Schon im Vorfeld war „Evolve” in aller Munde. Jetzt ist endlich der Multiplayer-Shooter aus dem Hause Turtle Rock Studios, die auch für „Left 4 Dead” verantwortlich waren, erschienen. Wir haben sowohl in der Rolle des Monsters die Jäger unterdrückt als auch andersherum mit allerlei Waffen sowie Gadgets das Ungetüm gejagt. Wie uns das Katz und Maus-Spiel gefiel erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

Wenn Monster angreifen und die Menschen fliehen

Bei „Evolve” existiert zwar ein Einzelspielermodus, jedoch spielt sicher dieser genau so wie der Mehrspieler, natürlich dann nur mit Bots statt menschlichen Gegnern. Aus diesem Grund bleibt die Geschichte auch etwas flach. Im sogenannten Evakuierungs-Modus landen Jäger auf einem Planeten namens Shear, der von Monstern heimgesucht wird. Jetzt muss der Spieler sich für eine Seite entscheiden und dann fünf Missionen mit unterschiedlichen Zielen erfüllen. Nach jeder Mission entscheidet der Gewinner dann, zu wessen Gunsten sich die nächste Aufgabe wenden wird. So können die Jäger nach einem Sieg unter anderem Abwehranlagen hochfahren, die dem Monster schaden. Gewinnt das Ungetüm, werden radioaktive Wolken freigesetzt, die den Jägern in einem bestimmten Bereich schaden.

Der Evakuierungs-Modus ist ein perfekter Einstieg in das Spiel und gibt innerhalb von knapp einer Stunde einen guten Überblick über die Möglichkeiten, die „Evolve” einem bietet. Man spielt in den fünf Runden vier verschiedene Missionstypen. Entweder Jagd, in der das Katz und Maus-Spiel auf die Spitze getrieben wird, wenn die Jäger ein Monster aufspüren und töten müssen. Bei Rettung hingegen müssen die Menschen Überlebende eines Monster-Angriffs retten, während die andere Seite auch die Letzten noch töten muss. Umgedreht geht es bei Nest zu: Dort muss das Monster Eier beschützen und mit Minions versuchen, die Jäger auszuschalten. Den Abschluss der Evakuierung bildet die Verteidigung, in der die Menschen letztendlich Shear mit den geretteten Kolonisten verlassen müssen. Um das zu verhindern muss das Alpha-Monster mit einer Horde von Minions versuchen, zwei Generatoren und letztendlich den Antrieb für das Schiff zu zerstören. Die Jäger müssen sich wiederum gegen den Angriff verteidigen. Am Ende winkt Bonus-Erfahrung, und man hat einen guten Einstieg in das Gameplay von „Evolve” bekommen.

Einzelspieler pfui, Mehrspieler hui

Leider ist aber Evakuierung nur ein netter Zeitvertreib für zwischendurch. Dafür sind die anderen Modi neben der Jagd einfach viel zu stumpf und werden nach kurzer Zeit links liegen gelassen. Auch die Geschichte fällt viel zu lieblos aus und wird niemanden länger als eine Runde Evakuierung fesseln. Wieso Monster den Planeten angreifen oder wieso die Menschen von den Ungetümen überrannt werden aber trotzdem bekannt ist, dass solche Wesen angreifen können, weil wozu sollte es sonst schon Jäger geben, die man anheuern kann. Durch diese Lücken lässt „Evolve” es nicht zu, dass man irgendwie in die Welt eintauchen kann. Im Grunde dient alles nur dem Zweck, um einen Kampf gegen ein Monster zu starten, das von einem echten Mitspieler gesteuert wird.

In der Rolle eines Ungetüms

Aus diesem Grund ist und bleibt der Jagd-Modus auch das Aushängeschild von „Evolve”. Nach all dem Geschwafel über die mauen Modi und der enttäuschenden Geschichte, muss doch irgendetwas dran sein, was den Titel im Vorfeld so besonders auszeichnete: das Gameplay. Man mag es kaum glauben, aber genau da, wo es zählt, kann „Evolve” total punkten. In der Rolle des Monsters startet man zumeist auf Stufe 1 und muss sich zunächst vor den Jägern verstecken, um die anderen wildlebenden Tieren zu fressen und sich aufzuleveln. Auf jeder Stufe kann das Monster drei Punkte in vier verschiedene Attacken stecken und so kann sich der Spieler seine eigenen Taktiken ausdenken. Zusammen mit den verschiedenen Möglichkeiten mit der Umgebung zu interagieren, entstehen eine Vielfalt von Taktiken, die der Spieler in der Rolle des Monsters ausführen kann. Dadurch gleicht kaum ein Spiel dem anderen. Entweder man lockt gezielt die Jäger an, um sie direkt mit einem Angriff zu überraschen, oder man frisst sich langsam durch die Nahrungskette und versucht, so lange wie möglich den Gegenspielern auszuweichen. Das sind nur zwei der vielen möglichen Taktiken, die dann jedes Mal einen ganz eigenen Spielstil ermöglichen.

Nichts für Sprach-Scheue

Doch auch die Jäger spielen sich noch einmal komplett anders. Jede der vier Klassen Assault, Support, Trapper und Medic haben unterschiedliche Techniken, die mit ein wenig Absprache zum Sieg führen können. Scheue Mitspieler, die ungern mit Voice-Chat spielen, könnten manchmal auf Probleme stoßen, da es keine andere Möglichkeit gibt, mit den Kollegen zu kommunizieren, bis auf Punkte, die man auf der Karte markieren kann. Ansonsten bietet jede Kombination aus Jäger eine andere Spielerfahrung, wodurch auch als Mensch jede Runde total abwechslungsreich ist und keine der anderen gleicht.

Ein großer Taktik-Spaß

Insgesamt macht „Evolve” vieles richtig, was das Gameplay angeht. Die kurzweiligen Runden machen egal in welcher Rolle fast immer Spaß. In jedem Spiel sind die Karten neu gemischt, selbst, wenn die Mitglieder in der Gruppe sich nicht wechseln, wird man durch die verschiedensten Taktiken ein anderes Spielerlebnis haben. Die Karten könnten etwas größer sein, aber in den meisten gibt es genug Orte, wo man taktische Vorteile ausnutzen kann. Zwar wird man eigentlich nur im Jagd-Modus spielen, aber für wenige Mehrspieler-Runden zwischendurch bekommt man auf der PlayStation 4 derzeit kaum ein besseres Spiel geboten. Auf lange Zeit hin gibt es aber kaum Motivation, „Evolve” allzu lang zu spielen. Spätestens, wenn man in jeder Klasse jeden der drei Charaktere beziehungsweise die drei Monster freigeschaltet hat, wird man so langsam aber sicher den Titel links liegen lassen und ihn nur noch gelegentlich für ein oder zwei spaßige Runden einlegen. Wer mehr erwartet hat, der sollte „Evolve” am Besten im Regal stehen lassen.

Die Sache mit dem DLC

Genau hier kommt nun der andere Punkt zum Tragen, der für negative Presse im Vorfeld sorgte: die Downloadinhalte. Bereits zum Start gibt es Skins für die Charaktere, die addiert den Neupreis des Spiels erreichen, und auch noch einen Season Pass, der neue Monster sowie Jäger mit sich bringen wird, sobald sie erscheinen. Da kann man schon das Gefühl bekommen, dass einem hier gezielt Inhalte vorenthalten werden. Dieses wird durch den sowieso schon kleinen Inhalt etwas verstärkt. Immerhin werden alle Karten-Pakete kostenlos zur Verfügung stehen, trotzdem wird sich der Ärger über den DLC dadurch nicht in Luft auflösen.

Fast perfekte Technik

Doch bei der Technik muss man Turtle Rock Studios wirklich einmal loben. Bis auf die teils doch sehr langen Ladezeiten – es dauert manchmal bis zu 5 Minuten bis man mal eine Runde spielen kann – ist ansonsten alles rund. Das Spiel läuft stets flüssig, die Server haben auch den Launchtag ohne große Aussetzer überlebt und die Charaktermodelle sowie die Umgebungen sind liebevoll modelliert. Bis hin zum kleinsten Lebewesen fühlt sich alles auf dem Planeten Shear lebendig an. Die Synchronisation tut ihren Teil und passt gut zu den jeweiligen Charakteren, vor allem in den Gesprächen im Schiff bekommen sie ein wenig Tiefe und die immer wechselnden Sprüche stimmen einen schon einmal auf das kommende Gefecht ein. Ansonsten bleibt der Soundtrack eher im Hintergrund und wird nur selten wirklich wahrgenommen. Technisch war in den letzten Monaten zur Veröffentlichung kaum ein Spiel so ausgereift wie „Evolve”, und dafür muss man die Entwickler einfach loben.