem die Wechsel stattfinden, leider etwas zu oft zu fehlplatziert ist. Der vielleicht verkannte Held des Spiels ist aber der gutmütige und treue Hund Dougal. Er wächst einem binnen kürzester Zeit ans Herz, versucht er doch ständig, die tollkühne Lily vor Schaden zu bewahren und findet sich dann stattdessen selbst in den unmöglichsten Situationen wieder.

Erfrischender Humor, knifflige Rätsel und Ungereimtheiten

Naturgemäß bieten diese Szenen viel Raum für einige Lacher. Auch abseits davon kann „The Little Acre“ mit einem frischen und unverfänglichen Humor punkten. Wo andere Spiele mit der Brechstange zumindest ein Schmunzeln beim Spieler erzeugen wollen, kann „The Little Acre“ einfach seinen Charme spielen lassen, besonders in der Interaktion mit den komisch anmutenden Kreaturen. Allerdings waren wir auch beeindruckt davon, wie die Entwickler auch immer wieder für einen kurzen Moment schwierige Themen, wie die Arbeitslosigkeit des Hauptcharakters, aufblitzen lassen und zum Nachdenken einladen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil sind natürlich die Rätsel, die oftmals ein kritischer Faktor für ein gutes Point-and-Click-Adventure sind. Für diejenigen, die gerne ihre Denkmurmel stimulieren, wird hier einiges geboten, die meisten Rätsel sind knackig und kreativ. Allerdings leidet auch „The Little Acre“ an einem Problem, an dem viele andere Genrekollegen auch nagen. Manche Rätsel sind einfach so abstrus und so weit hergeholt, dass man eigentlich nur durch durchprobieren auf die Lösung kommen kann. Das ist leider sehr nervig und stört den Spielfluss doch wesentlich. Abseits davon, hat uns auch das etwas lahme Bewegungstempo der Charaktere gestört, besonders in etwas weiteren Arealen, in denen man einiges an Backtracking betreiben muss. Außerdem verschwinden die Charaktere an manchen Stellen so tief im Bild, dass man kaum noch erkennt, um was es sich dabei in gefühlt fünf Kilometern Entfernung nun genau handelt. Bei der Geschichte müssen wir auch sagen, dass, obwohl wir tatsächlich sehr mitgerissen wurden, das Ende doch nicht ganz so rund war und einen etwas komischen Nachgeschmack hinterlassen hat.

Technik

Aus der Technikperspektive dürfte jedem Fan des ehemaligen Disney-Mitarbeiters Don Bluth, der beispielsweise auch an „Dragon’s Lair“ beteiligt war, das Herz aufgehen. Der einzigartige Stil zieht sich durch das gesamte Spiel, welches durch seine handgezeichneten Elemente ein wahrer Augenschmaus ist. Außerdem wurde der Stil auch sehr stark von der populären „Deponia“-Reihe mitbeeinflusst. In einer Zeit, in der sich Entwickler mit einer überdrehten Grafikbombe mit einem Pixelgebolze und zwanzigtausend Partikel-Effekten gegenseitig bei der Reizüberflutung überbieten wollen, ist der geerdete, traditionelle Ansatz von „The Little Acre“ eine willkommene Abwechslung. Abseits davon, ist das Spiel voll vertont und die Charaktere komplett synchronisiert, allerdings nur in Englisch, wobei natürlich deutsche Untertitel angeboten werden. Abgerundet wird das Paket mit einem tollen Soundtrack, der die Stimmung des Spiels gut untermalt.