Als im Jahre 2014 „Styx: Master of Shadows“ erschien, hatte die Spielerschaft einen der wenigen Current-Gen-Titel, die ausschließlich auf den frischen Plattformen und dem PC liefen. Insgesamt waren PlayStation 4 und Xbox One zu diesem Zeitpunkt, ein Jahr nach der Veröffentlichung, noch nicht von der großen Spieleflut getroffen und manch einer suchte händeringend nach versteckten Juwelen. Dementsprechend durfte „Styx: Master of Shadows“ auf eine Vielzahl von Käufern hoffen, die nach neuem Current-Gen-Material gierten. Mit „Styx: Shards of Darkness“ erschien nun der Nachfolger, der jetzt allerdings bereits auf eine deutlich größere Konkurrenz trifft, gleichzeitig aber an dem Achtungserfolg von „Styx: Master of Shadows“ ansetzen will. Ob der Nachfolger des Stealth-Spiels trotzdem einen Blick wert ist, oder doch lieber in den Schatten versteckt bleibt, erfahrt ihr in unserem Review.

Der grüne Möchtegern-Deadpool

Basierend auf der „Of Orcs and Men“-Welt, übernimmt der Spieler die Kontrolle über Styx, einem Goblin-Dieb, der, im Gegensatz zu seinen Artgenossen, intelligent ist und auch die Sprache beherrscht. Um die Geschichte von „Styx: Shards of Darkness“ verstehen zu können, braucht man den Vorgänger nicht gespielt haben. Auch, weil die Narrative vergleichsweise belanglos wirkt und zu keinem Zeitpunkt wirklich eine Wirkung entfaltet. Styx geht, gierig, wie er ist, einen Handel mit der Offizierin Helledryn ein. Der Dieb soll ihr ein mächtiges Zepter beschaffen, als Gegenleistung verspricht sie ihm eine riesige Menge an Amber, quasi dem „Mana“, aus dem Styx seine Fähigkeiten zieht. Da lässt sich der Kriminelle natürlich nicht zwei Mal bitten. Im Laufe des Spiels wird schnell klar, wer Pate für den kleinen Meistedieb war. Styx zieht ähnlich rotzfreche Sprüche aus dem Hut wie der Marvel-Charakter „Deadpool“ und ahmt ihn auch in seiner ganzen Attitüde nach – zumindest, haben dass die Schreiber hinter dem Spiel versucht. Leider hat man hier zwei kapitale Fehler begangen. 

Einerseits, trifft hier „besser gut geklaut, als schlecht selbstgemacht“ nicht zu, da man am Ende des Tages die deutlich präzisieren und einfach besseren Gags von „Deadpool“ nicht erreichen konnte. Zweitens, hat man es hier auch deutlich übertrieben und ungewollt den Schalter von „spaßig“ auf „nervig“ gestellt. Stirbt man beispielsweise den virtuellen Tod, ächzt Styx ganz gerne gegen den Spieler, gegen das Entwicklerteam oder was ihm sonst so gerade durch den Kopf läuft, jedoch jenseits von jeglicher feinen Klinge, mehr wie ein rebellisches Gör. Zu plump, zu häufig, zu banal, zu unwitzig. Dazu kommen noch Zitate aus der Popkultur, die „fehl am Platz“ kaum lauter schreien könnten und die jegliche Immersion einer Fantasywelt ad absurdum führen. In einer Welt, die von xenophoben, brutalen Menschen bewohnt wird, hat es Styx geschafft, dass nicht diese unbedingt die vom Spieler am ehesten verabscheuten Figuren sein müssen. Zu keinem Zeitpunkt kam bei uns auch nur irgendeine Form der Identifikation mit Styx auf und auch Sympathien oder zumindest Anerkennung waren selten gesehene Gäste.

Im Reich der Schatten

Kommen wir lieber zum spielerischen, denn da hat das Spiel dann doch deutlich mehr auf dem Kasten. Ihr lenkt die grüne Kreatur aus der Third-Person-Perspektive, die glücklicherweise zahlreiche Vorteile für den Spieler gegenüber einer Egoperspektive mit sich bringt. Durch die vergrößerte Übersicht geht aber auch etwas von der Herausforderung verloren, die bockschwere Schleichspiele aus der First-Person-Perspektive mit sich bringen. Die Entwickler drücken euch zahlreiche Werkzeuge in die Hand, damit ihr euch euren Weg durch die Gefahren bahnen könnt. Dabei stellt es euch vollkommen frei, ob ihr beispielsweise die Wachen unbemerkt ausschalten  oder ihnen lieber aus dem Weg gehen wollt. Natürlich könnt ihr auch versuchen, einen mittelalterlichen Rambo zu spielen und den Bullen frontal bei den Hörnern zu packen. Während man in einem Einzelkampf dabei noch vergleichsweise gute Chancen hat, wird man jedoch sehr schnell zahlenmäßig überwältigt, sobald man entdeckt wurde, und die Wachen weisen den Goblin schnell in seine Schranken – Neustart! Da lohnt es sich doch eher, sich aus dem Reich der Schatten inspirieren zu lassen und beispielsweise Fackeln zu entfernen, um die Schatten zu begrüßen oder Lebensmittel zu vergiften, um leise Feinde auszuschalten. Will man möglichst effektiv vorgehen, verbringt man vergleichsweise viel Zeit damit, die Route der Patrouillen auswendig zu lernen oder ihr Verhalten zu studieren, um Lücken in ihrer Deckung ausmachen zu können. Schnell stellt sich das Gefühl einer belohnenden Lernkurve ein.

Es lohnt sich außerdem, immer die eigene Umgebung im Blick zu behalten, da sich manchmal unerwartete Möglichkeiten eröffnen können, die Styx weiterhelfen. Zerbrochene Flaschen dienen beispielsweise als akustisches Ablenkungsmanöver, während sich Styx in kleine Fässer zwängen kann, um eine Patrouille an sich passieren zu lassen, um schließlich ungesehen weiter gehen zu können. Insgesamt hat das Entwicklerstudio einen stärkeren Fokus daraufgelegt, größere Umgebungen, als im Vorgänge, zu erschaffen, was sich wiederum im Spielspaß bezahlt macht. Alles in allem kann das Gameplay durch angenehm cleveres Design überzeugen, dass dem Spieler oft die Wahl lässt, wie er vorgehen möchte, sowie Geduld und Grips belohnt. Wer jedoch ständig nach Action giert, ist hier definitiv falsch. Mehr als einmal negativ aufgefallen ist uns leider die künstliche Intelligenz. Bei einem Stealth-Game ist die Intelligenz der Widersacher ein integraler Bestandteil, ob ein Konzept wirklich gut funktioniert, oder nicht. Zu oft, lassen sich Wachen von zu stumpfen Manövern täuschen oder leiden an starker Sehkraftverlust, wenn man an einem etwas dunkleren Ort an ihnen vorbeigeht. Außerdem hätten wir uns eine etwas knackigere Steuerung gewünscht, gerade bei komplizierten Bewegungsabläufen wirkt alles etwas schwammig,während es unter normalen Umständen sonst ausreichend ist. Dabei hilft auch nicht, dass die Kamera leider manchmal mit mittelschweren Ausfällen zu kämpfen hat, und mehr als einmal der Grund dafür sein kann, dass ein Sprung tödlich für den grünen Goblin ausgeht.

Ich baue mir einen Goblin

In „Styx: Shards of Darkness“ wird der Spieler für besondere Leistungen natürlich auch belohnt. Jede Mission wird daran gemessen, wie lange man gebraucht hat, wie oft man den Alarm ausgelöst hat und wie viele Gegner man eliminiert hat. Wer sein Ziel möglichst schnell erreicht, stets ungesehen bleibt und dabei noch Gnade mit seinen Gegnern zeigt, wird am Ende des Tages mit zusätzlichen Erfahrungspunkten belohnt. Durch diese kann der Spieler Styx weiter verbessern und dabei auch den Charakter nach seinem Belieben beeinflussen. Je nachdem, wie man Styx mit weiteren Fähigkeiten ausstattet, kann man seinen ganz eigenen und persönlichen Spielstil entwickeln. Dies ist auch bitter nötig, schließlich geizt das Spiel nicht beim Schwierigkeitsgrad. Abseits der bereits angesprochenen Aussetzer der künstlichen Intelligenz, muss Styx stets auf der Hut sein. Checkpoints sind vergleichsweise rar gesät, dafür sind die Feinde umso zahlreicher. Das ist definitiv etwas, was wir dem Spiel bis zu einem gewissen Grad zu Güte halten. Der Spieler wird relativ schnell mit komplizierten und fordernden Herausforderungen konfrontiert und muss das Schleichsystem und seine Fähigkeiten entsprechend kennen, um möglichst gut abschneiden zu können. Außerdem bietet das Spiel, ähnlich wie „Hitman: Blood Money“, unterschiedliche Lösungswege, um das Ziel zu erreichen und die verschiedenen Optionen sorgen für eine konstante Lernkurve, die schnell Früchte trägt. Das sorgt dafür, dass es einen gehobenen Wiederspielwert gibt, wenn man der eigenen Neugier freien Lauf lässt, um die verschiedenen Optionen auszuprobieren. Gepaart mit einer Spielzeit von ungefähr zehn bis 15 Stunden, können Freunde der gehobenen Meuchelkunst schnell auf ihre Kosten kommen.

Technik

In technischer Perspektive haben sich die Entwickler keine gröberen Fehler erlaubt. Die Grafik ist, bis auf einige unschönere Texturen, absolut zweckdienlich, wird aber auch niemanden in Ehrfurcht erstarren lassen. Während das Spiel in einer Auflösung von 1080p läuft, kriegt man leider nur 30 FPS serviert. Das dämpft ein wenig den Spielfluss, dafür haben wir zumindest keine wirklichen Ruckler festmachen können. Deutlich negativer fallen hierbei die langen Ladezeiten auf, die umso schwerer wiegen, als dass man die Sprüche von Styx ertragen muss und man, gerade, wenn man ein wenig experimentieren will, definitiv öfter das Bildschirmleben ausgehaucht bekommt.