Mit „Heavy Rain“ sorgten Quantic Dream und Sony seinerzeit für mächtiges Aufsehen, weit über die Berichterstattung in Videospiel bezogenen Medien hinaus. Als interaktives Drama betitelt, war „Heavy Rain“ eines der prägendsten Spiele für moderne Adventure. Doch wie kann sich „Heavy Rain“ heute noch gegen Spiele, wie „The Walking Dead“ oder „Life is Strange“ behaupten, die folgenreiche Entscheidungen und alternative Enden genauso beherrschen. Mit der jetzt für die PlayStation 4 erschienen Remastered-Version sind wir dieser Frage nachgegangen.

Eine Stadt sucht einen Mörder

„Heavy Rain“ folgt einer Mischung aus Crime- und Thriller-Story. Seit bereits drei Jahren ist der sogenannte Origami-Killer auf freiem Fuß und schnappt sich immer dann ein Opfer, wenn die mehrtägige Regenzeit einsetzt. Ohne Skrupel entführt er sich unschuldige Kinder, sperrt sie ein und lässt sie dann im ansteigenden Regen-Wasser ertrinken. Die Leichen hinterlässt er mit einer Origami-Figur in der Hand. Eine düstere Geschichte, deren bedrückende Atmosphäre durch den Umstand, dass es während des Spiels beinahe dauerhaft regnet, nicht gemildert wird.

Dabei fängt „Heavy Rain“ fröhlich und bunt an. Der erfolgreiche Architekt und zweifache Familienvater Ethan Mars genießt das Familienleben in einem amerikanischen Vorort, bis sein Leben durch einen heftigen Schicksalsschlag aus den Fugen gerät. So abrupt, wie Mars aus seinem Glück gerissen wird, schwenkt auch die Stimmung in „Heavy Rain“ um und hält die von nun an bedrückende Atmosphäre bis zum Ende konsequent durch.

Wer sich auf „Heavy Rain“ einlässt, muss sich damit abfinden, dass es nur selten etwas zu schmunzeln gibt. Und wenn es dann doch einmal passiert, nur durch unfreiwillige komische Momente. So lässt sich „Heavy Rain“ gut mit dem Film „Sieben“ vergleichen, der dank seiner düsteren Geschichte und tragischen Wendungen nur wenige Lichtblicke zuließ. Allgemein lassen sich bei „Heavy Rain“ viele Parallelen zu vergleichbaren Filmen finden, da es sich unverblümt an Klischees bedient. Allerdings sind diese in Videospielen nun einmal noch nicht ansatzweise so verbraucht, wie in der Film-Industrie.

Eine Geschichte, vier Figuren

Abseits von der zentralen Hauptfigur „Ethan Mars“, begleitet man aber noch drei weitere Charaktere, die so wie Mars in den Fall des Origami-Killers verstrickt sind. Madison Paige ist eine Journalistin, Norman Jayden ein Profiler des FBIs, der auf den Origmai-Killer angesetzt wird, und Scott Shelby ein privat ermittelnder Detektiv. So viel sei verraten: Wie das Schicksal so spielt, treffen die vier Hauptfiguren wenig überraschend im Laufe der Geschichte noch aufeinander.

Abseits davon, dass alle vier Figuren mit dem Origami-Killer in Verbindung stehen, haben sie aber auch noch eine weitere Gemeinsamkeit. So kämpfen sie gegen ihre ganz eigenen Dämonen an, während sie dem Origami-Killer auf der Spur sind. Somit zieht sich die düste Atmosphäre konsequent durch „Heavy Rain“ hindurch. So konsequent, dass es sich beinahe schon erdrückend anfühlt. Nahezu jede Figur, die in „Heavy Rain“ auftaucht, hat entweder Dreck am Stecken oder gibt sich auf andere Weise größte Mühe, das letzte bisschen Sympathie zu verspielen.

Wie weit würdest du gehen?

Inmitten dieser düsteren Welt, die Quantic Dream erschafft, ist der Spieler letztlich der einzige, der für ein Fünkchen Licht sorgen kann. Die Geschichte von „Heavy Rain“ verläuft nicht strikt linear, sondern nimmt je nach getroffener Entscheidung viele Verzweigungen, die am Schluss zu einem unterschiedlichen Ende der Geschichte führen. Jede Entscheidung richtet sich nach der Leitfrage „Wie weit würdest du gehen?“ und schnell merkt man, dass die Konsequenzen verheerende Ausmaße annehmen können. Auf der einen Seite möchte man mit allen Mitteln den Origami-Killer stoppen, auf der anderen liegt einem aber auch etwas am Wohl und Leben der vier Hauptfiguren.

Umso ärgerlicher ist es, das es in vielen Fällen nicht nur um gut gefällte Entscheidungen geht, sondern schlicht um Reaktionsvermögen. Das Kernstück der Interaktion zwischen Spieler und Spiel basiert auf Quick Time-Events. Besonders in den wichtigen Momenten ist es frustrierend, wenn aufgrund einer vermasselten Eingabe die Szene ein ungewolltes Ende einschlägt. Viele dieser Passagen werden zudem künstlich erschwert, indem die zu drückenden Tastenkombinationen hastig über den Bildschirm zappeln und das richtige Ablesen erschwert wird. Klar kann man behaupten, dass man auch im echten Leben in Stress-Situationen gerne falsche Entscheidungen trifft. Spiele wie „The Walking Dead“ lösen diese Stress-Simulation aber spielerisch fairer, indem sie einfach ein Zeitlimit für zu fällende Entscheidungen setzen. Glücklicherweise erlaubt „Heavy Rain“ in der Kapitelübersicht zu einer Szene zurück zu kehren und falsche Entscheidungen auszuradieren. Hierfür muss man aber Zeit mitbringen, da die Kapitel durch ihre langen Dialoge zeitintensiv sind.

Auch wenn man auf die den Verlauf der Geschichte selbst Einfluss nimmt, ändert es nichts daran, dass im Grundgerüst der Handlung einige arge Logik-Löcher klaffen. Viel schlimmer noch: Einige Handlungsaspekte werden nur angeschnitten oder offene Fragen bis zum Schluss vollständig im Raum stehen gelassen. Wieso manche Figuren plötzlich bestimmte Orte aufsuchen, bleibt speziell am Anfang unerwähnt. Einige Handlungswendungen scheinen schier an den Haaren herbeigezogen. Es wirkt so, als wollten die Autoren zwangsweise für einen Überraschungsmoment sorgen, auch wenn er sich aller Logik los sagt.

Mit zeitgemäßer Technik auf der PS4

In optischer Hinsicht darf man „Heavy Rain“ auf der PlayStation 4 nur wenig ankreiden. Als PlayStation 3-Spiel sah es schon gut aus und mit der zusätzlichen Hardware-Power auf der PlayStation 4 wird es noch einmal hübscher und auf ein zeitgemäßes Niveau gehievt. Mit sechs Jahren auf dem Buckel, kann es sich aber verständlicherweise nicht mit einem „The Order 1886“ messen. Speziell die Gesichtsmodelle der Charaktere wirken stark gealtert und aus heutiger Sicht längst überholt. Dennoch macht es Sinn „Heavy Rain“ heutzutage in der zeitgemäßen PlayStation 4-Version nachzuholen, als noch in der alten Original-Version. Enttäuschend ist allerdings die Arbeit der Synchronsprecher. Ob in Deutsch oder dem originalen Englisch: Viele Dialoge wirken hölzern und versteift. Mit der zugewonnen Erfahrung der letzten Jahre hat sich in diesem Bereich einiges getan, so dass wir qualitativ bessere Synchronisationen gewohnt sind. Für Frust sorgt die altbackene Steuerung. In scheußlicher „Resident Evil“-Manier fühlt es sich meist an als steure man einen Panzer, statt einer Spielfigur. So rennt selbst der erfahrenste Spieler gerne mal gegen Wände oder in die entgegengesetzte Richtung. Das war im Original aber schon nicht anders.