Im letzten Jahr sorgte „The Last of Us“ für große Schlagzeilen, heimste Top-Wertungen ein und brachte es so weit, dass sogar abseits der Fachpresse auch in den Massenmedien über das Spiel berichtet wurde. „The Last of Us“ wurde nicht nur zum Spiel des Jahres, sondern auch zum Spiel einer ganzen Konsolengeneration gekürt. Zeit für ein Geständnis: Ich habe „The Last of Us“ weder gespielt, noch den großen Rummel um das Spiel mitverfolgt. Gott sei Dank sind Director Cuts, Remakes oder wie man sie auch sonst nennen möchte im Trend. Mit „The Last of Us Remastered“ hatte ich die Chance das vermeintliche Meisterwerk nachzuholen, frei von den großen Lobeshymnen des letzten Jahres und dafür mit einem umso schärferen und kritischeren Auge. Also aufgepasst: Ein Jahr später kommt hier unsere ausführliche Auseinandersetzung mit „The Last of Us Remastered“.

Der schlimmste Tag seines Lebens

Wer „The Last of Us“ bereits auf der PlayStation 3 gespielt hat und sich nur für die Unterschiede in „Remastered“ interessiert, darf die folgenden Abschnitte getrost überspringen und bei „Remastered: Was ist neu?“ einsteigen.

Wenn man dem Publikum einen tiefen Einblick in die Gefühlswelt seiner Figuren ermöglichen will, treibt man sie am besten an ihre äußersten Grenzen. In „The Last of Us“ bricht die Apokalypse über die Menschheit ein. Ein Pilz-Erreger sorgt dafür, dass alle Infizierten sich zu Zombie-ähnlichen Bestien verwandeln und über ihre Mitmenschen herfallen. Dramatischerweise ist es ausgerechnet der Geburtstag von Hauptfigur Joel, an dem der Virus ausbricht und er zugleich die schrecklichste Nacht seines Lebens durchmacht, in der er auf dramatische Weise seine Tochter Sarah verliert. Zwanzig Jahre später wird die Existenz der Menschheit immer noch vom Virus bedroht und die Verbliebenen in Quarantänezonen zurückgetrieben. Das Militär hat die Kontrolle übernommen und geht hart gegen jeglichen Regelverstoß vor, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, statt die Ursache zu bekämpfen. Mit den Fireflies hat sich aber ein Widerstand gruppiert, der noch immer an eine Heilung des Virus glaubt. Inmitten all dessen findet der Spieler wieder zu Joel, der sich als Schmuggler durchschlägt, gezeichnet vom harten Kampf ums Überleben. Früh trifft Joel auf die gerade mal 14-jährige Ellie, die es dennoch faustdick hinter den Ohren hat. Gezwungenermaßen willigt Joel ein, Ellie durch das halbe Land zu eskortieren.

Klettern, Kämpfen, Überleben

Joel und Ellie sehen sich auf ihrer Reise sowohl mit Infizierten als auch den Huntern, plündernden und mordenden Gruppen, denen jedes Mittel recht ist, konfrontiert. Für „The Last of Us“ greift Naughty Dog zu diversen Spielmechaniken und bietet einen Mix aus Kletterpassagen, Ressourcen-Management und -Herstellung, Deckungs-Shooter und findet zu guter Letzt auch Platz für Stealth-Elemente. Die Infizierten sind nämlich alles andere als intelligent. Sie reagieren größtenteils auf Geräusche, sodass man sich ihnen lautlos meist gefahrenlos annähern und ausschalten kann oder ihnen auf diese Weise direkt ausweicht. Leider wird etwas vernachlässigt, zu erwähnen, dass es verschiedene Gattungen der Infizierten gibt, von denen nur die wenigsten auf Sichtkontakt reagieren. Am gefährlichsten sind die sogenannten Clicker, die sich per Echo orientieren und im Nahkampf Menschen überlegen sind. Aus diesem Grund benötigt es einiger Tricks, die sich übrigens genauso gut bei Gegnern menschlicher Natur anwenden lassen. Die überall verteilten Glasflaschen und Backsteine zerschellen wunderbar und eignen sich dazu Gegner an eine andere Stelle zu locken – entweder, um sie großzügig zu umgehen oder gekonnt aus dem Hinterhalt zu packen und sich ihrer zu entledigen. Das klappt wunderbar, wobei die KI auch merklich dafür ausgelegt wurde, ausgetrickst zu werden und alles andere als logisch handelt. Trotz aller Vorsicht kommt es häufig genug zu Schussgefechten, da Gegner scheinbar aus dem Nichts hinter dem Spieler auftauchen. Das ist besonders deswegen ärgerlich, weil Munition eine echte Mangelware in „The Last of Us“ ist. Im weiteren Spielverlauf stellt sich dieses Problem ein, was mit der wachsenden Größe des Waffenarsenals und dem gelernten effizienterem Umgang mit den Ressourcen zusammenhängt.

Das Beste der letzten Jahre unter einem Hut

Wenn so viele Spielmechaniken aufeinander treffen, fühlt man sich schnell an andere ähnliche Spiele erinnert. Tatsächlich ist es auffällig, dass man in „The Last of Us“ so ziemlich all das wiederfindet, was sich in der letzten Konsolengeneration über sieben Jahre etabliert hat. Das soll keine Anschuldigung sein. Viel eher ist es bemerkenswert, dass Naughty Dog es gelungen ist, so viele Mechaniken unter einen Hut zu bringen, ohne, dass es an den Haaren herbeigezogen wirkt. Trotz dem großen Gameplay-Mix, stellt sich aber schnell ein immer wieder auftauchendes Schema ein, das zumindest im ersten Teil des Spiels für frühe Ernüchterung sorgt: Kletterei, Erkundung und Suche nach Items und schließlich wieder eine Schießerei bis man am Zielort angelangt, nur um bereits zum nächsten aufzubrechen. Zugegebenermaßen benötigt es auch einfach etwas Zeit bis die Spielmechanik vollständig erläutert wurde und das Spiel daraufhin erst Fahrt aufnimmt – auch in Hinsicht auf die Handlung. Das Schema wird zwar beibehalten, aber einige Entwicklungen und Einfälle sorgen immerhin dafür, dass dies weniger auffällt als im ersten, zähen Teil des Spiels und zum Weiterspielen motiviert.

In einem Videospiel so noch nicht erlebt

Die Geschichte von „The Last of Us“ wird niemanden vom Hocker hauen, sofern dieser schon zuvor mit Zombie- und postapokalyptischen Stoffen in Kontakt kam. So wie die Spielmechanik wirkt auch die Handlung von „The Last of Us“ beinahe wie ein Best-of, das sich an den gängigsten Tropen und Klischees dieser Sparte bedient und zusammenfasst: ein hochansteckendes Virus lässt die Menschheit dahin raffen, die Natur erobert sich die Städte zurück, Menschen kämpfen mit allen Mitteln ums Überleben und sind daher oft gefährlicher als die Infizierten selbst – das sind nur wenige, um ein paar der offensichtlich bedienten Klischees zu nennen, ohne der Handlung vorzugreifen. Dieses Best-of stellt aber sowieso nur den Rahmen für die Geschichte dar, die Naughty Dog mit „The Last of Us“ tatsächlich erzählen möchte. Nämlich die von Joels und Ellies Reise und wie sie zueinander finden, wobei hier speziell das Ende einige Fragen aufwirft, die man nicht ohne weiteres beantworten können wird. In „The Last of Us“ gibt es nichts, was man nicht schon aus Film und Buch kennen würde, doch wie es hier präsentiert und erzählt wird, hat man in einem Videospiel mit Sicherheit noch nicht erlebt.

Es hängt nicht allein damit zusammen, dass man für das Motion Capturing der Figuren professionelle Schauspieler hinzuzog. Die gesamte Präsentation von „The Last of Us“ ist so gut wie beispiellos. Sei es der untermalende Soundtrack aus der Feder von Komponist Gustavo Santaollala, der schon für seine Beteiligung an „Brokeback Mountain“ einen Oscar erhielt oder der teils nahtlose Übergang zwischen Zwischensequenzen und Spielszenen. Jeder Teil des Spiels greift ineinander und passt wie die Faust aufs Auge.

Ein Meilenstein der Videospiel-Geschichte?

„The Last of Us“ nimmt sich die Zeit, die es braucht, um seine Geschichte zu erzählen und rennt nicht von einer Actionsequenz oder Cutscene in die nächste. Oft sind es bloß Nebensächlichkeiten, die die Charakterzüge der Figuren zeichnen. So wenn Ellie zunächst kläglich daran scheitert sich das Pfeifen beizubringen, es wenige Spielstunden später aber meistert. „The Last of Us“ erfasst sich als Spiel, spielt diese Trümpfe aus und versucht nicht, einen interaktiven Film zu mimen. Die Geschichte des ungleichen Duos wird mit jeder Spielminute weitererzählt und beschränkt sich nicht auf die Zeit während der Zwischensequenzen. In einer Szene fordert man als Joel Ellie dazu auf ihm beim Erklimmen einer Wand zu helfen, eine Mechanik, die man zuvor schon dutzende Male im Spielverlauf benutzt hat. Joel wartet, doch Ellie reagiert dieses Mal unerwarteter Weise nicht, sondern ist nachdenklich in ihrer eigenen Gedankenwelt versunken. An solchen Stellen erfasst man, dass Spielszenen, Erzählung und Cutscenes nahtlos zusammengehören.

Ob „The Last of Us“ tatsächlich das „Citizen Kane“ der Videospiele ist, wie es im letzten Jahr oft betitelt wurde, lässt sich wahrscheinlich nicht oder nur schwer beantworten. „Citizen Kane“ war seinerzeit ein kommerzieller Misserfolg und musste herbe Kritik einstecken, gilt aber heute als Meilenstein der Filmindustrie. Die wahre Bedeutung von „The Last of Us“ wird sich also unter Umständen auch erst viel später zeigen.

Remastered: Was ist neu?

Der grundlegende Unterschied zur ursprünglichen Veröffentlichung liegt bei „The Last of Us: Remastered“ im technischen Bereich. Die PlayStation 4 ist enorm leistungsfähiger und das sieht man auch „Remastered“ an. Die Auflösung von satten 1080p und überarbeitete Texturpakete lassen „The Last of Us“ in vollem Glanz erscheinen. Immerhin war auf der PlayStation 3 schon bemerkbar, dass das Spiel weitaus höher hinaus wollte, als die betagte Hardware zuließ. Trotz aller Mühen merkt man „Remastered“ seine Ursprünge an und immer wieder trifft man auf matschige Texturen, die sich scheinbar nicht vermeiden ließen. Klares Highlight sind die 60 Bilder pro Sekunde, mit denen „The Last of Us“ auf der PlayStation 4 über den Bildschirm läuft. Sämtliche Cutscenes wurden neu gerendert und laufen, wie der Rest des Spiels, absolut flüssig. Wer in den Einstellungen auf die von der PlayStation 3 bekannten 30 Bilder pro Sekunde wechselt, wird sich in Windeseile die butterweiche Darstellung zurückwünschen.

Spielerisch unangetastet

Spielerisch wurde „The Last of Us Remastered“ aber unberührt gelassen. Somit richtet sich die PlayStation 4-Fassung eher an diejenigen, die bislang nicht mit dem Spiel in Kontakt kamen. Interessant könnten höchstens noch die von Haus aus enthaltenen Download-Inhalte sein. Dazu zählt neben Map-Packs für den Multiplayer auch die überaus gelungene Geschichte „Left Behind“, die vor den Geschehnissen der Haupthandlung angesiedelt ist. Da es nicht wirklich möglich ist über diesen DLC zu sprechen, ohne Details der Handlung vorzugreifen, verzichten wir auf eine große Abhandlung, verraten aber so viel, dass sich die zusätzlichen zwei bis vier Stunden definitiv lohnen.

Der Multiplayer hingegen ist nicht mehr als eine feine Bereicherung. Grundsätzlich würde „The Last of Us“ auch vollkommen ohne auskommen. Mit insgesamt drei verschiedenen Modi ist dieser aber äußerst gelungen, da er sich mit der Überlebenden-Thematik des Spiels auseinandersetzt und den Spieler selbst entweder zum Firefly oder Hunter werden lässt. In zwölf Wochen, die zwölf Spielrunden entsprechen, muss der Spieler Vorräte sammeln und für das Überleben seiner Gruppe sorgen.

Für wen lohnt sich „The Last of Us Remastered“?

Wer „The Last of Us“ bislang noch nicht gespielt hat, für den ist die „Remastered“-Version dank der verbesserten Technik nun erst Recht Pflicht Programm. Alle anderen müssen wie so häufig abwägen, ob 1080p und 60fps, so wie enthaltene Download-Inhalte Grund genug für eine Neuanschaffung sind.