Schaut man auf das Ende des Spielejahres, stehen zahlreiche Hits an, die sich gegen starke Konkurrenz durchsetzen wollen. Für mich persönlich ist jedoch kein einziger Titel so interessant wie „Black Mirror“. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Umsetzung der gleichnamigen Serie, sondern ein Reboot der dreiteiligen Adventure-Reihe, die zu meinen liebsten Reihen aller Zeiten gehört. Demnach hat sich bei der Ankündigung Skepsis mit Vorfreude vermischt, bis sich auf der gamescom eine Seite durchgesetzt hat. Welche das ist, verraten euch die folgenden Zeilen.

Ein bekannter Neuanfang

Wie sich Spieler von „Black Mirror 3“ bereits denken können, handelt es sich hierbei um ein Reboot ohne Verbindungen zur ursprünglichen Reihe. Das kann man als Fan durchaus begrüßen, denn nach dem Abschluss wäre eine Fortsetzung eher erzwungen. Ein großer Vorteil für die Macher ist dadurch auch, dass man eine komplett neue Mythologie erzeugen kann, die während der drei Spiele zwar sehr detailliert, dadurch aber auch kompliziert wurde.

Man spielt nun David Gordon im Schottland des 20. Jahrhunderts. Dieser kehrt in das alte Familienanwesen zurück, nachdem sein Vater Selbstmord begangen hat. Das kommt Fans zwar bekannt vor, doch tatsächlich soll ein neues Mysterium dahinter stehen. Die Präsentation fing direkt am Anfang an, wo David das erste Mal seit vielen Jahren das Gebäude betritt. Wirklich warm wird man allerdings nicht begrüßt, denn scheinbar sind ihm alle feindselig gesinnt, wie die erste Unterhaltung mit dem Butler offenbart. Zudem gibt es eine Warnung, man solle sein Zimmer nicht verlassen, denn die tickenden Uhren seien das geringste Problem.

Interessante Neuausrichtung

Die umstrittenste Neuerung wird sofort hier klar. Man orientiert sich nämlich eher an Spielen wie „Heavy Rain“, „Until Dawn“ oder „Life is Strange“, also wählt man keine kompletten Dialoge aus und steuert David direkt anstatt über einen Curser. Das Inventar ist zwar vorhanden, jedoch werden die Gegenstände automatisch benutzt. All das vereinfacht den Spielablauf und macht die Rätsel eher zu einer Erkundungsangelegenheit als zu Kopfnüssen, was etwas schade ist. Dennoch wirkt das bisher nicht allzu schlimm, denn das Spiel verfolgt eher das Ziel, eine neue Geschichte zu erzählen, anstatt herausfordernd zu sein.

Interessant ist hingegen, dass man sich anders als bei den genannten Vorbildern nicht dazu entschieden hat, den Spieler die Geschichte beeinflussen zu lassen. Zwar gibt es Dialog-Optionen, diese werden aber nur die aktuelle Unterhaltung beeinflussen und nicht den Verlauf der Handlung, eben so wie es die Adventures damals meist getan haben. Das ist ein interessanter Mix aus neuen und alten Elementen, der einen eigenen Charme besitzt. Der Fokus ist tatsächlich die Atmosphäre und die Handlung, und anstatt mehr oder weniger gelungene Abzweigungen zu bieten, soll hier ein Gesamtpaket überzeugen.

Ein Schloss wie aus einem Buch

Im eigenen Zimmer geht es also auf Erkundungsjagd, und schnell findet man eine Kerze, die man dank Feuerzeug mit dem angezeigten Befehl anzünden kann, um sein Zimmer zu verlassen. Die Farbgebung sowie die Gestaltung des Black Mirror sind dabei einfach einzigartig und wirken wie wahr gewordene Werke von H.P. Lovecraft und Edgar Allen Poe. Schon alleine durch normale Gänge zu laufen wirkt wie ein schauriges Erlebnis, während dennoch genug Charme vorhanden ist, um das nicht zu einem Horror-Abklatsch verkommen zu lassen. Zwar lässt sich die Kamera nicht drehen, doch das stört nicht, denn die Macher können dadurch stets den Blickwinkel der Spieler kontrollieren und somit besser vorgeben, was im Fokus stehen soll. Nach dem Erkunden einiger Schauplätze geht es aber schon weiter.

Traum oder Wahnsinn?

Der zweite Abschnitt führt die Spieler an einen scheinbar zerfallenen Ort des Gebäudes. Hier berührt David eine schwebende Blase, woraufhin sich seine Umgebung verändert und er scheinbar Unterwasser ist, sich aber normal bewegen kann. Interagiert er mit Sachen in dieser surrealen Umgebung, verändert sich das Umfeld, bis schließlich eine Frauensilhuette hinabschwebt, in einer Endlosschleife. Berührt man sie im falschen Moment, wird man scheinbar getötet – doch schaut man sich genauer um, erfährt man, dass sich die Frau anscheinend zusammen mit ihrem Baby getötet hat, um nicht mehr Teil der Gordon-Familie zu sein. 

Diese abstrakten Momente sollen nicht nur dazu dienen, die Vergangenheit zu sehen. David kämpft nämlich stets mit seinem Verstand und ist scheinbar an der Schwelle zum Wahnsinn. Selten weiß er, ob es sich bei diesen verrückten Szenen um Visionen oder Halluzinationen handelt, und das wirkt sich auf sein Leben aus. Nachdem er nämlich von einem Geist erschreckt wird, fällt er herunter und verletzt sich dabei. Dieser Moment wurde wunderbar inszeniert und wenn alle Sequenzen dieser Art so tolle Elemente bieten, könnten sie sich zu Highlights befördern.

Ein verrückt geniales Ensemble

Am Boden angekommen, darf man David mit einem Mini-Spiel beruhigen, während eine Frau ihn findet. Er schildert ihr kurz, was er gesehen hat und findet heraus, dass sie Psychologin ist und bereits seinen Vater in einer Nervenheilanstalt betreut hat, der ähnliches behauptete. Einmal mehr sprangen wir zu einer anderen Szene, in der David von Rory überrascht wird, der in der Küche aus Dosen isst. Das ist wunderbar verrückt und so abstrus, dass wir uns ein Lachen nicht verkneifen konnten. Seine Worte ergeben nicht allzu viel Sinn, doch der Gärtner weiß sicherlich mehr als die Spieler zu diesem Zeitpunkt. Denn irgendwer hat seinem Vater geschadet, doch genaue Personen werden nicht genannt.

Bereits in diesen ersten Szenen haben uns die Charaktere schlicht begeistert. Alle sind verschlossen, mysteriös oder wiederum so offen, dass sie ebenfalls unheimlich wirken. Diese Verrücktheit zieht sich hoffentlich durch den gesamten Titel, denn genau der Ton hebt das Spiel von der Konkurrenz ab. Schön ist auch die Synchronisation, denn die deutschen Sprecher leisten durchweg einen guten Job. Wer hingegen noch mehr Atmosphäre möchte, sollte auf Englisch spielen, denn hier darf man sich auf feinste britische sowie schottische Akzente freuen. Das soll so extrem werden, dass die Macher behaupten, selbst Amerikaner werden Untertitel benötigen.

Der große Hit?

Optisch beweisen die Macher ordentlich Geschick. Denn die reine Texturen-Qualität ist natürlich nicht perfekt, doch der gewählte Artstil macht alles wett. Die Charaktere sehen wie ein Mix aus realistischen und Comic-Charakteren aus, ohne dabei zu lächerlich zu wirken. Auch die Animationen sind etwas hölzern, doch passt das zu den Szenen und den Modellen. Man hat also die Schwächen und Limitierungen wunderbar verarbeitet, um ein tolles Gesamtbild zu erschaffen.

Natürlich weiß das Studio aber auch, wie ernst die Fangemeinde die Inszenierung nimmt. Trotz der Neuausrichtung im Gameplay soll es sich aber weiter lohnen, jeden Winkel zu erkunden um weitere Informationen zu erhalten. Die Gestaltung des Black Mirror ist mit den dunklen Räumen schon jetzt eine Augenweide und Fans dürften bei einigen Gegenständen oder Orten regelrecht grinsen. Zwar wird hier ein neues Universum aufgebaut, man bleibt den Wurzeln allerdings treu und wird somit sowohl Fans als auch Neulinge ansprechen. Ebenfalls schön ist, dass hier ein komplettes Spiel angeboten wird, und nicht einzelne Episoden, nach denen man lange auf die Fortsetzung warten muss. Rund zehn Stunden lang soll das Abenteuer sein, was hoffentlich weder zu lang, noch zu kurz für die Geschichte ist. Und auch die Ankündigung ist erfrischend kurzfristig, denn der Titel erscheint bereits am 28. November.