1968, ein Jahr voller Turbulenzen und Umschwüngen in der amerikanischen Gesellschaft. Der umstrittene Vietnamkrieg, das Attentat auf Martin Luther King Jr. und die musikalische Revolution. Ziemlich schwierig, all diese Themen in einem Spiel wie „Mafia III“ zu verpacken. Dennoch gehört der Umgang mit diesen Themen und allgemein die Präsentation von „Mafia III“ zu den Stärken des Spiels.

Eine Rachgeschichte

Lincoln Clay ist ein Vietnam-Veteran, der nach New Bordeaux zurückkehrt, einer von New Orleans inspirierten fiktiven Stadt. Hier spürt man die sozialen Ungleichheiten auf der Stelle: Während die reiche, weiße Bevölkerung das Leben in Country Clubs und prachtvollen Villen mit riesigen Rasenflächen genießt, lebt die schwarze Bevölkerung vornehmlich in den heruntergekommenen Ecken von New Bordeaux. Clay wuchs auf der Straße auf, nachdem seine Eltern schon früh starben und fand schließlich bei der schwarzen Mafia Zuflucht. Dieser Familienersatz wird ihm aber genommen, als die italienische Mafia sich diesen entledigt. Gebrochen und noch immer von den Ereignissen in Vietnam gezeichnet, beginnt Lincoln einen erbarmungslosen Rachefeldzug, dessen Ziel die komplette Auslöschung der italienischen Mafia in New Bordeaux ist.

Ein schnell vorübergehendes Gefühl von Scorsese

Erzählt wird „Mafia III“ in einem dokumentarischen Stil. Zwischen den Hauptmissionen berichten Spielfiguren im Rückblick über die Geschehnisse und ihren Erlebnissen mit Lincoln. Gerade die Szenen mit Vater James und dem CIA-Offizier Donovan gehören zu den besten Momenten, da ihre Figuren grundsätzlich verschiedenen Überzeugungen folgen und ihre Dialoge wirklich gutgeschrieben sind. Zu Anfang macht die Erzählung außerdem gerne zeitliche Sprünge und ja: Es kommt kurzzeitig ein Gefühl von Gangster-Streifen wie „Casino“ oder „Goodfellas“ auf. Dieser Hauch von einem Gefühl geht aber viel zu schnell verloren. Bereits kurz nach der Spieleinführung verläuft sich „Mafia III“ in einer typischen Rachestory und erinnert nicht im Entferntesten an einen der genannten Scorsese-Streifen. Auch die historischen Ereignisse ereignen sich schnell nur noch am Rand der Geschichte und werden nicht weiter thematisiert. Über das Attentat auf Martin Luther King Jr. erfährt man bestenfalls durch die Plaudereien der NPCs auf den Straßen von New Bordeaux.

Die 60er Jahre von ihren schönsten & schrecklichsten Seiten

Immerhin werden die Problematiken der späten 60er Jahre atmosphärisch vom Spiel eingefangen. Wenn Lincoln in eines der gut betuchten Viertel von New Bordeaux gelangt, trifft er dort auf offenen Hass, der auf den Straßen verbreitet und gelebt wird. Mafia III“ macht hier keine Kompromisse und stellt die damaligen Verhältnisse ungeschönt dar. Die Rassenproblematik hat sogar Einfluss auf spielerische Aspekte: In den wohlhabenderen Gebieten von New Bordeaux wird die Polizei deutlich schneller vor Ort sein, als in den ärmlichen Gegenden – wenn sie denn überhaupt auftaucht. An anderen Orten wird er hingegen vertrieben oder gar die Polizei gerufen, wenn Lincoln stur bleibt.

Für mich persönlich aber die größte Stärke: der Soundtrack. In wohl keiner Epoche trafen so viele Musik-Genres zusammen. Angefangen bei den Beach Boys über Klassiker wie „Paint it Black“, tragen die Hits aus dem Radio enorm dazu bei, die späten 60er Jahre einzufangen. Selbst das zu Tode gespielte „Born to be wild“ leistet im richtigen Moment eingesetzt noch Glanzarbeit.

Ermüdende Routine

All das kann aber nicht über die großen Probleme von „Mafia III“ hinwegtäuschen. Nach dem Attentat auf seine Ziefamilie, beginnt Lincoln damit, systematisch das Imperium von Mafia-Boss Sal Marcano an sich zu reißen. Um dieses Ziel zu erreichen, nimmt sich Lincoln nacheinander die verschiedenen Geschäftszweige der Mafia vor. Das Vorgehen ist allerdings immer gleich eintönig: einen Stützpunkt aufsuchen und dort eine Zielperson ausschalten oder Lieferung zerstören. Hat man der Mafia genug geschadet, taucht schließlich der befehlshabende Capo auf und muss abschließend liquidiert werden.

Was vielleicht drei, vier Mal unterhält, wird beim zwanzigsten Mal zum Abruf reiner Routine. Das aber nicht einmal wegen den gleichen Abläufen. Immerhin funktioniert der Großteil aller Shooter nach diesem Schema. Das größte Problem sind die quasi nicht vorhandene KI und die viel zu übermächtigen Stealth-Fähigkeiten von Lincoln. Nicht nur, dass er seine Gegner durch Wände beobachten kann, lockt er die Gegner mit einem Pfeifen zielgenau zu sich, um sie dann aus der Deckung heraus, ungesehen auszuschalten. Da die Gegner es nicht besser wissen, kann man sie nacheinander pfeifend zu sich locken und umlegen, ohne, dass jemals Verdacht geschöpft wurde. Kopf. Tisch.

Einzig die Story-Missionen motivieren, da sie in abwechslungsreicheren Orten stattfinden und durch gescriptete Ereignisse dem oben beschriebenen Ablaufmuster entfliehen. Doch ohne diese wenigen Lichtblicke, gäbe es wohl nichts, was dazu motivieren würde, die 25 bis 30 Stunden bis zum Schluss von „Mafia III“ zu investieren.

Schönes, totes New Bordeaux

Denn die Open World ist auch nicht mehr als ein großes Versteck für lästige Sammelgegenstände. Dass man mittels Zoom-Funktion die historisch relevanten Interviews der originalen Playboy-Ausgaben lesen kann, ist wohl ein gut gemeintes Extra der Entwickler. In bester Ubisoft-Manier kann man Verteilerkästen anzapfen und so die Gebietskarten aufdecken, um die wenigen Zusatzmissionen freizuschalten, in der man die Stadtübernahme durch Liquidierungen fortsetzt. Nicht einmal auf den Wegen mit dem Auto von Mission zu Mission liefert „Mafia III“ einen Grund anzuhalten, weil man etwas erleben könnte. New Bordeaux bleibt somit eine große, tote Spielwelt. Obwohl das Südstaaten-Setting angenehm unverbraucht ist und durchaus seine Reize hat. Nur eine weitere vergebene Chance.

Immerhin können wir „Mafia III“ technisch keine groben Schnitzer ankreiden. Entgegen Berichten von Abstürzen oder defekten Spielständen, lief „Mafia III“ bei uns durchweg stabil. Die Ladezeiten halten sich in Grenzen und auch die Bildrate blieb bis auf vereinzelte Ausnahmen stabil. Die für Open World-Spiele typischen Bugs traten meist im Zusammenhang mit der Physik-Engine auf, allerdings auch nicht öfter, als man es aus anderen Spielen kennen würde. Auffällig hingegen waren Probleme mit der Belichtung. Wettereffekte, wie aufbrechende Wolken bei Regen und die entstehenden Sonnen-Reflektionen auf der nassen Straße, wirkten eher befremdlich. Bei Betreten oder Verlassen von Gebäuden kam es außerdem zu Problemen mit der Belichtung, bei der es entweder viel zu dunkel oder überbelichtet war.