Die Blue Isle Studios kennt man eigentlich bisher nur von „Slender: The Arrival“, das zwar seine Probleme hatte, durch den kleinen, aber mittlerweile legendären Vorgänger jedoch eine breite Masse für sich finden konnte. Doch anstatt sich auf dem Horror-Hit auszuruhen und das Genre weiter auszuschlachten, haben sie mit „Valley“ einen ganz besonderen Titel auf die Spieler losgelassen. Ob der Versuch geglückt ist, oder eher als Fehlschlag abgestempelt werden kann, haben wir für euch herausgefunden.

Ein Tal voller Magie

Startet man das Spiel, erfährt man, dass der Hauptcharakter, jederzeit im Menü wahlweise männlich oder weiblich, auf der Suche nach einem mythischen Artefakt ist. Doch die Suche scheint bereits am Anfang gescheitert, denn man wacht nach einem Absturz in einer Höhle auf. Anschließend wird die Geschichte durch Audiologs erzählt, und im namensgebenden Tal gelandet, entfaltet sich eine Geschichte über den Kampf Wissenschaft gegen Natur, in dem natürlich auch das Militär eine Rolle spielt. Und am Ende wird auch noch die eigene Geschichte vorangetrieben.

Die Geschichte wird in bester Walking Simulator-Manier erzählt, denn neben den Audiologs erzählt die recht große Welt selber auch eine Geschichte. Das wird zwar bei weitem nicht so intensiv wie in einem „Everybody’s Gone to the Rapture“, doch das will der Titel auch gar nicht. Viel mehr erlebt man ein Abenteuer, während man erfährt wieso alles so ist, wie es ist. Das ist interessant und motiviert, wobei überraschenderweise die Geschichte nur ein verhältnismäßig kleiner Motivator ist.

Valley’s my name, speed’s my game

Denn obwohl man in den ersten zwei Minuten meinen könnte, hier befindet man sich in einem weiteren Walking Simulator, findet man recht bald den sogenannten L.E.A.F Anzug. Dieser umschließt die Beine und die Arme und verleiht dem Träger atemberaubende Fähigkeiten. Nicht nur kann man nun wirklich hoch springen, vor allem kann man sehr schnell eine extrem hohe Geschwindigkeit erreichen. Und schon befördert der Titel den Spieler einen Weg hinunter ins Tal, während dem man nicht nur wahnsinnig schnell wird, sondern auch weite Sprünge hinterlegt, bei denen man beinahe das Gefühl hat zu fliegen.

Tatsächlich muss jeder Spieler dieses Gameplay einmal selber erleben. Vor allem wenn man die erste größere Fläche erreicht, kann man so eine dynamische Geschwindigkeit erreichen, dass man einfach nur puren Spielspaß hat. Ich muss gestehen, ich habe wirklich dauerhaft gelächelt während ich durch das Tal rannte und sprang. Und eben diese Mechanik macht „Valley“ so besonders, denn es vergisst nicht neben der Geschichte auch ein Gameplay zu bieten, dass das Laufen durch die Welt zum besten Element macht. Selbst nach dem Ende macht es noch Spaß, weiter zu spielen, einfach nur um durch die Gegend zu laufen.

Eine Entscheidung über Leben und Tod

Während man im weiteren Verlauf neue Fähigkeiten zur Fortbewegung freischaltet, um zum Beispiel über das Wasser zu laufen oder sich über Abgründe zu schwingen, hat auch die Verbindung zu den Händen einen interessanten Effekt. Denn durch das Abschießen von Energie kann man tote Sachen, wie Bäume oder Tiere, wieder ins Leben rufen. Die Energiekugeln, die man dafür braucht, findet man auf den offenen Flächen im ganzen Tal, und es macht unglaublich viel Spaß, die Welt wieder lebendig zu machen. Zudem erhält man dadurch manchmal auch goldene Eicheln, die verschlossene Türen öffnen.

Gleichzeitig ist es aber auch möglich lebenden Wesen die Lebenskraft zu entziehen, um die eigene Energie aufzuladen. Während das Anfangs eher dazu dient ein wenig herumzuspielen, wird in bestimmten Gebieten die Energie tatsächlich knapp, weshalb man sich gut überlegen sollte, was man damit macht. Zudem gibt es zahlreiche Rätsel zwischen den Geschwindigkeitspassagen, die eben diese zwei Mechaniken benötigen. Das ist zwar nie zu schwierig, macht aber unglaublich viel Spaß und verdeutlicht, wie viel „Valley“ zu bieten hat.

Eine verbundene Welt

Wirklich atemberaubend wird „Valley“ wenn das Gameplay und die Welt miteinander verschmelzen. Es ist nämlich gar keine Seltenheit, dass man einen Abgrund herunterfällt und somit an einen nahegelegenen Punkt zurückgesetzt wird. Dabei verliert man Lebensenergie, aber tatsächlich nicht die eigene. Denn stattdessen wird dem Tal die Energie entzogen, weshalb es langsam stirbt und die Pflanzen und Tiere in der Umgebung sterben. Haucht man den toten Wesen wieder Leben ein, füllt sich auch die Lebensanzeige, was im Endeffekt die Welt, die Geschichte und das Gameplay auf eine einzigartige Weise miteinander verbindet.

Eben diese Verbundenheit macht so unglaublich viel Charme aus. Es lässt einen in eine Welt eintauchen, die eben nicht nur Schauplatz, sondern Spielelement ist. Und diese Verbundenheit fühlt man auch, wenn man über Flächen läuft, neue Wege entdeckt und als Teil des Tales für dieses kämpft. Das alles mündet in einige atemberaubende Spielemomente, die wir wohl niemals vergessen werden. Zwar wollen wir nicht zu viel verraten, aber einige Gameplay-Sequenzen werden in persönlichen Top-Listen landen, während ein bestimmter Story-Twist uns noch jetzt fesselt wie in kaum einem anderen Spiel 2016.

Wäre da nicht…

Obwohl das Gameplay an allen Schauplätzen, egal ob in schnellen oder langsameren, rätsellastigeren Bereichen, total überzeugt, gibt es leider einige Kämpfe gegen dunkle Kreaturen, die ein wenig komisch gestaltet sind. Denn weder gibt es da eine große Vielfalt, noch ist das besonders schwer. Man muss sie nämlich mit Energie treffen, während deren Schüsse einem die Energie entziehen. Durch schlichtes Ausweichen stellen sie aber keine Herausforderung dar und verlangsamen das Spiel unnötig.

Ein weiterer Kritikpunkt, und das hört sich etwas komisch an, ist die Spieldauer. Denn insgesamt dürfte man nicht länger als vier bis fünf Stunden dauern, wenn man ein wenig herumtrödelt, um das Abenteuer zu beenden. Zwar ist diese Zeit unglaublich dicht und spaßig, allerdings wünscht man sich danach einfach mehr. Während man in Spielen wie „Mirror’s Edge“ die Level wiederholen kann, um bessere Zeiten zu schaffen, hat man hier leider bis auf das tolle Spielgefühl keine Motivation dafür, das Spiel erneut zu spielen. Ein wenig mehr Inhalt, und mag er in Zukunft über DLCs kommen, wäre wünschenswert.

Technik

Optisch macht das Spiel viel her. Die Umgebungen sehen toll aus und die Farbgebung ist wunderbar geworden. Auch wenn einige Texturen eher matschig und altbacken wirken, fällt das aufgrund der wahnsinnig befriedigenden Geschwindigkeit nicht wirklich auf. Auch der Soundtrack ist einfach perfekt geworden, und wenn das Spiel das erste Mal sein Tempo offenbart, wird man mit einem unfassbar tollen Track in die Welt eingeleitet. Das zieht sich bis zum Ende durch und ist ein Fest für die Ohren, auch dank toller Soundeffekte und Geräusche.

Und obwohl das alles bis hier trotz kleinen Kritikpunkten nach einer neun klingt, darf man enttäuscht sein, wenn es um die Bildrate geht. Denn diese kann in einigen besonders temporeichen Momenten einbrechen, was bei einem Spiel, in dem es darum geht schnell zu sein, einfach nicht geht. Noch schlimmer sind einige Sound-Bugs, die die Atmosphäre komplett zerstören. Auch die Untertitel funktionieren nicht, da meist nur der erste Satz angezeigt wird und es nicht weitergeht. Bedenkt man nun noch, dass wir zwei Male in der Umgebung stecken geblieben sind, ist die Enttäuschung perfekt. Hier hätten die Macher noch Zeit investieren müssen, um auch diese Seite des Spieles zu perfektionieren.