The Witch and the Hundred Knight
Nippon Ichi Software, kurz NIS, sind vor allem für die „Disgaea”-Reihe bekannt. Nun bereiten sie seit über drei Jahren und vielen Verschiebungen ein neues Spiel abseits des bekannten Strategie-RPG-Genre vor. „The Witch and the Hundred Knight” ist ein Action-RPG im Stile von „Diablo” gemischt mit viel japanischem Flair und typischen NIS-Elementen. Es ist zudem das erste Spiel der Entwicklerschmiede in einer 3D-Optik. Ob wir das Abenteuer durch den Sumpf überstanden haben, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.
Hundred Knight ging allein, in die weite Welt hinein
In einem magischen Land existiert die Legende eines ganz besonderen,
dämonischen Kriegers. Dieses vermeintliche Ungetüm wird eines Tages von
der Sumpfhexe Metallia heraufbeschworen, um ihren geliebten Sumpf im
ganzen Land zu verbreiten. Also zieht man nun in der Rolle des
sagenumwobenen Hundred Knight los und öffnet die Pillars of Temperance,
die Sumpfmasse in sich tragen. Auf dieser Reise trifft man immer wieder
auf die verschiedensten Hexen, die sich dem Krieger in den Weg stellen
und versuchen, Metallias Pläne zu vereiteln.
Die Geschichte präsentiert sich NIS-typisch in kleineren gescripteten
Events oder Standbildschirmen. Letztere zeigen die Hauptakteure in schön
anzusehenen Anime-Figuren. Doch oft sind die Gespräche sehr langatmig
und sogar langweilig. Dies liegt nicht zuletzt an den relativ
charakterlosen Figuren, die rotz der lebendig wirkenden Synchronsprecher
nicht interessanter werden. Wäre die Charakterzeichnung und der Inhalt
der Gespräche ein wenig flotter, dann würde die Geschichte, die im
Grunde schon interessant ist, ein wenig mehr motivieren. Da wünscht man
sich doch den Esprit und Humors eines „Disgaeas”. Doch allein für die
Geschichte wird man über 40 Stunden lang beschäftigt sein, bis man die
letzte Szene erlebt hat.
Trotz Tutorial keinen Plan
Nach den ersten Dialogboxen wird man bereits ins Spiel geworfen. Doch
wer jetzt denkt, dass es sofort losgeht, wird sich zunächst einmal in
einem Tutorial wiederfinden, das die offensichtlichsten Mechaniken wie
Schlagen, Laufen oder Blocken erklärt. Keine fünf Minuten vergehen, in
denen man nicht wieder aus dem Spielfluss geworfen wird, nu, um
irgendetwas Banales erklärt zu bekommen. Dazu sei an dieser Stelle
gesagt, dass sich das durch das gesamte Spiel ziehen wird. An jeder Ecke
kommt wieder eine kleine Storysequenz, die komplett aus dem Spielfluss
herausreißt. So kommt kein flüssiges Spielgefühl auf, vor allem dann
nicht, wenn man wieder ein langatmiges Gespräch hat, nur damit erklärt
wird, dass Monster A aggressiv wird, wenn man es schlägt. Das hätte man
sicherlich anders lösen können.
Ist das Tutorial endlich abgeschlossen, erschlägt einen die am Anfang
total überladen wirkenden Bildschirmanzeigen. Oft fragt man sich, was
denn diese Anzeige macht oder wofür jene Prozentzahl steht. Denn die
eigentlich wichtigen und vom Spiel individuellen Mechaniken werden nie
so richtig erklärt. Am Ende des Tutorials wird nur darauf hingewiesen,
dass es 50 verschiedene Tipps während der Ladezeiten gibt. Dass diese
aber eigentlich essentiell sind, scheint den Entwicklern egal gewesen zu
sein. Anders lässt sich diese Designentscheidung nicht erklären. Nun
muss man also in den sauren Apfel beissen und das Spiel Stück für Stück
selbst erlernen. Je weiter man kommt, desto eher merkt man, dass die
Systeme gar nicht so schwer zu verstehen sind und die Komplexität von
„Disgaea” bei weitem nicht erreichen. Das ist in diesem Fall ein
Pluspunkt für die Einsteigerfreundlichkeit, auch wenn man sich selbst
alles beibringen muss.
Schier unendliche Waffenkombinationen
Die Welt ist in kleinere Stages aufgebaut, die über eine
Weltkarte miteinander verknüpft sind. In diesen muss man aus einer
isometrischen Perspektive meist von A nach B laufen oder ein bestimmtes
Item ergattern. Das Ziel ist stets auf der Karte markiert, so dass man
sich in der Regel nicht verlaufen kann. Jedoch sei an dieser Stelle auf
die bescheidene Kamerafühung hingewiesen. So gut wie nie weiß man, was
zehn Meter vor der Spielfigur lauert. Die Kamera kann entweder schräg
hinter den Hundred Knight in alle Himmelsrichtungen oder von oben
platziert werden. Doch dadurch bekommt man nur in den seltensten Fällen
eine bessere Übersicht.
In den Gebieten tauchen viele verschiedene Gegner auf, die bestimmte
Widerstände und Schwächen haben können. An diese angepasst, kann der
Spieler den Hundred Knight mit fünf verschiedenen Waffentypen ausrüsten,
die eine von drei Angriffstypen besitzen können. Ein Schwert ist zum
Beispiel vom Typ Slash, ein Hammer hat das Blunt-Attribut und der Stab
greift mit Magie an. Aus diesen Waffen kann man nun eine Kombo mit fünf
Angriffen erstellen, die zudem verstärkt werden kann, wenn Schwert A an
der richtigen Position platziert wird. Denn jede Waffe hat zusätzlich
ein Positions-Attribut. Anfangs hört sich das relativ komplex an, aber
schon nach kurzer Zeit stellt man fest, dass man schnell die Kombination
ändern und den jeweiligen Gegnertypen anpassen kann. Dadurch bekommt
„The Witch and the Hundred Knight” eine sehr angenehme strategische
Note, die ansonsten vom relativ simplen Kampfsystem ablenkt.
Hundred Knight der Nimmersatt
Was das Spiel aber von anderen Genre-Vertretern abhebt, ist der stets
vertretene Zeitdruck in Form von Hunger. Die sogenannte Gigacal-Anzeige
zählt bei jeder Aktion gnadenlos herunter. Damit man sie wieder auflädt,
muss der nimmersatte Hundred Knight etwas in seinen Magen bekommen. In
diesem staut er aber nicht nur die Überreste seiner Gegner, sondern auch
die gefundenen Items. Da man aber nur eine gewisse Menge an freien
Plätzen im Magen hat, muss man sich genau überlegen, ob man nun wirklich
den Gegner auffrisst oder doch lieber vier Plätze im Magen für Items
freihält und dann frühzeitig das Level verlässt.
Denn neben den Pillars of Temperance gibt es noch die kleineren Pillar
of Fools, die es ermöglichen, sich zwischen anderen Säulen zu
teleportieren. An diesen kann man zudem Grade Points vergeben, die bei
jedem Durchlauf eines Levels neu gesammelt und gesetzt werden müssen,
damit man zum Beispiel mehr Leben, Angriff oder Verteidigung bekommt. Um
an diese zu gelangen, erzielt man möglichst hohe Combos bei den
Gegnern. In regelmäßigen Abständen tauchen darüber hinaus Endgegner auf.
Diese unterscheiden sich von den normalen Monstern meistens durch mehr
Leben, stärkere Angriffe und eine blaue Verteidigungsleiste. Letztere
zeigt an, wann der Boss am meisten Schaden nimmt, jedoch ist dies meist
kurz vor einer Attacke, weshalb man strategisch überlegen muss, ob es
sich wirklich lohnt, einen Angriff zu starten.
Unterm Strich bleibt zum Gameplay vor allem eins zu sagen: Wer sich
nicht selbst damit beschäftigen möchte und nicht gerne ein wenig
ausprobiert, wird nach einer kurzen Zeit den Controller frustriert in
die Ecke werfen. Doch wenn man sich auf das Spiel einlässt, bekommt man
ein sehr motivierendes Rollenspiel mit einer angenehmen Prise Strategie
geboten, das insgesamt nicht viel Abwechslung bieten wird. Ein weiteres
Highlight sind die sehr gut in Szene gesetzten Bossgegner.
Technik
Aus technischer Sicht sollte man die Erwartungen leider ein wenig zurückschrauben. Der Stil ist klar von NIS-Spielen wie „Disgaea“ geprägt und durch die 3D-Optik, die zum ersten Mal von dem Entwickler genutzt wird, bekommt der Titel ein etwas anderes Spielgefühl. Oft ist die Optik sehr verschwommen und die Umrisse der Charaktere verzerren sich bei einer Bewegung. Zudem friert das Spielgeschehen alle paar Minuten für wenige Sekunden ein. Meist bekommt man das Gefühl, dass das Spiel nur ein paar Aktionen in den Cache laden kann und damit die nächste Aktion geladen werden kann, muss der Cache wieder Platz bekommen. Jedenfalls nervt es irgendwann nur noch und stört den Spielfluss noch mehr als die langatmigen Zwischensequenzen. Der Soundtrack, der NIS-typisch aus einer Mischung von Chorklängen und Folklore besteht, reiht sich gut in den Stil des Spiels ein und passt immer perfekt zu den Ereignissen auf dem Bildschirm.
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