Welches Genre fehlt der PlayStation 4 noch? Genau, ein ordentliches RPG. Angekündigt sind bereits ein paar, doch der Hoffnungsträger heißt nun „Dragon Age: Inquisition“. Da stellt sich natürlich die Frage: Ist es ein notwendiges Übel für alle hungernden RPG-Fans, oder ein wahrer Leckerbissen? Die Antwort liefern wir natürlich ohne Umschweife!

Dämonen und Politik

In der Welt von „Dragon Age: Inquisition“ gibt es ein großes Problem: grün strahlende Dimensionstore unterschiedlicher Größe haben sich über das Land verteilt und bringen die verschiedensten Dämonen in einst friedliche Gebiete. Nun ja, so friedlich war es auch vorher nicht. Politische Machtkämpfe haben die Menschen gespalten, weshalb zum Beispiel Templar und Magier um Einfluss kämpfen und die Dämonen erst einmal nur als ein kleines Problem ansehen. Hier kommt die Inquisition ins Spiel und will an allen Fronten die Ordnung wieder herstellen. Da ist es natürlich praktisch, dass der Held des Spiels ein Mal besitzt, das die Dimensionstore schließen kann. Deshalb holt man ihn aus dem Gefängnis, wo er unschuldig einsaß. Nicht alle sind davon begeistert, doch diese Zweifler vom Gegenteil zu überzeugen, gehört ebenfalls zum langen Weg, den man in „Dragon Age: Inquisition“ beschreiten wird.

Action oder Strategie

Zu Beginn muss man sich seinen eigenen Charakter erstellen. Man kann zwischen verschiedenen Rassen wählen und das Antlitz seines Helden wirklich bis ins kleinste Detail seinen Ansprüchen anpassen. Anschließend schickt man ihn direkt in die Schlacht, die man auf zwei Arten bestreiten kann. Die erste ist die direkte Steuerung: Aus der Verfolgerperspektive steuert man einen der bis zu vier Helden, zwischen denen man jederzeit wechseln kann. Auf den Buttons liegen Fertigkeiten, die jede ihre eigene Abklingzeit hat, alle zusammen jedoch greifen gemeinsam auf die Ausdauer zu, die sich recht schnell wieder auffüllt. In der strategischen Ansicht, also in der Vogelperspektive, wird die Zeit zunächst pausiert. Nun kann man allen Helden Befehle zuteilen, und die Zeit wieder normal weiter laufen lassen oder nur in kurzen Abschnitten, damit man auch schon wieder weiter taktisch vorgehen kann. Doch auch wenn man nicht allen Partymitgliedern Befehle gibt, machen sie ihren Job außerordentlich gut. Sollte man dennoch nicht zufrieden sein, kann man für jeden einzeln diverse Vorgaben für das Handeln machen, wie zum Beispiel, wann geheilt werden soll. Das Kampfsystem bietet also sehr komfortabel etwas für verschiedene RPG-Fans. Ob man seine Helden lieber direkt steuert oder taktisch vorgeht, ob man sich um die Partymitglieder kümmern will oder nicht, alles wurde gleichermaßen toll umgesetzt.

Aufgaben und Möglichkeiten

Jetzt zieht man also durch die Welt, um sie von allem Übel zu befreien. Neben der Haupt-Questreihe sind auch viele Nebenquests unabdingbar. Denn bevor man in manch ein Gebiet vordringen kann, muss man die Macht der Inquisition entsprechend vergrößern. Dies geschieht durch das Bauen von Außenlagern, dem Schließen der Dimensionstore und vielen weiteren Aufgaben. Häufig sind diese klassisch nach dem Motto „Sammeln, Finden oder Töten“ aufgebaut, es gibt aber auch positive Ausnahmen und kleinere Rätsel. Darüber hinaus gibt es noch „passive“ Quests. Hier schickt man einen der Führer der Inquisition auf Reisen. Dieser ist dann eine Zeit lang weg, und kommt mit neuer Rüstung oder anderen Boni wieder zurück. Je nach dem, wen man auf welche Mission schickt, kann der Ausgang anders sein. Auch findet man in der Welt Agenten, die der Unterstützung dieser Missionen dienen. Natürlich schließen sie sich nicht einfach so der Inquisition an, manche wollen erst einen Gefallen erledigt haben oder lassen sich durch ein gut geführtes Gespräch mit dem passenden Partymitglied überreden.

Persönlicher Fortschritt

Die eigenen Partymitglieder bleiben natürlich auch nicht bei den anfänglichen vier. Im Laufe der Geschichte kann man weitere Charaktere aufnehmen, die meisten bleiben jedoch von der Story her etwas blasser als man es von anderen Genregrößen gewohnt ist. Dagegen sind die Gespräche, die oft unterwegs stattfinden und auf die man teilweise sogar auch selbst antworten kann, interessant. Alle Charaktere haben abhängig von ihrer Klasse wie Magier, Gauner oder Krieger natürlich auch unterschiedliche Fertigkeiten. Hier merkt man aber, dass Zugänglichkeit vor Tiefgang gesetzt wurde. Nahezu ausschließlich sind die Möglichkeiten der Charakterbildung auf den Kampf beschränkt. Gleiches gilt für Sammeln und Herstellen von Gegenständen. Denn so ist für ersteres kein Lehrer und keine passende Ausrüstung nötig, weil Pflanzen und Erze lassen sich ohne Sichel und Spitzhacke problemlos aufsammeln, um anschließend zu Tränken und Rüstungen verarbeitet zu werden oder um bereits vorhandene zu verbessern.

Wunderbare Welt

Bei einem Rollenspiel diesen Ausmaßes ist die Spielwelt natürlich ein entscheidender Faktor. „Dragon Age: Inquisition“ bietet hier wirklich beeindruckendes, kann jedoch nicht ganz verbergen, dass die Entwickler den Spieler des Öfteren lenken wollen, denn die Gebiete sind wirklich riesig. Immer wieder denkt man, dass man jetzt die Grenze erreicht haben müsste. Doch dann findet man noch einen Tunnel, eine Brücke oder einen kleinen Talweg, der einen weiter bringt. Und eben diese Wege sind es dann, die einen spüren lassen: die Welt ist nicht ganz so natürlich, wie sie sein könnte. Denn nicht selten steht hier ein dicker Gegner, der den Weg versperren soll. Genau so lang, bis die Truppe stärker und entsprechend ausgerüstet ist und dennoch kann die Spielwelt begeistern. Die verschiedenen Gebiete sind sehr abwechslungsreich gestaltet, und jedes von ihnen bietet von großen Sehenswürdigkeiten bis zu kleinen Details jede Menge fürs Auge.

Nebensache Story

Die eingangs beschriebene Story ist weder originell noch neu. Doch sie ist es auch nicht, was die Faszination des Spiels ausmacht. Wo andere Rollenspiele mit belanglosen Nebenquests die Spielzeit verlängern wollen, bringt hier nahezu jede Aktion einen Fortschritt für die Gesamtheit der Inquisition. Ein wenig Felle und Häute von wilden Tieren sammeln bringt beim Durchschnitts-Rollenspiel ein paar Erfahrungspunkte, ein wenig Geld und den Dank eines NPCs. In „Dragon Age: Inquisition“ baut man mit diesen Materialien Zelte für seine Außenposten, was den Einfluss weiter steigert. Mit diesem Einfluss kann man weitere Gebiete erkunden, oder die Führer der Inquisition auf neue Missionen schicken. Dadurch fügt sich alles zu einem großen Ganzen zusammen, und mehr als in den meisten anderen Rollenspielen fühlt man sich hier wirklich wichtig in der Welt.

Makel hier und da

Wo so viele Tugenden eines großen Rollenspiels toll umgesetzt wurden, da kommen leider oft auch ein paar der Unschönheiten mit. Am Design gibt es nicht so viel zu meckern, doch die Bugs geben hier und da einen kleinen Dämpfer beim ansonsten grandiosen Gefühl, mit dem man durch die Lande zieht. Da clippen Gegner schon mal durch Wände hindurch oder zuckeln den Abhang hinunter. Auch sind ein paar Bösewichte seelenruhig im Rückwärtsgang an uns vorbei marschiert, ohne Notiz von unseren Angriffen nehmen zu wollen. Doch hierbei handelt es sich um Einzelfälle statt allgegenwärtige Probleme, weshalb man dennoch das Spiel uneingeschränkt genießen kann.

Meisterwerk mit Macken

Bei der technischen Seite kommen die Macken etwas häufiger zum Vorschein. Hier lädt eine Textur nach, dort hinten baut sich etwas sichtbar auf. Den Gesamteindruck schmälert dies jedoch auch hier nicht. Wundervoll gestaltet wurden die Landschaften, von eisigen Bergen über grüne Wiesen bis zum Sumpf und auch deutlich interessanteren Gegenden, die wir hier jedoch nicht vorweg nehmen wollen. Überall gibt es markante Punkte, von den größten Sehenswürdigkeiten bis zu kleinen aber feinen Details. Besonders wenn es in den Kämpfen magisch zugeht und man die grün schimmernden Dimensionstore schließt, kann man sich am Spiel einfach nicht satt sehen. Ebenso episch ist der Sound gelungen: Eine tolle Musikuntermalung, gepaart mit sehr atmosphärischen Effekten wie einer donnernden Schlacht in der Ferne. Einzig die deutsche Sprachausgabe schwankt in ihrer Qualität merklich, macht jedoch insgesamt einen guten Job. Wer des Englischen mächtig ist, sollte jedoch den kurzen Weg in die Spracheinstellungen in Betracht ziehen.