„Gravity Rush” hat zwar ein Remaster im vergangenen Jahr spendiert bekommen, aber trotzdem gilt das Spiel als einer der großen Titel, die auf der PS Vita ihr volles Potenzial entfalten. Jetzt kommt nach über vier Jahren endlich der verdiente Nachfolger, aber nur noch auf der PlayStation 4. Wir konnten „Gravity Rush 2” bereits durchspielen und wollen euch im Folgenden zeigen, warum das Spiel trotz seiner Schwächen einen Blick wert ist.

Neuer Ort, neues Abenteuer

Um das volle Ausmaß der Geschichte von „Gravity Rush 2” mitzubekommen ist es ratsam, neben dem Vorgänger auch den Anime-Kurzfilm zu kennen. Letzterer kann gratis auf dem PlayStation YouTube-Kanal angeschaut werden.

Wer mit dem zweiten Teil einsteigt, wird nicht komplett aufgeschmissen sein, aber muss eben damit rechnen, dass alte Charaktere nicht mehr eingeleitet werden und davon gibt es bei „Gravity Rush 2” wirklich einige. Aber gut, nun zur eigentlichen Geschichte: Nach dem Gravitations-Sturm in Neu Hiraleon, siehe dem Kurzfilm, befinden sich Kat und Syd auf einem Minen-Boot und müssen dort nun ein Leben als Sklaven fristen. Durch verschiedene Wendungen wird die Gravity Queen aber wieder mit ihrer Katze Dusty vereint und landet schlussendlich in der Stadt Jiga Para Lhaos.

Ein spielbarer Moebius-Comic

Was genau in der Geschichte passiert, möchte ich eigentlich gar nicht genau erläutern, da sie durchzogen ist mit ständigen Wendungen und Höhepunkten, weshalb man so wenig wissen sollte, wie nur möglich. Fans des ersten Teils bekommen aber wieder genau den gleichen Stil und Ton geboten, den man im Vorgänger hatte. In Cutscenes sowie Motion-Comics wird die Geschichte in einer fiktiven Sprache erzählt. Sowieso ist die gesamte Architektur und Optik, die stark an Comics des Franzosen Jean Giraud erinnern, wieder einmal ein absolutes Highlight und sorgt auch auf dem großen Bildschirm für schöne Momente. Die Geschichte selbst ist gerade für Fans sehr interessant und klärt viele Fragen, die der erste Teil offen gelassen hat, aber auch für Einsteiger ist sie packend genug, um einen durch das Spiel an sich zu motivieren.

Ein Missions-Design, wie man es nicht machen sollte

Denn dieses hat leider einige Schwächen. Die größte liegt im Missions-Design, das sehr abwechslungsarm und teilweise einfach nur langweilig ist. Die einzelnen Missionen dauern schon mal mehrere zehn Minuten und sind eigentlich immer gleich gestrickt. Man fliegt sprichwörtlich von einem Punkt zum nächsten, muss da das Missionsziel erledigen und wird dann meist zum nächsten geschickt, wo man das Gleiche macht. Das geht dann zumeist drei bis sechs Mal so, bis sich etwas an dem Missionsziel ändert und man dann gegen Nevi kämpft oder was anderes machen muss. Im späteren Verlauf werden die Story-Missionen etwas abwechslungsreicher und auch innerhalb der Missionen macht man schon verschiedene Sachen, aber der Aufbau ist einfach immer der gleiche, weshalb man schnell davon gelangweilt ist.

Neben den Story-Missionen, die sowieso eine gute Geschichte erzählen, gibt es auch noch Neben-Missionen, die nicht nur den Figuren mehr Charakter verleihen, sondern auch die Grund-Geschichte ein wenig weiter stricken. Wenn man bedenkt, dass man alleine für die Geschichte gut 13 bis 15 Stunden braucht und dann noch einmal über 40 Neben-Missionen hat, die mehrere Stunden benötigen, dann wird man in „Gravity Rush 2” eine ordentliche Zeit damit verbringen, immer wieder den gleichen Missionszielen hinterherzulaufen.

Neues auch beim Gameplay

Blickt man aber an dem wirklich miserablen Missions-Design vorbei, dann sieht die Welt schon wieder rosiger aus. Denn das Spiel drum herum macht wieder Spaß. Ob man nun durch die Stadt fliegt, die Gegner mit Combos beharkt oder einfach nur die Atmosphäre in einen aufnimmt, jederzeit kommt Freude auf. Auch Kenner der Reihe bekommen genug Neues geboten, denn Kat kann im Verlauf drei verschiedene Gravitations-Stile annehmen und es sich so selbst leichter oder schwerer machen. Das sorgt dafür, dass sich das komplette Move-Set verändert und man so sowohl in der Bewegung als auch im Kampf durch schnelles Umschalten der Stile viel individueller vorgehen kann.

Upgrades gibt es natürlich auch wieder, die man über die Edelsteine kauft, die man überall in der Welt oder auch in den neuen Minen farmen kann. Die Upgrades haben teilweise für die verschiedenen Stile einen anderen Effekt und werden zum Glück durch ein sehr faires System seitens der Entwickler freigeschaltet: Denn man muss jede Verbesserung nur einmal kaufen und hat dann gleichzeitig den Effekt für alle drei Stile. Das mindert beim Spieler die Frustration und erhöht die Motivation gewaltig. Für noch etwas mehr Individualisierung sorgen Talismane, die man durch Neben-Missionen, Challenges oder auch das Abfarmen von Minen bekommt. Diese geben Kat besondere Effekte wie mehr Leben oder stärkere Angriffe und können auch noch im späteren Verlauf des Spiels eingetauscht, verschmolzen oder weggeworfen werden, was einem verschiedene Boni bringt.

Noch mehr Umfang durch Online-Komponenten

Der sowieso schon – zumindest für mich – überraschend große Umfang von „Gravity Rush 2” wird noch einmal um eine Online-Komponente erweitert, die sehr organisch und nicht aufgesetzt wirkt. Im Spielverlauf schaltet man immer weiter Optionen frei, um sich in kleinen Aufgaben mit Freunden und zufälligen Leuten zu messen. Da wäre zum einen das Jagen von Schätzen, von denen in der Welt viele verteilt sind. Findet man einen, dann wird einem Spieler zufällig ein Bild, was man von der Schatzkiste gemacht hat, zugeschickt und er kann diese dann finden. Aber auch in den Minen kann man über Online-Events seitens der Entwickler gegen extra starke Gegner antreten und so seine Fähigkeiten unter Beweis stellen. Das sind nur einige der zahlreichen Möglichkeiten, die man über die Online-Funktionen hat, die alle asynchron funktionieren und niemals den Einzelspieler-Fluss unterbrechen. Für jede Aktivität erhält man auch noch eine unterschiedliche Anzahl an Dusty-Tokens, die viele Bonus-Kostüme, -Talismane und mehr freischalten. Wer also wirklich alles in dem Spiel erreichen möchte, der ist schon gute 40 bis 50 Stunden damit beschäftigt.

Zwiegespaltene Steuerung

Durch die Steuerung über den Controller geht wie schon bei „Gravity Rush Remastered” das Ausweichen besser von der Hand, als noch auf dem Handheld. Aber auch ansonsten merkt man dem Spiel an, dass man versucht hat, das volle Potenzial des DualShock 4 auszunutzen. Nicht nur das Touchpad, das man alternativ für das Ausweichen oder das Wechseln der Stile verwendet, wird verwendet, sondern auch die Gyro-Sensoren, die man in den Motion-Comic-Sequenzen oder auch zur Kameraführung im normalen Gameplay anwenden kann. Letzteres kann zum Glück auch einfach in den Optionen komplett ausgestellt werden. Ansonsten ist die Steuerung aber doch wieder etwas ungenau, was aber auch mit dem Spiel-Konzept zusammenhängt. Denn ständig ist Kat in der Luft, dreht sich um sich selbst und da kommt die Kamera nicht immer mit. Zudem versucht sie, immer einen actionreichen Winkel dem Spieler zu präsentieren, was oftmals dazu führt, dass man den Überblick über das Geschehen verliert. Mit ein wenig Eingewöhnung schafft man es aber letztlich auch meist die Kontrolle über die Kamera zu gewinnen.

Ruckler und Ladezeiten aus der Hölle

Kommen wir nun leider zu einem eher weniger erfreulichen Punkt: der Technik. In einem Großteil der Zeit gibt es neben wenigen minimalen Rucklern nur wenig zu meckern, denn die Grafik ist durch viele Partikel-Effekte und dem sowieso schon guten Stil sehr schön anzusehen. Aber bei zu viel Action, was vor allem in den Highlight-Momenten der Fall ist, kann die Framerate sehr stark in die Knie gehen. Teilweise war es sogar so schlimm, dass ich eine Dia-Show für mehrere Sekunden hatte. Auch die Ladezeiten sind nicht immer optimal. Diese reichen von 5 bis 30 Sekunden und vor allem bei der Wiederholung einiger Challenges muss man so lange warten, dass man gar keine Lust mehr hat, für einen einminütigen Versuch fast die Hälfte der Zeit mit einem Ladebildschirm zu verbringen.

Grandioser Klang

Ein gesondertes Lob verdient auch mal wieder der orchestrale Soundtrack, der mit alten und neuen Tracks aufwartet, die die Atmosphäre fast schon alleine tragen. Der Komponist Kohei Tanaka, der auch beim ersten Teil für die musikalische Untermalung sorgte, schafft es erneut den Stil auch auf die akustische Ebene zu übertragen. Wer die Soundtracks aus Spielen wie „Ni No Kuni” mochte, der findet hier sicherlich schon nach kurzer Zeit einige Ohrenschmause, die einen auch über das Spiel hinweg begleiten werden.