„Prey“ ist vielleicht kein Shooter, der zu den Meilensteinen gezählt wird, dennoch konnte das Spiel seinerzeit viele Fans durch clevere Mechaniken überzeugen. Ein Nachfolger wurde zwar angekündigt, jedoch eingestellt, weshalb viele nie damit gerechnet hatten, den Namen ein weiteres Mal zu hören. Als dann „Prey“ als Reboot 2016 angekündigt wurde, wussten viele nicht, wo sie den Titel einordnen sollten. In den folgenden Monaten stellte sich tatsächlich raus, dass sich das Spiel von seinen Wurzeln entfernt und seine Inspiration aus „System Shock“ sowie dem geistigen Nachfolger „BioShock“ zieht. Ist diese Neuausrichtung aber auch die richtige Entscheidung gewesen? Das haben wir für euch in vielen beklemmenden Spielstunden herausgefunden.

Alleine im All?

Der Spieler übernimmt die Rolle von Morgan Yu, der endlich die Erde verlassen und die Raumstation Talos I betreten soll. Nach einem ereignisreichen Intro wird jedoch schnell klar, dass nichts so ist, wie es scheint, und Morgan selbst muss seine Erinnerungen zurückerlangen, während sein Bruder scheinbar andere Pläne hat. Doch die Raumstation ist lange nicht mehr die beeindruckende Forschungseinrichtung, denn Aliens haben fast die gesamte Besatzung getötet, und erst im späteren Verlauf erfährt der Spieler, was überhaupt schief gelaufen ist.

Die Geschichte soll hier nur vage beschrieben werden, denn sie lebt von den Überraschungen, mysteriösen Andeutungen sowie einigen Twists, die alles, was man sieht, hinterfragen. Es fehlt zwar ein wirklicher Gegenspieler, wie man es aus den geistigen Vorgängern gewohnt ist, dennoch können die Charaktere überzeugen und die zahlreichen Geheimnisse wissen zu motivieren. Jede E-Mail, jeder Audiolog und natürlich auch die Umgebung erzählen die Ereignisse, jedoch wird nie zu viel verraten, sodass man bis zum Ende gespannt bleibt. Zudem kann es tatsächlich sein, dass man die Geschehnisse in einem anderen Licht sieht, wenn man einige Nebenquests verfolgt. Auch die anderen Charaktere, die man trifft, bieten oft nette Überraschungen. Zwar erhält man nicht immer eine eindeutige Erzählweise, doch das Storytelling funktioniert dennoch sehr gut.

Die Talos I

Das wahre Highlight ist jedoch die riesige Talos I, die der Spieler erkunden darf. Dabei sind die zahlreichen Abteile durchaus unterschiedlich gestaltet, während die Übergänge dennoch glaubwürdig erscheinen. Auch die Offenheit ist ein großer Pluspunkt, denn den einen richtigen Weg gibt es oftmals nicht, und man darf selbst Wege erkunden und schauen, wo diese hinführen. Die Geschichte weiß, den Spieler zu leiten, und einige Bereiche sind natürlich erst im späteren Verlauf erreichbar. Wer jedoch mit der Gloo-Kanone hantiert, die zementartige Blöcke verschießt, die an Wänden härten, kann schon früh seinen Erkundungstrieb ausleben.

Wen hingegen diese Offenheit eher abschreckt, der braucht ebenfalls keine Angst haben. Man wird eigentlich nie dazu gezwungen, den eigentlichen Pfad zu verlassen, und dank Questmarker ist auch immer klar, wo sich das Ziel befindet. Das ist in den ersten Stunden sogar zu empfehlen, wenn man wirklich alle Spielmechaniken erlernen möchte, denn einige davon gibt es erst zu bestimmten Zeitpunkten in der Geschichte. Auf jeden Fall bleibt die Talos I ein wunderbarer Schauplatz, den man sicherlich nicht so schnell vergessen wird.

Das Alien in dir

Natürlich erkundet man nicht nur die Raumstation, denn die Aliens namens Typhon sind eine ständige Bedrohung. Am markantesten sind dabei die Mimics, die zwar klein sind, dafür aber unglaublich agil. Diese machen den Spieler geradezu paranoid, denn sie verwandeln sich in alle möglichen Objekte, und in den ersten Stunden muss man sich ständig in Acht nehmen, denn sie verwandeln sich erst spät in ihre eigene Form zurück. Das ist effektiv und bringt eine riesige Portion Horror in das Spiel. Oftmals ist man am besten damit bedient, sie durch die Gloo-Kanone bewegungsunfähig zu machen, doch bei einer hohen Anzahl kann auch das zum Problem werden.

Ansonsten gibt es noch weitere Arten der Typhon, die allerdings weniger spektakulär sind. Während einige einfach nur stark, schnell oder groß sind, gibt es noch einige weitere mit besonderen Fähigkeiten, die leider nie so kreativ sind wie die Mimics. Noch vorhersehbarer sind die korrumpierten Roboter, die ebenfalls nicht gerade zu den spannendsten Kämpfen einladen. Sowieso ist das Zielen mit dem Controller gar nicht so einfach, da die Gegner oft sehr schnell sind und man somit das Zielen mit Stick perfekt beherrschen muss, um nicht die Munition zu verschwenden. Die Kämpfe resultieren somit oft in wildem Herumfuchteln, bis man weitere Fähigkeiten erhält, was durchaus zu Frust führen kann.

Mehr als ein Weg

Die Waffen sind ebenfalls ein interessantes Thema. Jede davon hat ihre eigenen Eigenschaften, doch so kreativ wie die Gloo-Kanone sind die weiteren nicht unbedingt. Dafür muss man ständig auf seine Munition achten, denn diese ist rar und wird vor allem in den heikleren Stellen benötigt. Doch auch hier wird das Spieldesign ausgeschöpft, da der frontale Kampf nicht wirklich die cleverste Methode ist. Das Schleichen ist ein großer Bestandteil von „Prey“ und wird vor allem mit späteren Fähigkeiten sehr interessant. Wer seine Neuromods richtig verteilt, kann das Schleichen sogar zu einer Übermacht verwandeln, und man wird mit geheimen Wegen und geringem Munitionsverbrauch belohnt, wenn man sich richtig anstellt. Sollte alles verloren scheinen, bleibt auch noch die Flucht, die durchaus Vorteile bietet, um das gelernte beim nächsten Schlag zu verarbeiten.

Wirklich problematisch werden die Kämpfe später dennoch. Schnell erkennt man, dass die Kämpfe recht eintönig sind, und einige Gegner eher nervig daherkommen anstatt strategische Herangehensweisen zu motivieren. Das wird zwar mit Skillbäumen, die später freigeschaltet werden, vielfältiger, doch wirklich spaßig sind die recht häufigen Kämpfe nicht unbedingt. Es wird leider mehr Vielfalt versprochen, als geboten wird, was frustriert. Dennoch macht es Spaß, mit den Kräften herumzuspielen, vor allen in den Rätseln, die durchaus ihre kreativen Momente haben und das Gameplay erheblich abwechslungsreicher gestalten. In den finalen Stunden entfaltet sich dann auch das Kampfsystem, wenn man wirklich alle Fähigkeiten nutzen kann und somit das Potential ausschöpfen darf. Schade nur, dass sich dies erst so spät bezahlt macht.

Die einfallslosen Bedürfnisse 

Alles andere als abwechslungsreich sind die Nebenquests. Zwar gibt es einige Highlights, die meisten davon bestehen jedoch daraus, Charakteren bestimmte Objekte zu beschaffen oder Gegner zu besiegen. Es ist schön, dass man dadurch mehrere Besatzungsmitglieder trifft, leider wirken diese aber zu langweilig und können nur bedingt unterhalten. Dabei wäre sehr viel mehr möglich gewesen. Dennoch sollte man für das Finale die Bitten nicht ignorieren. Auch wenn diese Nebenquests manchmal nicht viel bieten und das Spiel strecken, erforscht man dennoch dabei noch mehr von Talos I, und das großartige Level-Design wird dabei weiter ausgeschöpft.

Ein wenig problematisch wird das Design in Sachen Weltraum. In einigen Quests muss man nämlich auch die Station verlassen und im Weltraum spazieren gehen, was sich aber extrem träge steuert. Zwar ergibt das auf dem Papier Sinn, die Passagen verlangsamen das Tempo aber extrem und das Navigieren zu Punkten und Objekten ist eher verwirrend und verlängert diese optisch opulenten Wege zu sehr. Ansonsten macht das Herumlaufen Spaß, egal ob man klettert, läuft, sich duckt oder das Jetpack nutzt.

Ein Kampf ums Überleben

Wer bei „Prey“ einen Shooter erwartet, ist auf jeden Fall an der falschen Adresse. Das Spiel bietet nämlich viele Rollenspielelemente, allen voran den bereits erwähnten Talentbaum, der Vielfalt in Sachen Herangehensweise ermöglicht. Dazu braucht man Neuromods, die überall verteilt sind, sich aber auch selber craften lassen. Alle Objekte lassen sich nämlich durch einen Recycler in Rohstoffe verwandeln, die wiederum dazu benötigt werden, Gegenstände an Maschinen zu erschaffen. Dazu zählen sowohl Neuromods, die Waffen aber auch Munition sowie allerlei andere nützliche Sachen, die man dringend benötigt. Um sie zu bauen, braucht man jedoch erst die Pläne, die mitunter gut versteckt sind. Auch die richtigen Objekte müssen erst gefunden werden, die durch den Recycler die benötigten Rohstoffe ausgeben, was wirklich dazu motiviert, alles einzusammeln, denn selbst Schrott hat hier einen Zweck.

Ansonsten darf man noch Chips sammeln, die Morgan verbessern, sowie Waffen aufwerten, damit diese schneller laden oder mehr Schaden machen. Man muss also wirklich vorausplanen, in welchen Talentbaum man Neuromods investiert, um auch das Crafting zu erleichtern. Das verbessert wiederum die Spielwelt erneut, da man wirklich jede Ecke erkunden will, um alles mitzubekommen und bloß keine möglichen Lebensretter zu verpassen. Man sollte sich deshalb aber auch immer bewusst sein, wie rar zum Beispiel Kugeln sein können, und bloß nichts verschwenden. Selbst auf dem niedrigsten der vier Schwierigkeitsstufen wird einem kein Spaziergang geboten, denn hier kommt der Survival-Aspekt wirklich zum Tragen.

Technik

Optisch ist „Prey“ zwar gelungen, aber nicht unbedingt auf dem Stand vieler anderer aktueller Grafikbomben. Die Umgebungen sind schön gestaltet, wirklich bombastisch wirkt hier aber nichts, und die Texturen könnten ein wenig kräftiger sein. Dafür ist die Bildrate relativ stabil, wobei wir auch kleinere Aussetzer erlebt haben. Wirklich gut ist aber das Gegnerdesign sowie deren Animationen, die wirklich eine Gefahr vermitteln. Der Soundtrack weiß ebenfalls das Geschehen zu untermalen, und die Sprecher machen selbst in der deutschen Fassung einen guten Job.

Die Steuerung ist recht problematisch. Da es keine Zielhilfen gibt und die Gegner sich extrem schnell bewegen, verliert man schnell die Übersicht und kann in Kämpfen auch nur schwer wirklich mit jedem Schuss einen Treffer erzielen. Zudem gibt es einen Input-Lag, der zwar durch einen Patch verbessert, jedoch nicht komplett behoben wurde, was das Spielgeschehen negativ beeinträchtigt. Ebenso ärgerlich sind die Ladezeiten, die zwar nur beim Betreten großer Gebiete kommen, dafür aber mitunter über eine Minute andauern, was besonders ärgerlich ist, wenn man gleich mehrere in kurzer Zeit durchqueren möchte.