Derzeit sind Rogue-likes vor allem bei Indie-Entwicklern sehr beliebt. Besondere Merkmale dieser Spiele sind, dass man meist nur einen Versuch hat, das Abenteuer zu bestreiten und sich jedes Mal das Layout sowie die vorkommenden Gegner verändern. Wenn man stirbt, dann ist der gesamte Fortschritt oder zumindest ein Teil des Fortschritts verloren. An diesem Genre versucht sich nun auch ACE Team, bekannt für „Zeno Clash“ und „Rock of Ages“. „Abyss Odyssey“ vermischt zudem noch ein Rollenspiel, ein Prügelspiel und ein typisches Jump ‘n‘ Run. Ob uns diese Mischung überzeugen konnte, erfahrt ihr im folgenden Review.

Träume erschaffen Welten

In der Welt von „Abyss Odyssey“ existiert ein riesiges Loch, das viele kleine Dungeons beherbergt. Ganz am Ende schläft ein mächtiger Warlock, der durch seine Träume diesen Ort und auch den Helden geschaffen hat. Dieser versucht, ihn aufzuwecken, da seine Monster die Welt bedrohen.

Die Geschichte ist sehr simpel und schnell erklärt. Sie wird in einer kurzen, gezeichneten Sequenz präsentiert. Generell ist sie eher ein nettes Beiwerk, dem man kaum Aufmerksamkeit schenken braucht. Sowieso kann das Spiel schon nach ein bis zwei Stunden zum ersten Mal durchgespielt werden. Als Motivation bietet der Entwickler ein kleines Meta-Game. Jedes Mal, wenn der Warlock besiegt wird, geht ein Teil seiner Maske kaputt. Ist sie komplett zerstört, bekommt der Endgegner neue Fähigkeiten und wird beim nächsten Mal taktischer agieren.

Das Gameplay kennen wir doch irgendwo her

Das Gameplay könnte man für einige mit wenigen Wörtern beschreiben und sie wüssten sofort was sie von „Abyss Odyssey“ erwarten können: Subraum Emissär aus „Super Smash Bros. Brawl“. Wir gehen trotzdem noch einmal ein paar Schritte zurück, damit es jeder versteht. Zunächst wählt man sich einen von drei Helden aus, die man nacheinander freischaltet. Jeder besitzt einen ganz eigenen Waffentyp, entweder Schwert, Degen oder Lanze, und hat zudem ein Set an drei besonderen Spezialattacken. Diese sind zum Beispiel ein Feuerball oder eine Wirbelattacke, die zudem noch gegen andere Fähigkeiten ausgetauscht und durch Skillpunkte verbessert werden können. 

Danach läuft man aus der 2D-Ansicht durch zufällig generierte Räume, in denen man immer versuchen muss, von oben nach unten zu kommen. Auf dem Weg muss man verschiedenen Fallen ausweichen und Gegner platt machen. Gegen Letztere setzt man sich mit dem schon erwähnten Kampfsystem zur Wehr, das stark an ein Prügelspiel erinnert. Mit einem gut platzierten Block, einer Ausweichrolle und einer Spezialattacke aus einem Konter heraus, kann man in einer guten Combo auch den schwersten Gegner besiegen. Ferner kann der Spieler Waffen mit verschiedenen Effekten, wie vergiften oder einfrieren, finden oder sich beim zufällig auftauchenden Händler eine kaufen. Schnell kommt man in einen Trott rein, da sich jeder Raum gleich vom Aufbau her anfühlt. Da helfen die zufällig generierten Areale nur wenig.

Zufällige Events zur Auflockerung

Hat man sich nun bis zum Ende des Raumes gekämpft, kann man auf der Karte überprüfen, welchen Schwierigkeitsgrad – einfach, normal, schwer – der nächste hat und ob ein besonderes Event auf den Spieler wartet. Das könnte zum Beispiel ein Teufel sein, der dem Spieler eine Fähigkeit anbietet, die er auch nach dem Tod behalten kann, dafür wird aber in einem der nächsten Räume der Herr der Unterwelt auf den Spieler lauern und versuchen, ihn zu töten. Von diesen Extrabossen gibt es im Spiel insgesamt drei Stück. Ein weiteres Event versetzt einen in eine merkwürdige Infrawelt, die den Spieler in die Rolle eines zufälligen Gegners schlüpfen lässt. Wenn man dann gegen die auftauchenden Widersacher gewinnt, werden die Leben des Helden wieder voll aufgeladen; wenn man verliert, passiert nichts. Diese Räume sollten also gezielt aufgesucht werden, da sie den Abstieg zum Warlock um einiges erleichtern.

Im Dienste des Helden

Im Gegensatz zu anderen Rogue-likes haben sich die Entwickler eine besondere Funktion überlegt, die es ermöglicht, auch nach dem Ableben des Helden nicht den gesamten Fortschritt zu verlieren. Wenn der Spieler stirbt, übernimmt man die Rolle eines Fußsoldaten, der versucht, den Helden wieder zu beleben. Dies wird ermöglicht, indem man mit dem neuen Charakter in das nächste Areal vordringt und dort zu einem Altar gelangt, von dem es in fast jedem Raum einen gibt. Sicherlich denken sich einige nun, dass dieses Vorhaben das Spiel ja um einiges erleichtert. An sich tut es das auch, jedoch ist der Soldat in allen Belangen schlechter und Gegner zu besiegen wird zu einer kniffligen Aufgabe.

Insgesamt ist „Abyss Odyssey“ eine sehr interessante Genre-Mischung, die spielerisch zwar nicht komplett überzeugen kann, aber trotzdem kurzweiligen Spielspaß bringt. ACE Team hat so viele Mechaniken eingebaut, dass es schon fast unmöglich ist, dass auch jeder einzelne Aspekt ausgereift ist. Die Steuerung ist sehr schwammig und viele der Attacken gehen mal schnell ins Leere. Das Aufleveln macht neben der höheren maximal HP kaum Sinn, da man alle Ausrüstungsgegenstände und Waffen nach einem Versuch wieder verliert und die Stats immer die gleichen sind. Man bekommt also gar keinen Anreiz, mehrere Durchläufe zu starten, um stärkere Waffen zu bekommen, da es keine Möglichkeit gibt, diese länger als nur für diesen einen Versuch zu verwenden.

Auf dem Papier hui, in Wahrheit pfui

Einen Aspekt von „Abyss Odyssey“ haben wir bisher noch nicht erwähnt, obwohl es das größte Argument der Entwickler für das Spiel ist: der Co-op-Modus. Auf dem Papier hört es sich wirklich wundervoll an. Schnappe dir einen Kumpel oder einen fremden Mitspieler, egal ob lokal oder online, und bestreite mit ihm zusammen den Abyss, sammle Waffen, level auf und bekomme neue Fähigkeiten. Es hätte so gut sein können, wäre da nicht eine Sache, die alles zunichte macht und den kompletten Spielspaß zerstört: Friendly Fire. Wer auch immer auf diese Schnappsidee kam, gehört in ein riesiges Loch gestoßen. Es gibt keine Möglichkeit, diese Funktion optional einzustellen. Dadurch wird es unmöglich, zusammen gegen die Monster anzukämpfen, da man sich gegenseitig die ganze Zeit umhaut und meist sogar mehr Leben abzieht, als der Gegner es je selbst geschafft hätte. Da kann man nur hoffen, dass dieser Umstand durch einen Patch verbessert wird, denn so wie es jetzt ist, ist der Co-op eine reinste Katastrophe.

Chilenische Kultur in spielbarer Form

Wer schon einmal einen Titel von ACE Team gespielt hat, der weiß ganz genau worauf er sich stilistisch einlassen wird. Das chilenische Team versucht in keinster Weise, seine Herkunft vor dem Spieler zu verstecken. Sie nehmen ihn eher mit auf eine Reise, durch eine mystische Welt mit allerlei Fabelwesen. Grafisch wird der Titel von der Unreal Engine 3 angetrieben, die dieses Mal aber eine wirklich gute Leistung auf der PlayStation 3 abliefert. Die Modelle wirken zwar etwas detailarm, präsentieren sich aber durch den einzigartigen Stil in einem sehr guten Licht. Das Spielgeschehen kommt vor allem zu Beginn eines Areals immer wieder ins Ruckeln, jedoch läuft es ansonsten die meiste Zeit sehr schnell ab. Vor allem beim Kampf gegen den Warlock werden die vollen Frames pro Sekunde aus der PlayStation 3 herausgekitzelt, was wir angesichts der benutzten Engine zu Beginn bezweifelt hatten. Hut ab! Hin und wieder kommen sehr packende und aufbauschende Tracks aus den Lautsprechern, die den Spieler immer weiter antreiben, auch den nächsten Raum zu erreichen.