Wer kennt „Die Werwölfe von Düsterwald“ nicht? Das Spiel ist ein echter Klassiker und gehört auf jede Fahrt mit einer größeren Gruppe zur Grundausrüstung. Doch was macht man, wenn man abends mal Lust auf das Spiel hat, aber natürlich nicht schnell genug so viele Leute zusammenbekommt? Natürlich gibt es auch Ableger im Internet, auch wir haben in unserem Forum schon an einigen Runden teilgenommen. Doch einen größeren Ableger gab es noch nicht, da das Spiel davon lebt, mit anderen zu reden, deren Verhalten zu beobachten und wilde Theorien aufzustellen. Nun hat sich Ubisoft an „Werewolves Within“ gewagt, und den Klassiker auf die VR-Brillen gebracht. Taugt das aber als Alternative, oder ist es ein eher trauriger Versuch? Wir haben zahlreiche Mitspieler kennengelernt, geschrien, gelogen, gelacht und uns geärgert um euch mehr darüber zu verraten.

Aller Anfang ist gut gemacht

Bevor man in das eigentliche Spiel startet, kann man sich eine Einführung ansehen, die von einem Erzähler begleitet auf einer großen Leinwand präsentiert wird. Hier wird das Spielprinzip sowie der Ablauf erklärt, denn in jeder Runde gibt es drei Gruppen. Zum einen wären da die Dorfbewohner, die herausfinden müssen, wer unter ihnen ein Werwolf sein kann, je nach Runde ist es manchmal nur einer, manchmal gleich drei. Die Monster stellen dann auch die zweite Fraktion dar, zwar können sie sich gegenseitig als Werwölfe identifizieren, jedoch müssen sie jeglichen Verdacht von sich lenken, oder sich in Widersprüchen zu fangen. Dann gibt es noch den Außenseiter, dessen Ziel es ist, getötet zu werden, denn dann gewinnt nur er allein. Hier liegt das Fokus darauf, nicht zu auffällig zu sein, sondern genau das richtige Maß an Aufmerksamkeit und Verdacht auf sich zu lenken.

Doch gerade die Dorfbewohner sind nicht einfach nur ahnungslose Narren, denn einige von ihnen besitzen besondere Fähigkeiten. Der Heilige kann, wenn er unauffällig betet, die Identität einer Werwolfes erraten, verliert aber, wenn alle Werwölfe am Ende für ihn stimmen. Der Astrologe hingegen sieht in den Sternen, welche Rolle es tatsächlich gibt. Diese Vielfalt ist wunderbar, und nicht in jeder Runde werden alle Rollen verteilt, sodass man sich nie allzu sicher sein kann, welche Geheimwaffen die Dorfbewohner gegen die Wölfe haben. Anders als im großen Vorbild gibt es hier keine Nachtphasen, und die Abstimmung am Ende ist sogleich das große Finale einer Runde, denn hier entscheidet sich, wer getötet wird. Alle Rollen werden ebenso in kleinen Videos erklärt, sodass man einen groben Eindruck davon bekommt, worauf man sich einstellen kann.

Ein unglaublicher Spaß

So gut die Erklärungen auch sind, wirklich lernen kann man das Spiel nur, wenn man sich in eine Online-Lobby stürzt. Dabei hat Ubisoft alles richtig gemacht, denn man kann nicht nur den Kontinent, sondern auch die Sprache auswählen. Anschließend wartet man in einer Lobby, bis mindestens sechs Spieler dabei sind. Bereits hier sitzt man im Kreis, kann sich kennenlernen, einige Regeln absprechen und seinen Avatar bestaunen. Die eigentlichen Runden sind dann zeitlich begrenzt, denn man muss den oben genannten Regeln nach seine Aufgabe erledigen. Die Runden sind recht angenehm und weder zu lang, noch zu kurz. Doch es ist die Präsentation, die das Spielerlebnis so gut macht.

Dank guter Bewegungen, sowie einigen Gestiken kommt es einem tatsächlich so vor, als ob Charaktere vor einem sitzen würden. Man schaut sich an, lehnt sich zum Flüstern zur Seite und steht auf, damit alle einem zuhören müssen. Alles funktioniert unglaublich gut und es entstehen hitzige Diskussionen, spannende Redekämpfe und emotionale Reaktionen, wenn die Gewinner bekannt gegeben werden. Es war eine perfekte Idee, das ganze Konzept auf die Brille zu bringen, und dank der Variationen innerhalb der Rollen, sowie der gute Mix von Runde zu Runde hat man nie das Gefühl, dass eine Runde so abläuft wie die andere.

Eine Revolution in VR

Tatsächlich entsteht eine unglaubliche Atmosphäre, die wir in noch keinem Spiel zu empfunden haben. Nach jeder Runde möchte man eigentlich anderen Leuten davon erzählen, wichtige Momente mit den Mitspielern genauer besprechen und aus den Lektionen lernen. Als mein Mitwerwolf in einer Runde unsere Identität verraten hat, war ich bereits der festen Überzeugung, den ersten Troll entdeckt zu haben. Als sich später herausstellte, dass dies eine perfekte Strategie war, um die Aufmerksamkeit von uns zu lenken, sodass ein Bürger getötet wurde, dann ist man endgültig überzeugt, dass diese Art von Spielen das Online-Multiplayergenre revolutionieren wird. Man spricht eben nicht nur mit Avataren oder Namen, sondern mit echten Leuten, die sich bewegen, zu einem schauen und auch körperlich zeigen, wie entschlossen sie sind. Nicht eine Runde war langweilig, nicht eine Gruppe streitsüchtig, und auch Trolle haben wir in vielen Spielen nie gesehen.

Ein wichtiges Element ist das Buch, in dem man jederzeit schauen kann, welche Rolle man hat, sowie eine Auswahl davon erhält, welche Rollen es in dieser Runde geben könnte. Das Nachschlagwerk dient ebenfalls dazu seine Fähigkeiten zu aktivieren sowie Hinweise zu speichern. Es ist eine elegante Lösung, die ebenso hilfreich ist und jederzeit genutzt werden kann. Die Ladezeiten zum Aufschlagen sind nahezu nicht vorhanden, weshalb der Spielfluss nicht gestört wird. Außerdem ermöglicht es neue Strategien, also haben die Macher die Formel um ein sehr sinnvolles Element ergänzt, dass man nicht missen möchte.

Der steinerne Weg zur Perfektion

Zugegeben, das Spiel ist sicherlich noch nicht perfekt. Es gibt zum Beispiel nur einen Modus, wobei dieser wie gesagt das Spielprinzip ist und sich nie eintönig anfühlt. Ein größeres Problem ist die Community, denn obwohl man aktuell schnell Matches findet, könnte das in einigen Monaten anders aussehen. Dank Cross-Platform-Play können zwar auch Vive- und Oculus-Besitzer mitmachen, doch man merkt schnell, dass die PlayStation VR-Spieler in der Mehrheit sind. Da man aber durchaus Leute kennenlernt und diese auch in Freundeslisten direkt im Spiel einladen kann, weiß man zumindest, wen man fragen kann, wenn man Lust auf eine Runde hat.

Technik

Optisch präsentiert sich der Titel in einem gelungenen Comic-Stil, der passend etwas düsterer, aber trotzdem humorvoll geworden ist. Besonders die Charaktere überzeugen mit Charme und Humor, doch auch die verschiedenen Orte des Dorfes sehen gut aus und punkten dank vieler Details. Der Sound ist natürlich sehr minimalistisch, da der Voice-Chat im Fokus steht, doch der Erzähler passt gut zum Geschehen. Nur mit der Verbindung hatten wir dank eines Uplay-Ausfalles Probleme, ansonsten wurden wir nie aus einem Match herausgeworfen. Da man nur mit dem Controller auswählt und vieles über Blicke geschieht, ist auch die Steuerung gut gelungen. Motion Sickness gibt es ebenfalls dank der sehr guten Umsetzung nicht, und die Immersion ist perfekt gelungen. Auch die Texte lassen sich gut lesen, die Effekte fangen den mystischen Charme ebenfalls ein.