Bereits vor knapp fünf Jahren debütierte „Freedom Planet“ als ein kleines Indiespiel in Demoform im Geiste der alten „Sonic the Hedgehog“-Spiele für den PC. Ursprünglich tatsächlich als Fangame rund um den blauen Igel gedacht, erkannten die Entwickler von GalaxyTrail zügig, dass hier mehr drinnen steckt, als eine simple Homage an längst vergangene Zeiten. Kurzum: Aus „Freedom Planet“ wurde eine eigene Marke, wobei man gleichzeitig das große Idol von SEGA nicht unter den Teppich kehren wollte. Der zweite Teil ist bereits in der Mache, während der Erstling nun nach einer längeren Verspätung auch sein Debüt auf Sonys schwarzem Flaggschiff feiert. Da stellt sich natürlich die Frage, ob der Spagat zwischen Eigenständigkeit und den großen Fußstapfen des blauen Vaters des Gedanken geschafft werden konnte. Unsere Meinung zu dem 2D-Abenteuer, findet ihr in unserem Review.

Mayday, Mayday!

Man kann sich denken, dass die Geschichte des Spiels vermutlich nicht der tragende Pfeiler des Erlebnisses ist. Nichtsdestotrotz, wollen wir sie euch ein Stück näherbringen. Die Geschehnisse finden auf dem fernen Planeten Avalice statt, der von anthropomorphischen Kreaturen bewohnt wird. Was kann man sich darunter vorstellen? Quasi „Sonic the Hedgehog“ in allerlei möglichen Tierformen. Außerdem wird der Planet zurzeit von einem Krieg dreier Parteien heimgesucht: Shuigang, Shang Mu und Shang Tu konkurrieren um die Vorherrschaft der Macht. Der böse Kriegsherr Brevon stürzte die Königreiche in einen fatalen Konflikt, um in den Wirren des Krieges den „Kingdom Stone“, ein mächtiges Artefakt, das eigentlich für Frieden auf dem Planeten sorgen soll, für sich zu beanspruchen. Ein Außerirdischer namens Torque soll ihm jedoch das Handwerk legen und dringt in den Luftraum des fremden Planeten ein. Die heimische Flugabwehr ist naturgemäß wenig begeistert und schießt Torques Stahlvogel kurzer Hand vom Himmel, der Adler geht in die Bruchlandung über. Dort wird er von Sash Lilac, einem drachenähnlichen Wesen, das eigentlich gar nicht so drachenähnlich aussieht, und Carol Tea, einer Wildkatze, gerettet, die er darum bittet, ihn bei der Suche nach dem „Kingdom Stone“ zu unterstützen. Zunächst begegnen sie dieser Aufgabe mit einer großen Portion an Skepsis, schließlich können sie sich nicht vorstellen, dass der „Kingdom Stone“ tatsächlich In Gefahr sein könnte. Dies ändert sich natürlich schlagartig, als sie dem Diebstahl quasi in erster Reihe beiwohnen. Es entfaltet sich eine Geschichte, die auch den Krieg auf dem Planeten thematisiert, sowie weitere Hintergrundinformationen zu Torque enthüllt.

Für diese Art Spiel hat man sich zwar sichtlich Mühe gegeben, dem Spielkonzept auch einen interessanten geschichtlichen Rahmen zu geben, scheitert aber insgesamt dann doch. Dabei hat man zusätzlich ein wenig das Tempo aus den Händen gegeben. Während einige Teile des Spiels mit wenigen Informationshappen zur Geschichte bespielt werden, erschlagen andere Abschnitte den Spieler geradezu mit den Ereignissen und reißen ihn aus dem Spielerlebnis. Gerade wegen der Natur des Spielgenres und dem doch stellenweise etwas peinlichen Voice-Acting, wird die eigentliche Geschichte eher in den Hintergrund gedrängt, denn das Gameplay an sich ist ganz klar der Star des Spiels.

Auf Erkundungstour

Der Spieler steuert einen von insgesamt drei Charakteren, die ihre unterschiedlichen Charakteristika vorzuweisen haben. Dadurch gibt es auch den Anreiz, das Spiel öfter als einmal durchzuspielen. Während Torque auf ein breites Waffenarsenal zurückgreifen kann und Lilac beispielsweise der schnellste Charakter ist und zusätzlich mit einem Boost für ein Geschwindigkeitsgefühl wie in „Sonic the Hedgehog“ sorgt, sind die Angriffe von Carol deutlich zackiger in der Ausführung. Milla wiederum kann gegnerische Angriffe zurückwerfen und Doppelsprünge ausführen, um an schwer erreichbare Stellen zu gelangen. Die Level und Areale fallen vergleichsweise üppig aus und laden zum Erkunden ein. Je nachdem, welchen Charakter ihr steuert, könnt ihr Bereiche finden, die euch vielleicht im vorherigen Spieldurchgang verwehrt blieben. Für ein Spiel dieser Art ist der Erkundungsaspekt schön ausgeprägt und fügt eine weitere Schicht zu dem dick belegten Gameplay-Baguette hinzu. Problematisch dürfte es für Fans von knackigen, kurzen, einfach typischen Arcade-Level werden. Doch erst in Kombination mit den spaßigen und fordernden Jump’n’Run- und Kampfpassagen geht der Mix aus verschiedenen Elementen wirklich auf.

Mega-Drive-Mega-Action

Dabei ist „Mix“ genau das Stichwort für „Freedom Planet“. Man hat sich bei der Gestaltung des Spiels bei vielen Klassikern der legendären 16bit-Ära bedient. Egal, ob „Sonic the Hedgehog“, „Mega Man“ oder „Rocket Knight Adventure“, die Liebe des Entwicklerteams besonders zu SEGAs Mega Drive ist an jeder Ecke und Kante des Spiels zu erkennen. Während der Spieler verschiedene Areale bestreitet, die durch Kreativität und Liebe zum Detail zu Gefallen wissen, muss man in typischer Manier Hindernisse überwinden und Gegner besiegen. Schnell kommt man in einen Spielerausch aus springen, angreifen, rennen, springen, angreifen, rennen, der leider etwas zu oft von unnötig langen und langweiligen Dialogen unterbrochen wird. Die Kampfmechanik funktioniert sehr einprägsam und lädt durch die verschiedenen Fähigkeiten und Möglichkeiten der Charaktere zum Experimentieren ein. Auch die Platformer-Mechanik reiht sich nahtlos in das Gesamtbild ein, die Steuerung geht überraschend angenehm von der Hand. Ein weiterer wichtiger Baustein sind natürlich die Bosse, die es nicht zu knapp gibt. Die meisten davon sind gelungen und fordernd zugleich, bei dem ein oder anderen Endgegner hat man es sich aber verscherzt. Gerade gegen Ende des Spiels wird es stellenweise regelrecht unfair, was für einen bitteren Nachgeschmack in einem sonst gelungenen Konzept sorgt. Abseits davon, hätten wir uns auch etwas gewagtere, frischere Konzepte gewünscht, andererseits ist gut kopiert besser als schlecht selbst gemacht.

Technik

Wer in den letzten Jahren einfach nicht genug von der 16-bit-Optik bekommen hat, trotz zahlreichen Spielen besonders aus der Indie-Szene, kommt hier einmal mehr auf seine Kosten und leider etwas zu sehr. Während die eigentliche grafische Gestaltung eine nette Hommage an die Klassiker vergangener Zeiten sind, ist das Spiel stellenweise doch etwas sehr pixelig, dafür kann man insgesamt mit einem bunten und kräftigen Auftreten punkten. Im Musikbereich hat man sich naturgemäß ebenfalls mit schnellen Ohrwürmern an die Mega Drive-Zeit orientiert, die das Action-Gameplay die meiste Zeit herrlich untermalen.