Die „Guardians of the Galaxy“ haben 2014 die Kinoleinwände erobert und sind seitdem auch jedem ein Begriff, der nie einen Comic in der Hand gehalten hat. Während aktuell der Nachfolger versucht, diesen Erfolg zu wiederholen, hat das Team von Telltale den Versuch gewagt, die Heldentruppe auch auf die heimischen Konsolen zu bringen. Ob das dem Studio, das durch die Vielfalt an Umsetzungen verschiedener Marken berühmt geworden ist, auch gelungen ist, haben wir für euch herausgefunden.

Achtung: veränderte Review-Struktur!

Bevor wir mit unserem Test beginnen, wollen wir auf unsere etwas veränderte Struktur hinweisen. In der Regel decken wir in unseren Testberichten das Gesamtpaket eines Spieles ab. Da bei „Guardians of the Galaxy: The Telltale Series“ ein Episoden-Format zum Einsatz kommt, stellen wir an dieser Stelle lediglich den Inhalt der jeweiligen Episode vor. Ausführliche Informationen zum kompletten Paket mit Verweisen auf die einzelnen Episoden findet ihr unter folgendem Link:

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Da bei „Guardians of the Galaxy: The Telltale Series“ die Geschichte und die Entscheidungen stark im Vordergrund stehen, wollen wir darauf hinweisen, dass dieses Review Spoiler enthalten kann, wobei wir uns stets bemühen, diese möglichst gering zu halten.

Thanos und die mysteriöse Macht

Das Team dieser Version der „Guardians of the Galaxy“ besteht aus dem, das man aus den Kinofilmen kennt. Man befindet sich also als Star-Lord zusammen mit Drax, Gamora, Groot und Rocket mitten im Weltall, als die Truppe einen Hilferuf eines Nove Corps Teams erhält. Diese befinden sich im Kampf mit Thanos und brauchen dringend Hilfe, um in Sicherheit gebracht zu werden. Natürlich läuft nicht alles wie geplant, und die Helden finden sich schnell im Kampf gegen Thanos wieder. Es ist jedoch nicht unbedingt der Erzfeind der Gruppe, der alles auf den Kopf stellt und das Hauptthema der Reihe ist. Das mysteriöse Artefakt, das Thanos für sich gewinnen will, besitzt nämlich eine Macht, vor der selbst Star-Lord erzittert. Natürlich gibt es eine viel gefährlichere Gruppe, die dieses besitzen will, und erst gegen Ende der Episode wird klar, wie gefährlich das neueste Abenteuer der Gruppe werden wird. 

Die Geschichte in der ersten Episode verfügt nicht unbedingt über das beste Pacing. Tatsächlich beginnt das Abenteuer recht spektakulär, doch der Kampf gegen Thanos ist bei weitem nicht so aufregend, wie man ihn sich vorstellen würde. Das macht zwar aufgrund der Situation durchaus Sinn, dennoch fühlt es sich so an, als ob hier eine große Chance für einen epischen Start verspielt wurde. In der zweiten Hälfte beginnen jedoch die Längen, denn hier wird merklich alles für das eigentliche Abenteuer aufgebaut, weshalb die Episode für sich genommen recht vorhersehbar ist, bis auf zwei Twists, deren Auswirkung sich allerdings erst noch beweisen müssen.

Ernster Humor

Spaß hat man dennoch mit dem Einstieg. Es sind eben die actionreicheren Szenen, die wirklich etwas hermachen. Dafür sind die ruhigeren Momente mit der Gruppe ein wenig zu anspruchslos, und leider kommt die lockere Gruppendynamik nie wirklich so leicht herüber, wie sie sein müsste. Zwar können gerade Rocket Raccoon und Groot überzeugen, das aber auch nur, weil deren Charakter nicht unbedingt viel Spielraum bietet, um in knapp 90 Minuten wirklich zu überraschen. Am ärgerlichsten ist vielleicht, dass der Humor zu platt herüberkommt. Es ist verständlich, dass hier nicht derselbe Humor eines „Tales of the Borderlands“ funktionieren würde, aber die Balance zwischen den ernsten Momenten und den humorvolleren Sprüchen, von denen nur die wenigsten mehr als ein müdes Lächeln hervorbringen, ist nicht gegeben.

Dafür überzeugen die Rückblenden. Hier wird der Ton harmonischer und düster zugleich, weshalb es nicht wirklich schlimm ist, dass es gleich zwei davon gibt. Ohne zu viel zu verraten, ist wohl sicher, dass genau in diesen Momenten eine unglaubliche Spannung aufkommt, wegen der man durchaus gespannt auf die zweite Episode sein kann. Die Kampfszenen hingegen wirken zu typisch für Telltale Games und sind was Inszenierung angeht bisher nur Beiwerk. Alles in allem hätten der ersten Episode ein besseres Pacing und weniger vorhersehbare Entwicklungen gut getan. Eben diese Kritikpunkte lassen sich aber auch am meisten verschmerzen, da es sich hier nur um den Anfang der Geschichte handelt, deren Ausarbeitung sich in den folgenden Episoden beweisen muss.

Kleine Neuerungen in der Formel

Wer ein modernes Spiel von Telltale Games kauft, der erwartet sicherlich keine gut ausgearbeiteten Rätsel wie in den drei Staffeln von „Sam & Max“, dennoch benötigt die Formel, die seit „The Walking Dead“ kaum verändert wurde, eine Überarbeitung. Es ist geradezu schleppend, wenn die einzige Herausforderung daraus besteht, die richtigen Knöpfe zu drücken, oder Objekte zu suchen, ohne das Hirn nutzen zu müssen. Während die Dialoge und Kampfszenen allerdings weiterhin gut im Genre funktionieren, sind die Momente, in denen man Star-Lord durch kleine Räume bewegen kann, ein weiteres Mal eher ermüdend und bremsen das Tempo stark aus.

Dabei sind durchaus interessante Neuerungen eingeführt worden, die Potential bieten. Man kann per Funk optionale Gespräche mit Teammitgliedern führen, vergangene Ereignisse per Knopfdruck bruchstückhaft anzeigen lassen, was in der ersten Episode nicht gerade gut eingeführt wurde, und sogar fliegen. Dabei läuft man eigentlich normal durch die Szene, nur kann man zwischen verschiedenen Ebenen wechseln. Für mehr als das Suchen verschiedener Objekte wird das zwar nicht genutzt, jedoch dürfte es interessant bleiben, wie die Macher das erweitern werden.

Technik

Obwohl wir weniger Fehler beobachtet haben, als in den vergangenen Spielen, ist es wirklich frustrierend, die typischen Bildfehler, Ruckler, Pausen und falschen Bewegungen der Charaktere zu sehen. Dabei wäre das Spiel ohne diese Probleme wirklich beeindruckend, denn neben einem sehr gut gewählten Grafikstil, der den Mix aus Comic und Kinofilm einfängt, sind einige Szenen wirklich sehr schön gestaltet und überzeugen durch viele Farben und eine Menge Geschehen. Leider wird das alles so sehr heruntergezogen, dass man diese selten genießen kann, vor allem mit den Animationen und der Bildrate gibt es in normalen Gesprächen oft katastrophale Probleme.

Sehr gut hingegen sind die Sprecher, die ihre Sätze sehr authentisch vortragen, sowie der Soundtrack, der einige stimmungsvolle Lieder bereithält, die auch ernsten Szenen eine gewisse Leichtigkeit verleihen. Hier wurde wirklich jedem Charakter die richtige Stimme verliehen, um die perfekte Atmosphäre zu liefern, die nur durch die Bildrate zerstört wird.