Was hat die gute Lara nicht schon alles erlebt? Seit dem ersten Spiel aus dem Jahre 1996 hat sie den ganzen Erdball erkundet, dabei diverse Artefakte eingesackt und gegen Mensch, Tier und Monster die Waffen sprechen lassen. Nun kommt das Reboot, mit einer neuen, jungen Lara. Sie will keine Gräber ausrauben, sondern eigentlich nur forschen. Natürlich kommt es anders, als man denkt - stürzt euch mit uns und Lara in ein neues Abenteuer!

Archäologiestudentin

Lara Croft hat ihr Archäologiestudium grade erfolgreich beendet. Nun hat sie die Theorie aufgestellt, dass sich auf der Insel Yamatai auch Überreste des gleichnamigen Königreichs befinden, welches von der Königin Himiko regiert wurde. Eine Expedition wird organisiert und an Bord der „Endurance“ soll die mysteriöse Insel südöstlich von Japan angesteuert werden. Doch ein Sturm zieht auf, das Schiff kentert und die Crew wird auf der Insel angespült. Für ein Team von Archäologen sollte das Überleben dort prinzipiell kein Problem darstellen, doch leider sind sie nicht allein.

Verletzlich

Wer früher schon mit Lara unterwegs war, wird nun umdenken müssen. Die waffenschwingende Action-Heroine war einmal. Schon zu Beginn merkt man: Lara ist verletzlich. Wo ein Rudel Wölfe damals noch zu einem verbissenen Grinsen geführt hat, wird nun schon beim Geheul eines einzelnen Wolfes in der Ferne ein angsterfülltes „Oh nein!“ geflüstert. So startet auch die Einflussname des Spielers in einer überaus brenzligen Situation, aus der es zu entkommen gilt – und es wird nicht die einzige bleiben. Dennoch bleibt Feuerkraft natürlich nicht aus. Die Action ist dabei häufig auf das beliebte Arena-System beschränkt. Man sieht also schon vorher den offenen Bereich mit seinen Deckungsmöglichkeiten und auch Lara greift instinktiv zur Waffe. Die Gefechte sind dafür umso spannender gestaltet. Hinter der gleichen Deckung bleiben ist nur selten möglich, denn gut platzierte Brandbomben scheuchen Lara ins Feuer der Widersacher. Wenn man denkt, man hat den letzten Gegner im Visier, schleicht sich auch schon sein Kollege mit der Machete von der Seite an.

Multitalent

Danach geht es mit einem der anderen Spielelemente weiter. Geschick steht sehr hoch im Kurs und so muss geklettert, gesprungen und geschwungen werden. Zwar ist dies deutlich verzeihlicher als in früheren Serienablegern und Lara ergreift auch aus schlechten Sprungwinkeln noch die rettende Kante, doch wirkt sich dies kaum negativ auf den Spaß aus. Anschließend kann es auch schon mit einem der Rätsel weitergehen, die zwar auch auf dem Storypfad zu finden sind, jedoch bei den optionalen Gräbern deutlich ausgeprägter sind. Hier sind die Zeiten des Kistenschiebens vorbei. Ein waches Auge für die Umgebung ist eher gefragt und auch die physikalischen Gegebenheiten wie Feuer und Wind spielen oft eine entscheidende Rolle. Entdecker sind ebenso willkommen. Viele Sammelgegenstände machen sich nicht nur in der Sammlung gut, sondern steigern auch Laras Erfahrung. Zuletzt dürfen natürlich auch reine Actionsequenzen nicht fehlen. Meist perfekt inszeniert, muss Lara um ihr Leben rennen, das rettende Seil rechtzeitig ergreifen oder bei einer Rutschpartie den Abhang hinunter die Hindernisse im letzten Augenblick aus dem Weg ballern. Auch neue Gadgets wie ein Seilpfeil oder neue und verbesserte Waffen werden das komplette Spiel über nachgereicht.

Pausenlos atemlos

Was „Tomb Raider“ hier zu etwas ganz Besonderem macht: Die einzelnen Elemente sind in Länge und Ausprägung perfekt aneinander gereiht. Nie wird das eine langweilig, sondern es geht immer passend mit dem nächsten weiter. Einzig geballert wird gegen Ende der Story etwas mehr und intensiver, doch das ist hier kein Manko. Wer Angst hat, dass es dieses Mal ausschließlich realistisch zugeht und man nur auf moderne Piraten trifft: Es wird auch mystisch und nicht alles ist mit den normalen Naturgesetzen zu erklären.

Zum ersten Mal darf in einem „Tomb Raider“ zudem auch gegeneinander angetreten werden. Im Multiplayer treffen Überlebende auf Bösewichte in diversen Modi. Leider ist hier nicht mehr als ein „nett“ anzubringen. Das Gameplay im Singleplayer zeichnet sich durch die Abwechslung aus, was in monotonen Schußgefechten einfach nicht herübergebracht werden kann.

Lagerfeueridylle

Zuletzt hat uns „Dark Souls“ gelehrt, dass ein Lagerfeuer der sicherste Punkt zur Erholung ist. So ist dies auch hier der Fall. Lara erhält durch bestimmte Aktionen und durch das Erlegen von Gegnern Erfahrungspunkte, die sie dort in verschiedene Bereiche ihres Könnens investiveren kann. So kann sie für einen investierten Fertigkeitspunkt mehr Treffer einstecken, mehr Munition mit sich tragen oder beim Durchsuchen von Kisten mehr Teile für die Waffenerweiterung entdecken. Bogen und Schusswaffen können so mit mehreren Verbesserungen versehen werden, von höherem Schaden über bessere Reichweite bis hin zur erhöhten Schussfrequenz. Die letzte Funktion des Lagerfeuers ist das schnelle Reisen. Sofern man im Storyverlauf gerade nicht in einer noch misslicheren Situation als sowieso schon steckt, kann man mit einem Klick von Feuer zu Feuer springen und so auch die letzten Geheimnisse schnell und komfortabel lüften.

Remote-Reboot

Steht der heimische Fernseher nicht jederzeit unter der eigenen Herrschaft, muss man dennoch nicht auf „Tomb Raider“ verzichten; eine PlayStation Vita vorausgesetzt. Auch auf dem kleinen Bildschirm macht Lara eine außerordentlich gute Figur, wenn auch mit kleineren Einschränkungen. Die offensichtlichste ist dabei die Bildschirmgröße sowie eine minimale Unschärfe. Kleinere Gegenstände und Gegner in der Ferne erkennt man leider schwerer als an der großen Mattscheibe. Dazu gesellt sich die etwas blassere Farbgebung. Da sich viele Gegenstände optisch perfekt in die Umgebung einpassen, sind sie so einen Tick schwerer auszumachen. Bei beiden Problemen hilft natürlich Laras Instinkt weiter, der Gegenstände und Gegner auf Knopfdruck jederzeit hell erleuchtet zeigt. Dafür ist die Steuerung wirklich sehr durchdacht. Die wichtigen Funktionen, namentlich Zielen und Feuern, wurden auf die Schultertasten gelegt. Funktionen, die weniger Reaktionsvermögen erfordern, liegen auf dem Touchscreen. Dieser wird auch zum Begutachten von Gegenständen und dem Betrachten der Karte sinnvoll eingesetzt.

Definitiv hübscher

Die „Definitive Edition“ hat technisch einen ordentlichen Sprung gegenüber dem Original auf der PlayStation 3 gemacht. Allen voran Lara selbst: Das neue Modell ist sehr detailliert und die Animationen sind sehr schön anzusehen, insbesondere die Mimik. Darüber hinaus wurde darauf geachtet, dass sich Lara immer perfekt der Umgebung entsprechend verhält. In dunklen Höhlen lässt sie die Hände an den Felswänden entlang gleiten und beim Sturm hebt sie zum Schutz den Arm vor ihr Gesicht. Dazu sind die Effekte auf ihrem Körper nahezu perfekt. Schmutz hebt sich ab, Wunden sind tief und der Schweiß glänzt flackernd im Licht einer Fackel. Die Umgebung dagegen wurde etwas weniger überarbeitet, ist aber dennoch sehr gelungen. Tolle Lichteffekte verwöhnen im dichten Dschungel und auf den höchsten Bergen die Augen und auch Sturm und Regen kann man fast selber fühlen.

Der Sound trägt zu dem Gefühl bei. Sowohl die Musikuntermalung als auch die Soundeffekte fühlen sich an, als würde man gerade den größten Hollywood-Blockbuster des Jahres sehen. Einziger Wermutstropfen: Nora Tschirner kann als Laras deutsche Stimme nicht durchgehend überzeugen. Häufig kommen die Emotionen ein wenig zu lasch herüber, was besonders bei der tollen Mimik ein wenig zu Differenzen zwischen Gesehenem und Gehörtem führt.