An diesem Freitag bekommt die PlayStation 4 endlich den nächsten großen Exklusivtitel spendiert. Die Hoffnung der Fans liegt nun voll und ganz bei „The Order: 1886”, dem ersten AAA-Titel von Ready At Dawn, die zuvor an den Handheld-„God of War”-Spielen gearbeitet haben. Ob uns das ambitionierte Projekt mit seinem cineastischen Gefühl überzeugen konnte, lest ihr in der folgenden Review.

Die Balance zwischen Menschen und Halb-Blüter

Die Geschichte ist in einem fiktiven, viktorianischen London angesiedelt, das seit jeher im Krieg gegen die sogenannten Halb-Blüter steht. Diese sind eine Art Werwölfe, die die Menschheit seit einigen Jahrhunderten bedrohen. Genau hier übernimmt der Spieler die Rolle von Sir Galahad, der Teil eines Ordens ist, der versucht, die Balance zwischen den Menschen und den Halb-Blütern im Gleichgewicht zu halten. Diese wird nun aber durch eine Rebellenbewegung gestört.

Viel mehr wollen wir hier an dieser Stelle auch wirklich nicht verraten, denn „The Order: 1886” lebt von seiner Geschichte und dem dadurch erzeugten cineastischem Gefühl. Hier treffen gerne mal alte Tugenden auf selbst in unserer heutigen Zeit noch futuristische Waffen. Jeder Steampunk-Fan wird den Stil des Titels feiern und auch welche, die diesem Stilmittel eher wenig abgewinnen, erwartet hier doch eine sehr interessante Mischung. Das Gameplay wechselt sich nahtlos mit Cutscenes ab, wodurch manche die Übergänge in einigen Situationen glatt übersehen könnten, wären da nicht immer die gleichen Tutorials, die bis zum Ende des Spiels hin und wieder angezeigt werden. Das wird manchmal etwas nervig, zeigt aber immerhin an, wann die Cutscenes vorbei sind. Optimal wäre es gewesen, wenn die Geschichte spannender wäre, denn sie ist das einzige, was einen antreibt, den Titel durchzuspielen. Aber trotzdem bietet sie einige Twists, die sicherlich den ein oder anderen kurzzeitig an den Bildschirm fesseln. Die vermittelte Erfahrung von „The Order: 1886” wird man schnell wieder vergessen, kann aber als kurzes Action-Fest durchaus unterhalten.

Ein Deckungsshooter aus dem Lehrbuch

Spielerisch bekommt man eher Gewohntes geboten. Das eigentliche Gameplay ist ein Deckungsshooter wie aus dem Lehrbuch. Schon im Voraus sieht man, ob nun ein Schussgefecht von Nöten ist, da auf einem großen Platz viele Objekte platziert sind, hinter denen man sich verstecken kann. Dadurch sind die Kämpfe auch kaum eine Herausforderung, da man sich im Vorfeld schon Taktiken und Verstecke in Ruhe suchen kann. Ansonsten folgt man linear dem Weg und findet nur abseits mal hier und da einen sammelbaren Gegenstand.

Interessanter ist die ausgefallene Waffenauswahl. Diese reicht von typischen Schusswaffen bis hin zu sehr abgefahrenen Gerätschaften, die perfekt in den Steampunk-Stil reinpassen. Entweder man bestäubt die Gegner mit einem bestimmten Staub, damit dieser dann durch das Alternativ-Feuer gebührend in die Luft geht oder man schleudert imposante Elektrostöße auf die Kontrahenten, was in einem tollen Effekt-Feuerwerk endet. Jedoch wird man die besonderen Waffen nur selten nutzen können und schießt ansonsten mit Maschinengewehren, Pistolen oder Shotguns auf die Gegner.

Wenig Abwechslung bei den Gegnern

Ein weiteres Problem ist auch die mangelhafte Abwechslung bei den Angreifern. Entweder man kämpft gegen Menschen, die verschiedene Waffen haben und unterschiedlich viel aushalten, oder die Lycan greifen an. Um die Halb-Blüter zu besiegen, muss man ihren schnellen Angriffen ausweichen und dann versuchen, sie abzuschießen. Hier kommt noch eine Mechanik ins Spiel, die „The Order: 1886” ein wenig von anderen Vertretern abgeschaut hat. Durch die sogenannte Schwarzsicht kann man die Zeit kurz verlangsamen und dann mit der Pistole in Schnelligkeit auf Gegner schießen. Diese Fähigkeit ist vor allem gegen die schnellen Lycan oder sehr große Gegnertruppen hilfreich und kann durch eine Tötung wieder aufgeladen werden.

Uninspiriert

Insgesamt kann „The Order: 1886” spielerisch zwar unterhalten bietet aber nichts Atemberaubendes, woran man sich in einigen Jahren noch erinnern wird. Neben den linearen Schusspassagen lockern einige Rätseleinlagen ein wenig das Spielgeschehen auf, jedoch sind diese kaum der Rede wert. Ansonsten schaut man nur Cutscenes und muss gelegentlich einige Quick Time Events absolvieren. Wer kein Problem mit dem wirklich uninspirierten Gameplay hat und einfach nur eine wilde, kurze Action-Achterbahn ohne viel Substanz haben möchte, dem kann man „The Order: 1886” empfehlen. Wenn man es aber einmal durch hat, dann wird man es auch eigentlich nie wieder einwerfen, da es nichts gibt, was einen dazu antreibt, es noch einmal zu spielen.

Tadellose Technik

Aber es gibt einen Aspekt, den Ready at Dawn tadellos absolviert hat: die Technik. Man kann dem Titel wirklich viel ankreiden, aber hier punktet er mit einem wundervollen Stil, wirklich sehr detaillierten Charakteren und einer flüssigen Framerate. Man kann den Titel jederzeit pausieren und hätte ein neues Hintergrundbild. Vor allem die detaillierte Stadt vermittelt einen eindrucksvollen Eindruck von der damaligen Architektur. Auch wenn die Farbpalette eher von Braun bis Grau reicht erzeugen sie dadurch eine besondere Atmosphäre, die das cineastische Feeling vorantreibt. Leider klingen selbst die originalen Sprecher nicht wirklich motiviert, wodurch einige Szenen eher ins Lächerliche gezogen werden, als dass sie einen mitreißen. Der orchestrale Soundtrack hingegen klingt epochal und wird vor allem für Cineasten eine tolle Untermalung bieten.