Eine Revolution im Rennspiel-Genre soll es werden, ein RPG mit Autos. Die Rede ist hier natürlich von „The Crew“, das nach drei Beta-Phasen den Weg in die Läden geschafft hat. Ist das Endergebnis vollends rund, oder eckt man beim Rollenspiel auf Rädern an? Die Antwort folgt sofort!

Rachsüchtig

Alex und sein Bruder gehörten einst einer Gruppe Auto-Narren an, die nichts weiter wollten, als illegale Straßenrennen zu fahren, doch natürlich geht die Sache schief. Nicht allen gefällt dieser kleine Aktionsrahmen, und so wird der Bruder von Alex umgebracht und ihm selbst der Mord angehängt. Nach einigen Jahren im Knast wird Alex vom FBI rausgeholt, um ihn wieder in die Szene einzuschleusen, die nun aus Korruption, Drogen und sonstigen Vergehen gegen das Gesetz besteht. Natürlich willigt er ein, kann er so doch Rache am Tod seines Bruder nehmen.

Originell ist die Story zwar nicht, doch sie bringt einen in der Spielwelt herum. Ein paar kleine, nette Wendungen haben es aber dennoch in das Prinzip, sich bis zum obersten Boss der Bösewichte vorzuarbeiten, geschafft.

Fortschritt durch Tuning

Beim ersten Rennen könnte man denken, dass etwas nicht stimmt. Das Auto will nicht so schnell, wie es vermeintlich können sollte, und die Kurven verlangen ein deutlich früheres Abbremsen als erwartet. Zuerst zweifelt man hier, ob man nicht das Genre wechseln sollte, doch beim ersten Multiplayer-Rennen stellt man fest, dass die anderen ebenso die Wand kuscheln statt geschmeidig durch die Kurven zu gleiten. Was nicht allen Spielern gefallen wird, ist durchaus gewollt und sorgt auch für eine tolle Motivation. Bereits im Vorfeld wurde gesagt, dass das Auto einem Charakter in einem Rollenspiel entspricht, und genau so spielt es sich auch. Durch gewonnene Rennen und gekaufte Teile verbessern sich die Werte der Fahrzeuge immer weiter, das Fahrverhalten wird immer besser. Natürlich wird dies auch ebenfalls RPG-mäßig eingegrenzt, denn nur wenn das eigene Fahrerlevel hoch genug ist, darf man auch die besseren Teile einbauen.

Arbeit und Lohn

Neue Tuning-Teile für das Auto beziehungsweise das Geld, um diese beim Tuner zu kaufen, muss man sich erst verdienen. Die Rennen der Story sind ein guter Anlaufpunkt. Ob gegen Kontrahenten, Checkpoints gegen die Zeit oder Drag-Rennen, die Abwechslung kommt nicht zu kurz. Das merkt man besonders bei tollen Variationen einfacher Herausforderungen. Während zum Beispiel ein viel stärkeres Performance-Auto über den Asphalt heizt, muss man mit seinem Offroad-Flitzer Abkürzungen durch Wald und Wiese nutzen, um als erster zum Ziel zu gelangen. Zwei Renntypen dagegen sind nicht so schön zu spielen, der eine wirkt leicht missglückt, der andere dagegen komplett kaputt. Erstere Kategorie sind die Rennen, in denen man ein Fahrzeug stoppen muss. Wie stark genau hier der Schaden, den man beim Kontrahenten anrichtet, berechnet wird, ist nicht so leicht ersichtlich. Dies ist jedoch nichts gegen die Rennen, in denen man selbst flüchten muss. Selbst wenn man mit dem dicksten Sportwagen unterwegs ist, umschwärmen einen die vermeintlich schwerfälligen Verfolger wie ein Vogelschwarm, und sie scheinen die eigenen Bewegungen ebenso gut zu erahnen, wie die Flattermänner. Dazu beginnt sich schon bei einer noch recht ordentlichen Geschwindigkeit der „Verhaftet“-Balken zu füllen, so dass manchmal schon ein nicht ganz geglückter Drift zum Neustart der Mission führt.

Road Trip

Braucht man mal ein wenig Abstand vom Stress der Rennen, kann man die Spielwelt in vollen Zügen genießen. Die USA im Kleinformat sind wirklich beeindruckend umgesetzt, besonders die verschiedenen klimatischen Zonen. Ob Palmen an der Küste Miamis, Nadelwälder im Yosemity Park oder die roten Steinwüsten im Momunent Valley, bis man sich satt gesehen wird eine ganze Weile vergehen. Unterstützt wird die Erkundung durch viele Aussichtspunkte, die die Kamera vom Auto lösen und das Gebiet ein wenig weiträumiger zeigen. Wer dagegen doch auch beim Sight Seeing aktiv sein will, für den sind die Challenges gedacht. Mitten auf der Straße sind Tore platziert, die eine von vielen Aufgabentypen starten. Sei es Slalom, Höchstgeschwindigkeit halten oder auch mal ein Weitsprung, sie unterstützen die Erkundung auf unterhaltsame Weise und bringen weitere Kohle sowie Erfahrungspunkte ein. Wer gern auf der Karte sehen würde, was für Aufgaben man finden kann, der muss erst eines der Radioteleskope entdecken, deren ungefährerer Standort jedoch erkennbar ist. Diese decken alle interessanten Punkte der Umgebung auf, auch die Teile legendärerer Autos, die man erst einmal alle finden muss, um diese zusammen zu setzen.

Gemeinsam

„The Crew“ legt viel wert auf den Multiplayer, man kann das Spiel jedoch auch komplett alleine bestreiten. Gemeinsam ist es jedoch, wie so oft, einfacher. Zu jedem Rennen kann man eine Anfrage starten, sehr schnell und komfortabel kann man auch zu- oder absagen. Nun muss nur noch einer der Spieler gewinnen, und schon ist das Rennen auch für einen selbst bestanden. Leider jedoch ist der Crew-Aspekt nicht so ausgeprägt, wie man es vermuten könnte. Eine Crew ist kein dauerhaftes Konstrukt, sondern immer nur das aus maximal vier Leuten bestehende Team, mit dem man gerade unterwegs ist. Im Gegensatz dazu ist eine der fünf großen Fraktionen, denen man sich anschließen kann, dauerhaft. Hier fährt man jedoch nur Siege für diese ein, und in regelmäßigen Abständen gibt es für die führenden Fraktionen der fünf Gebiete der Spielwelt neue Missionen. Natürlich kann man sich auch mit den Spielern untereinander messen, hier sind jedoch die Auswahlmöglichkeiten sehr begrenzt. Einmal in einer Lobby, sucht nur der Gruppenleiter das Rennen aus. Es gibt keine Abstimmungen, und auch eine konkrete Suche nach bestimmten Renntypen wird nicht geboten. Ein Standard heutzutage, den „The Crew“ leider nicht bietet.

Fehlerbehaftet

Leider scheint „The Crew“ trotz drei Beta-Phasen noch nicht ganz fit zu sein, denn die Server machen noch immer Probleme. Selten kann man sich nicht mit dem Spiel verbinden, denn eine Internetverbindung ist erforderlich. Viel häufiger dagegen sind einfach keine anderen Spieler zu finden, was aufgrund der tollen Multiplayer-Möglichkeiten sehr ärgerlich ist. Gelegentlich sind dann auch die Challenges nicht startbar. Bei Rennen hatten wir vereinzelt das Phänomen, dass unser Auto von Höchstgeschwindigkeit auf Stillstand gesetzt wurde, die Konkurrenz jedoch fröhlich weiter Gas gab. Doch immerhin wird zum jetzigen Zeitpunkt fleißig weiter am Spiel gearbeitet. Ein Fehler, der die Statistiken immer wieder zurückgesetzt hat, ist bereits Geschichte. Wir hoffen sehr, dass es auch so weiter geht!

Und wenn man bei Ubisoft schon einmal dabei ist, sollten auch gleich die Mikrotransaktionen etwas heruntergesetzt werden. Bei jedem Auto und jedem Tuning-Teil steht neben dem normalen Preis noch ein Wert in Crew-Credits. Diese kann man sich durch echtes Geld erkaufen, erhält jedoch auch im Spiel ein halbwegs ordentliches Startguthaben. Unser Tipp an dieser Stelle: die Kohle für die Autos verdient man auch so im Laufe des Spiels, steckt die geschenkten Crew-Credits in Perk-Points und setzt diese Weise ein. Statt nur eines Punktes pro Levelaufstieg hat man so dann genug Möglichkeiten, sich Verbesserungen wie besseres Bremsverhalten zuzulegen.

Hübsch makelig

Um es vorweg zu nehmen: auf den ersten Blick ist es nur schwer, ein Spiel für die PlayStation 4 in „The Crew“ zu erkennen. Nichts, was auf dem Bildschirm zu sehen ist, ist für sich allein genommen der aktuellen Heimkonsole Sonys würdig. Doch das Gesamtbild schaut dann schon anders aus. Die riesigen Städte und Landschaften mit der tollen Weitsicht wären so sicherlich nicht ohne die Hardwareleistung möglich, zudem wirkt die Welt lebendig. Zwar kann man nicht mit der Detailversessenheit eines „GTA V” mithalten, dennoch ist der Straßenverkehr in der Stadt dicht, in der Wüste spärlich, es laufen Tiere passend zur Umgebung umher und vom Heißluftballon bis zum riesigen Kohle-Schaufelradbagger, gibt es überall etwas zu sehen. Dabei kommt es jedoch oft zu kleinen Rucklern, und auch scheint stets irgendetwas ins Bild zu ploppen oder sich der Detailgrad nahender Objekte sichtlich zu verbessern. Für die Ohren gibt es nichts nennenswertes, eine durchschnittliche deutsche Sprachausgabe, ein paar belanglose Tracks für den Soundtrack und den Standard im Bereich der Motorengeräusche.