Um gleich das Eis zu brechen: „Kingdom Hearts“ ist wohl meine Lieblings-Spielereihe. Diese Aufregung vor dem Release kann kein anderes Spiel bei mir erzeugen, weshalb der sogenannte Hype völlig losbricht. Und dennoch ist die Reihe alles andere als perfekt, man kann in jedem Ableger deutlich die Ecken und Kanten sehen. Deshalb war ich bei der Ankündigung von „Kingdom Hearts HD 2.8: Final Chapter Prologue“ voller Vorfreute, und gleichzeitig auch ein wenig skeptisch, schließlich wird hier auf den ersten Blick nur ein Remaster, ein Prolog und ein kurzer Film ohne die beliebten Helden geboten. Ob Fans sich trotzdem auf das neueste Abenteuer stürzen sollten, oder man auf das Paket auch verzichten kann, haben wir für euch herausgefunden.

Was bisher geschah

Wer glaubt, er könne mit der aktuellsten Veröffentlichung in die Welt von Kingdom Hearts einsteigen, der sollte sofort umdenken. Tatsächlich erfordern nämlich alle drei Titel, welche die Kollektion umfasst, umfangreiches Vorwissen, um die Geschichte wirklich zu verstehen. Am wichtigsten sind dabei „Kingdom Hearts“, „Kingdom Hearts 2“, „Kingdom Hearts: Birth by Sleep“ und mitunter auch „Kingdom Hearts: 358/2 Days“. Das ist nicht unbedingt wenig, dennoch ist „Kingdom Hearts“ eine der wenigen Reihen, bei der man tatsächlich alle Ableger gespielt haben sollte, wenn man die Geschichte nachvollziehen möchte. Umfangreiche Handlungsstränge, die über mehrere Spiele aufgebaut werden und schließlich im großen Finale zusammengeführt werden, sind ein Markenzeichen der Reihe. Das kann man natürlich kritisieren und sich einsteigerfreundlichere Teile wünschen, Fans schätzen genau das hingegen. Zumal man durch die kommende Veröffentlichung der PlayStation 3-Remasters auf der PlayStation 4 fast die gesamte Geschichte auf einer Konsole erleben kann, doch mehr dazu später. Wer die Reihe also noch nicht kennt, sollte beim Lesen dieser Review auch vorsichtig sein, denn natürlich werden Punkte in der Story angesprochen, die man als Spoiler für Nichtkenner bezeichnen kann.

Kingdom Hearts: Dream Drop Distance

Die Reihe ist sich auch im Jahr 2012 treu geblieben, weshalb ein wichtiger Teil exklusiv für den Nintendo 3DS erschienen ist. Nun können allerdings auch endlich Heimkonsolen-Spieler das Abenteuer von Sora und Riku nach den Ereignissen von „Kingdom Hearts 2“ erleben, das die Geschichte von „Kingdom Hearts 3“ aufbaut. Die beiden werden nämlich von Yen Sid auf eine Traumreise geschickt, während der sie diverse schlafende Welten besuchen und diese erwecken müssen. Geplant ist, dass beide am Ende ihre Ziele erreichen und zu wahren Schlüsselschwert-Meistern ernannt werden, so wie Aqua in „Kingdom Hearts: Birth by Sleep“. Zwar reisen die beiden durch dieselben Welten, allerdings in verschiedenen Dimensionen, weshalb sie nicht miteinander kommunizieren können. Wirklich einfach ist die Aufgabe jedoch nicht, denn scheinbar mischen sich mächtige Kräfte ein, und am Ende geht es um weitaus mehr als nur die Meisterprüfung.

Die Geschichte des Spieles ist durchaus umstritten bei den Spielern. Denn während sie tatsächlich damit beginnt, Stränge zusammenzuführen und vor allem den Sinn der Organisation XIII zu erklären, werden ebenso weitere Fragen und Konzepte eingeführt, die nicht unbedingt leicht zu verdauen sind. Tatsächlich erfordert das Spiel einiges vom Publikum, doch wer sich mehr damit beschäftigt, und vor allem alle vorherigen gespielt hat, wird viele scheinbar mysteriöse Wendungen tatsächlich verstehen können. Auf jeden Fall darf man sich auf eine spannende Reise freuen, die nicht nur zahlreiche Wendungen parat hat, sondern auch als langer Prolog zu „Kingdom Hearts 3“ dienen kann.

Eine Reise durch wunderbare Welten

Ein wichtiger Punkt der Reihe ist natürlich die Auswahl der Welten. Tatsächlich ist das Spiel bis heute tatsächlich das einzige Spiel, das auf Nintendo-Konsolen mehrheitlich neue Welten eingeführt hat, was sich sehr frisch anfühlt. Sei es die Fortsetzung der „Tron“-Geschichte, „Die drei Musketiere“ mit klassischen Disney-Charakteren oder auch einer der besten Disney-Filme, „Der Glöckner von Notre Dame“, die Umsetzungen sind großartig geworden und vermitteln den Charme der Reihe perfekt. Lediglich der ewige Kritikpunkt, die Welten seien nicht interaktiv genug, bleibt auch hier bestehen. Doch selbst alte Welten, wie Traverse Town, wurden um neue Gebiete erweitert, während die Stars aus „The World Ends With You“ eine schöne, wenn auch kurze Rückkehr feiern. Das Highlight erlebt man später, in der Fantasia-Welt, die nicht nur einen Klassiker auf interessante Weise umsetzt, sondern auch wunderbare Szenen bereithält.

Das Gameplay ist ein großer Pluspunkt des Ablegers. Dadurch, dass sich die Hauptcharaktere in einem Traum befinden, können sie von Wand zu Wand springen, die Umgebung im Kampf nutzen und auch Spirits erlangen, indem man die richtigen Materialien findet. Diese kleinen Helfer unterstützen Sora und Riku nicht nur als Kampfgefährten, sondern entfalten ihr komplettes Potential in Spezialangriffen, bei denen Sora sie führt, und Riku sie absorbiert. Das Sammeln und Betreuen der Helfer macht sie stärker und ist ein süchtig machender Aspekt des Spieles. Das Kampfsystem erinnert an „Birth by Sleep“ und nutzt erneut Kommandos, um Items, Magie und Spezialangriffe auszuführen. Zudem kann man Sora und Riku nicht unendlich lange steuern, denn wenn sich die Drop-Leiste leert, muss man den Charakter wechseln. Zwar kann man durch das manuelle Umschalten bei Boss-Kämpfen vorausplanen, damit man nicht kurz vor dem Ende in den Schlaf fällt, dennoch kann das etwas stören. Die Entscheidung wurde klar deshalb getroffen, damit das Pacing der Geschichte stimmt, jedoch wäre es ebenso schön gewesen, den Spielern mehr Freiheiten einzuräumen.

Ein gutes Remaster

Es fällt gar nicht so leicht, die vielen verschiedenen Mechaniken des umfangreichen Titels in einen Absatz zu stecken, weshalb wir an dieser Stelle unser Review zur Nintendo 3DS-Version empfehlen wollen. Doch natürlich ist für Kenner und Neulinge sehr interessant, wie sich die Neufassung auf der PlayStation 4 macht. Man darf erstmal beruhigt sein, denn nicht nur wurden alle Texturen bearbeitet, damit sie eher an die anderen Remasters der Reihe erinnern, sondern auch die Bildrate ist mit butterweichen 60 Bildern pro Sekunde ein wahrer Traum. Zwar ist diese nicht unbedingt immer konstant, jedoch stören die vereinzelten Ausfälle überhaupt nicht und erlauben den wohl besten Spielfluss der Reihe.

Auch in Sachen Musik wurde die Qualität einmal mehr verbessert, und man darf den mehr als großartigen Soundtrack nun umso mehr würdigen. Natürlich wird man kein grafisches oder technisches Wunder erwarten dürfen, doch im Vergleich zur originalen Version ist dieses Upgrade durchaus gelungen. Nun erhalten noch mehr Spieler die Chance, in Sachen Geschichte auf den aktuellen Stand zu kommen, denn was hier erzählt wird, darf kein Fan verpassen.

Kingdom Hearts 0.2: A Fragmentary Passage

Wer die aufpolierte Version beendet hat, oder das Spiel bereits erlebt hat, darf sich direkt auf den spannendsten Teil der Paketes freuen. In dem komplett neuen Abenteuer erlebt man nämlich nicht nur erstmals den Grafikstil von „Kingdom Hearts 3“, sondern auch die Fortsetzung von Aquas Geschichte. Diese ist nämlich noch immer im Reich der Dunkelheit gefangen, versucht allerdings alles, um nicht von der Finsternis verschlungen zu werden. Dabei kehrt sie in zerstörte Welten zurück, die diesmal jedoch ineinander übergehen, und darf nicht nur auf einige bekannte Charaktere treffen, sondern auch lernen, dass es noch immer Hoffnung gibt.

Es ist schwierig, die Geschichte anzuschneiden, ohne zu viel zu verraten. Dabei passiert während des eigentlichen Verlaufes eigentlich ziemlich wenig, und die wenigen Momente, die wirklich wichtig sind, überzeugen nicht wirklich. Das liegt einfach daran, dass das Spiel sich keine Zeit nimmt, um Aqua als Charakter wirklich zu fordern, was etwas schade ist, denn so bleibt sie mehr spielbare Figur als tragische Heldin, wie man sie noch aus „Kingdom Hearts: Birth by Sleep“ in Erinnerung hat. Viel Interessanter ist eigentlich, welche Rolle sie bereits in Soras und Rikus Leben eingenommen hat, und vor allem das Ende begeistert dann wieder. Wir wollen an dieser Stelle den Spoilern keine Chance geben, aber wer Fan der Reihe ist, darf sich auf einen grandiosen Epilog in Form einer langen Cutscene freuen.

Eine Gameplay-Demo?

Wenn man ganz zynisch sein möchte, kann man das Spiel eher als Demo für „Kingdom Hearts 3“ bewerten. Tatsächlich ist man nach etwas über zwei Stunden durch, wird aber innerhalb dieser Zeit eine Menge Spaß haben. Aqua ist nämlich nun weitaus agiler, und beherrscht nicht nur den bekannten Luftsprint, sondern auch einen Doppelsprung. Allgemein macht es viel Spaß, sich durch die Umgebungen zu bewegen, auch wenn das natürlich nicht so rasant vonstatten geht, wie im vorherigen Ableger. Interessant ist auch das Kampfsystem, das einerseits die bekannten Menüs für Magie und Items aus den nummerierten Teilen zurückholt, und andererseits die Kommandos aus „Kingdom Hearts: Birth by Sleep“ erneut auftreten lässt. Dabei zeigt sich einmal mehr, wie gut das Kampfsystem funktioniert, wenn besonders in den rasanteren Situationen ist das richtige Abwägen von Angriffen, Ausweichrollen und Blocken besonders wichtig. Dabei sieht das auf dem Bildschirm alles wunderbar aus, wie man es von der Reihe gewohnt ist.

Hat man einmal das Abenteuer beendet, kann man es erneut angehen, um Missionen zu erledigen. Diese handeln meist davon, Items zu entdecken oder Monster zu besiegen, wobei auch Aufgaben zur Bewegung und Umgebung vorhanden sind. Einmal erledigt, schaltet man Kostümteile für Aqua frei, sodass sie Mickey-Ohren und andere Spielereien erhält. Wirklich motivierend ist das leider nicht, denn die Teile sind rein optischer Natur und verbessern ihre Statuswerte nicht. Das ist schade, denn so hat man keinen echten Anreiz, das kurze Abenteuer vollständig zu beenden.

Besserung erwünscht!

Es ist wirklich etwas schockierend, wie instabil die Bildrate ist. In zu vielen Kämpfen verlangsamt sich das Geschehen merklich und stört tatsächlich beim Spielen. Dabei ist die Optik sehr gut gelungen, und obwohl die Umgebungen nicht die farbenfrohesten sind, was mit der Geschichte zusammenhängt, gibt es zahlreiche Details und einen wunderbaren Artstyle, der zwar ungewohnt ist, dennoch zur Reihe passt. Doch gerade das kann man nie ganz genießen, denn von einer stabilen Bildrate kann man nur träumen. Die PlayStation 4 Pro kommt zwar über die 30 Bilder pro Sekunde, ist dort aber ebenfalls nicht stabil, weshalb es dort zu einem noch größeren Störfaktor wird. Hat man das erstmal verdaut, darf man sich auf die gewohnt guten Sprecher und einen traumhaften Soundtrack freuen, der dann doch wieder Lust auf „Kingdom Hearts 3“ macht. Man muss allerdings wirklich hoffen, dass die Entwickler die technischen Probleme bis dahin in den Griff bekommen.

Kingdom Hearts [chi] Back Cover

Den Abschluss mach erneut ein Film, der diesmal allerdings nicht die Geschichte eines Spieles erzählt. Zur Erklärung, während „Kingdom Hearts: 358/2 Days“ und „Kingdom Hearts Re: Coded“ jeweils eine filmische Umsetzung erhalten haben, in denen Cutscenes die Geschichte erzählt haben, handelt es sich bei „Kingdom Hearts [chi] Back Cover“ nicht um die Nacherzählung des Smartphone-Spieles „Kingdom Hearts: Unchained [chi]“ oder des Browser-Spieles „Kingdom Hearts [chi]“. Vielmehr spielt die Geschichte vor und während der Ereignisse dieser Spiele, mitunter auch während dieser. In den [chi]-Spielen darf man nämlich als selbst erstellter Schlüsselschwert-Träger die Welt erleben, als sie noch eins war. Als Mitglied einer Fraktion bekämpft man Herzlose, erfährt jedoch auch mehr über die Hintergründe der Welt, bis schließlich der sagenumwobene Schlüsselschwert-Krieg die Welt zu zerstören droht. Als das sollte man vor dem Beginn des Filmes wissen, denn dieser konzentriert sich eben auf den sogenannten „Master of Masters“ und seinen fünf Schülern, die jeweils die Fraktionen anschließen.

Bereits zu Beginn erfährt man, dass der Meister all seinen Schülern verschiedene Aufgaben erteilt hat, die sie im Falle seines Verschwindens ausführen sollten. Dabei scheint er allwissend zu sein, denn seine Schüler haben Bücher erhalten, in denen der Lauf der Geschichte vorgeschrieben steht. Doch einer der Schüler scheint ein Verräter zu sein, was zum Bruch zwischen den einstigen Freunden führt. Dabei geht es um Intrigen, den Aufgaben des Meisters und seinem sechsten Schüler, Luxu, der ebenfalls verschwunden scheint. Der Zuschauer lernt nicht nur immer mehr über die Persönlichkeiten, sondern muss sich bald fragen, was die größte Gefahr an dem Streit ist.

Gelungene Geschichte mit zahlreichen Fragen

Insgesamt ist der Film gut gelungen. Man lernt fünf wichtige Persönlichkeiten in der Vorgeschichte von „Kingdom Hearts“ kennen, sowie die Zeit vor dem Schlüsselschwert-Krieg. Doch die Show stiehlt hier ganz klar der Master of Masters, der in Rückblenden einen totalen Kontrast zu seinen Schülern darstellt. Er ist verspielt, dusselig und reißt schlechte Witze auf seine lockere Art, doch ebenso kann er extrem ernst sein. Später werden auch einige Fragen geklärt, doch seine wahre Persönlichkeit wird definitiv eine Rolle in „Kingdom Hearts 3“ spielen. Man sieht zwar sein Gesicht nicht, doch wer genau aufpasst, wird selbst in dieser Kollektion zahlreiche Anspielungen finden.

Während man sich über gute Charaktere freuen darf, ist der allgemeine Verlauf der Handlung etwas fragwürdig. Zwar sind die Szenen effektvoll, und die Dialoge lassen einen ständig spekulieren, wer denn nun der Verräter ist. Doch es gibt schlichtweg keinen befriedigenden Abschluss. Das Ende deutet eine immense Bedeutung für das Finale der Xehanort-Saga an, und eine ganze Reihe an Symbolen lässt die Fans spekulieren. Allerdings hört der Film auf, bevor der große Schlüsselschwert-Krieg überhaupt anbricht. Man erlebt eben nicht die eigentliche Geschichte des Browser-Spieles, sondern die Hintergrundgeschichte, die für sich alleine zwar interessant ist, allerdings das benötigte Payoff nicht bietet und somit eine gigantische Lücke entstehen lässt. Wer also jeden Happen an Informationen aufsaugen möchte, kommt nicht drum herum, sich wenigstens die Zwischensequenzen von „Kingdom Hearts“ anzuschauen.

Ein schönes Vergnügen

Optisch kann der Film einiges hermachen. Alle Szenen sehen tatsächlich sehr gut aus und verkörpern den Stil der Reihe, obwohl sich die Optik von Aquas Abenteuer abhebt. Man darf nicht das Feuerwerk eines „Kingsglaive: Final Fantasy XV“ erwarten, dafür aber einen sehr soliden Cutscene-Film. Die Sprecher machen ebenfalls ihren Job gut, wobei der Master of Masters besonders hervorsticht. Hier hat der Sprecher wirklich eine Glanzleistung vollbracht und kann sowohl in den chaotischen als auch ernsten Szenen punkten. Ansonsten ist der Soundtrack ebenfalls sehr gelungen und passt perfekt zu jeder Situation. Im Endeffekt wird hier also die Hintergrund-Geschichte der Browser-Spieles erzählt und erweitert, sodass sich auch „Kingdom Hearts 3“ hier bedienen kann. Und wer weiß, vielleicht dürfen wir auch in dem großen Finale auf die große Schlacht zurückblicken.