Walking Simulator wirken für einige Spieler wie die langweiligste Form ihres Lieblings-Mediums. Tatsächlich besitzen sie aber die Macht, unglaubliche Geschichten zu erzählen und eine Atmosphäre zu erzeugen, bei der jede Art von spielerischer Herausforderung kontraproduktiv wäre. „The Town of Light“ weiß genau um diese Wirkung und bietet deshalb ein Spiel mit wenig Interaktion, dafür aber einer atemberaubenden Geschichte, basierend auf wahren Begebenheiten. Ist das Projekt jedoch gelungen, oder eher ein Argument für die Feinde des Genres? Wir sind in die alte Nervenheilanstalt gereist und haben den Horror erlebt.

Die Vergangenheit von Heute

Der Spieler steuert eine Person, die aus einem unbekannten Grund eine alte Nervenheilanstalt aufsucht. Dabei gibt es zwar eine Erzählerin, das Spiel verwirrt jedoch bereits zu Beginn und lässt den Spieler rätseln, wen er selber eigentlich kontrolliert. Das ist allerdings eher eine Stärke, denn durch einige Dialoge, alte Aufzeichnungen und diverse Erinnerungen erlebt man so eine surreale und doch realistisch erzählte Geschichte, während der man alle Puzzle-Stücke selber zusammensetzen muss um herauszufinden, was in der Anstalt vorgefallen ist.

Die Anstalt selber ist dabei ein Ort voller Geschichten, die nicht ausgesprochen werden müssen, um ihren Effekt zu entfalten. Überall sieht man zerstörte Überreste einer Zeit, die als dunkles Kapitel in der Weltmedizin gehandelt wird. Nicht ohne Grund, denn die Macher haben sich lange Zeit ausführlich mit der historischen Aufarbeitung des Themas beschäftigt. Die erzählte Geschichte mag deshalb frei erfunden sein, beinhaltet jedoch Einflüsse der realen Ereignisse und folgt somit einer Handlung, die trotzdem realistisch ist.

Beeindruckende Dramaturgie

Das merkt man auch an der Erzählerin, die sich zwar erinnert, in der Vergangenheit selber einmal in der Anstalt gewesen zu sein, dennoch weiß sie nicht mehr genau, was alles dort vorgefallen ist. Nach und nach erlebt man selber diese Erinnerungen, entweder durch abstrakte Bilder, monochrome Szenen oder Akten, die einem vorgelesen werden. Die akkurate Darstellung der geistigen Erkrankung können wir zwar nicht bewerten. Dennoch fühlt man tatsächlich mit und versteht die Sichtweise der Opfer, die unbeschreibliche Qualen durchgemacht haben,

Die starke, wenn auch bruchstückhafte und abstrakt erzählte Geschichte wird durch eine düstere Atmosphäre unterstützt, die aber nicht wirklich in das Horror-Genre einzuordnen ist. Man weiß, dass man alleine an diesem zerstörten Ort ist, und die Macher verzichten auf Jumpscares. Die brutalsten Szenen, die tatsächlich aufgrund der Thematik verstörend wirken können, werden nicht animiert, sondern nur gezeichnet, entfalten dennoch ihre Wirkung. Die Kulissen sind beängstigend, allerdings durch ihren realistischen Bezug. Es ist wahrlich beeindruckend, was die Macher hier geschaffen haben.

Das problematische Gameplay

Es tut selten so weh, ein Spiel dermaßen kritisieren zu müssen, das eine so fantastische Geschichte erzählt. Dennoch läuft ein ganzer Haufen schief, und das beginnt bereits beim Gameplay selber. Zwar ist die Bewegungsgeschwindigkeit solide, dennoch wird es eine Qual durch die Korridore zu wandern. Das liegt an der Unklarheit im Design, vor allem mit welchen Objekten man interagieren kann. Bereits zu Beginn muss man eine Puppe an einen warmen Ort bringen, jedoch sucht man länger als nötig nach dem passenden Platz sowie Gegenstand, mit dem man interagieren kann. Diese heben sich überhaupt nicht vom Rest ab und somit wandert man oft ahnungslos umher, um voranschreiten zu können.

Ebenso ist das Hinweissystem eine Qual, denn dieses wird zu spät eingeführt und sagt oftmals überhaupt nichts aus. Während offensichtliche Wege schnell deutlich werden, sind die komplizierteren Stellen dermaßen schlecht erklärt, dass man frustriert das knapp zwei Stunden lange Spiel pausiert. Zudem ist die Steuerung manchmal schlicht grauenvoll, wenn man zum Beispiel einen Rollstuhl schiebt, dabei die Blickrichtung und Schieberichtung allerdings komplett unterschiedlich sind. Die Umgebungen sind großartig, das Navigieren durch diese aber schlicht frustrierend. Auch die Entscheidungen werden nicht genug erläutert, sodass man nie weiß, was man nun eigentlich verändert hat.

Eine katastrophale Portierung

Während man die Mängel am Design noch entschuldigen könnte, ist der Port auf die PlayStation 4 eine der dramatischsten Katastrophen, die man sich vorstellen kann. Das beginnt bereits mit den Texturen, die manchmal ausbleiben, verschwinden oder viel zu spät aufploppen. Allgemein wird dadurch das Artdesign vernichtet, denn zahlreiche Grafikfehler sowie eine fürchterliche Kantenglättung machen es schwer, die Ortschaften ernst zu nehmen. Auch die Steuerung ist eher unzuverlässig und bietet neben einer Verzögerung sogar Aussetzer bei der Registrierung von Befehlen.

Den Vogel schießt aber die Bildrate ab. Diese erreicht zu keiner Zeit 30 Bilder pro Sekunde, was schon beeindruckend bei einem Spiel ist, das keinerlei Animationen in den Gängen der Anstalt bietet. Dadurch wird es eine echte Qual, der Handlung zu folgen oder auch nur die Umgebung zu genießen, denn zusätzlich gibt es noch regelmäßige Einbrüche, bei denen das Spiel fast still stehen bleibt. So kann man einen Titel dieses Genres einfach nicht spielen und die zwei Stunden wirken wie eine Ewigkeit. Auch die deutschen Sprecher können die Geschichte nicht authentisch vermitteln; lediglich der Soundtrack verdient ein Lob