Neben digitalen Rollenspielen kann man auch genauso gut ein Abenteuer mit Stift und Papier erleben. Es gibt schon einige Videospiele, die versucht haben, auf irgendeine Weise Pen-and-Paper-Rollenspiele in digitaler Form zu verwirklichen. Jetzt kam vor einigen Monaten das per Kickstarter finanzierte „Hand of Fate” heraus, das auch in diese Kerbe schlägt. Doch anstatt auf digitales Papier und Stifte zu setzen, nutzt der Entwickler hier Karten.


Ein schicksalhaftes Kartenspiel

Was soll man auch anderes machen, wenn ein maskierter Mann vor einem sitzt und mit sanfter Stimme darum bittet, ein Kartenspiel mit ihm zu spielen. Genau in dieser Situation befindet sich unser gesichts- und stimmloser Held, der an einem schicksalhaften Spiel teilnimmt. Um gegen den maskierten Mann zu kämpfen und somit das Spiel zu beenden, muss er zuvor die zwölf Handlanger besiegen, die sich ihm in den Weg stellen. Die Basis für die Geschichte klingt im ersten Moment nicht gerade spannend und dieser Verdacht wird sich auch schnell bestätigen, doch wie es sich für ein Pen-and-Paper-Rollenspiel gehört, machen erst die Ereignisse, die der Spieler lenkt, das Abenteuer interessant.

Gestalte dein eigenes Abenteuer

Doch bevor wir zu diesen Ereignissen kommen, muss man sich zunächst ein Deck aus vorgegebenen Karten zusammenbasteln, das in Inventar und Begegnungen unterteilt ist. Ersteres beinhaltet die Waffen, Schilder, Rüstungen und vieles mehr, was man in seinem Abenteuer finden kann. Bei den Begegnungen hingegen sind Karten vertreten, die das Abenteuer um Events oder sogar große Quests erweitern. Dabei ist ersteres meist nur eine kurze Entscheidung, ob man Weg A oder B geht und dort dann je nach Ausgang eine Kleinigkeit bekommt. Eine Quest hingegen ist durch ein Token gekennzeichnet und verlangt vom Spieler, dass er mehrere Entscheidungen fällt und oft auch einen Kampf besteht. Wurde der Teil der Quest erfolgreich abgeschlossen, wird man mit dem Token belohnt, das Gegenstände sowie weitere Aufgaben in der Quest-Reihe beinhalten kann.

Innerhalb eines Abenteuers wird die vorbestimmte Anzahl an Karten, die man zuvor selbst ausgewählt hat, mit einigen vorgegebenen Karten vom mysteriösen Mann gemischt und immer zu einer kleinen Karte zusammengebastelt. Über diese muss man sich nun bewegen. Für jeden Schritt benötigt man eine Ration, die man entweder kaufen kann oder als Belohnung für die verschiedenen Events und Kämpfe erhält. Die Länge des Abenteuers ist stark variabel; sie dauert anfangs noch wenige Minuten und kann später schon gerne einmal mehr als eine Stunde in Anspruch nehmen.

Fortschritt trotz Rogue-like-Elementen

Dadurch, dass man sein Deck selbst zusammenbasteln kann, bekommt man den Eindruck, dass man das Abenteuer komplett selbst zusammenbasteln kann, so wie man es am Liebsten hätte. Dabei stellt sich schnell heraus, dass einige Karten vor allem zu Beginn einen starken Vorteil geben. Zusätzlich ist es auch zu empfehlen, so viele Karten wie möglich mit Tokens zu schaffen, da so noch mehr Gegenstände und Begegnungs-Karten gesammelt werden können. Denn dies ist der einzige Weg, neben dem Töten der zwölf Handlanger, um im Spiel voranzuschreiten. „Hand of Fate” ist nämlich im Ansatz ein wenig wie ein Rogue-like: Ist man einmal gestorben, dann muss die gesamte Runde von vorne angegangen werden, was schon einmal über eine Stunde Zeit kosten kann. Jedoch hat man eben auch einen Fortschritt durch die Quests, die immer wieder neue Karten mit sich bringen. Zusätzlich bekommt man für jeden dritten besiegten Handlanger ein komplettes Upgrade, was einen selbst aber auch die Gegner stärker macht. So wie bei „Batman: Arkham” aber schlichter

Was bisher noch unerwähnt blieb, sind die Kämpfe und die Labyrinthe, die beide in einer kleinen 3D-Arena dargestellt werden. In den Kämpfen muss man in feinster Batman-Manier die Gegner umhauen. Doch im Gegensatz zum Gameplay-Paten gibt es hier kein Combo-System. Es kann lediglich geschlagen oder ausgewichen werden und wenn man noch ein Schild hat, kann man Angriffe durch eine Parade im richtigen Moment, der durch ein visuelles Merkmal angezeigt wird, abwehren oder die Gegner per Schild-Schlag betäuben. Zusätzlich haben manche Waffen oder Artefakte noch einen aktiven Effekt, wie zusätzlicher Giftschaden, der für eine kurze Zeit aktiviert werden kann. In den Labyrinthen hingegen muss man sich möglichst unbeschadet durch Fallen manövrieren und bekommt als Belohnung einen oder mehrere Gegenstände sowie Gold und Ration.

Insgesamt macht „Hand of Fate” spielerisch nicht allzu viel falsch und überträgt das Gefühl eines Pen-and-Paper-Rollenspiels gut auf ein Videospiel. Doch schon nach kurzer Zeit macht sich etwas Ernüchterung breit, denn wirklich viel Abwechslung wird nicht geboten. Aber durch die Länge der einzelnen Abenteuer und der damit verbundenen Spannung kommt es immer wieder zu Situationen, in denen man richtig ins Schwitzen kommt. Dafür ist es umso erleichternder, wenn man den Handlanger endlich getötet hat und als Belohnung neue Karten spendiert bekommt.

„Game-Breaking”

Dafür macht das Spiel bei der Technik einige Patzer, die teils den Spielspaß stark einschränken können. Neben den häufigen Rucklern und der sowieso nur durchschnittlichen Grafik stellen sich öfters mal Bugs ein, die das Spiel fast schon zum Absturz bringen. Immer wieder kommt es mal vor, dass der Sound einfach fehlt oder die Ladezeiten länger werden. In einem Fall mussten wir tatsächlich sogar ein wenig hoffen, dass das Spiel nicht jeden Moment abstürzt: Zuerst fehlte der Sound und jeder Kampf fing mehr und mehr an zu ruckeln. Nach einer kurzen Zeit fehlten auch Animationen im normalen Menü und die Kämpfe wurden nur noch in Standbildern angezeigt. So etwas sollte in der fertigen Version eines Videospiels wirklich nicht vorkommen. Das trübt den Gesamteindruck doch stark. Wir erhoffen uns darum einen Patch, der ein wenig Verbesserung bringt. Der Soundtrack bleibt auf einem durchschnittlichen Niveau, das sich kaum von einem anderen Rollenspiel abhebt. Dafür sticht aber der Sprecher des Kartengebers mit seiner sehr ruhigen aber eindringlichen Stimme heraus und gibt dem ganzen Spiel eine mysteriöse Atmosphäre, die sich aber leider nur bedingt entfalten kann.