Auf der PlayStation 3 und PlayStation Portable hatte Sega mit „Valkyria Chronicles” eine knallharte Strategie-Reihe ins Leben gerufen. Nach nur mäßigem Erfolg wurde es einigermaßen still um das Franchise, das letztes Jahr mit einem Remastered des ersten Ablegers für die PS4 wieder ins Gespräch gebracht wurde. Anlass dafür war das neueste Spiel „Valkyria Revolution”, das nun in den Startlöchern auch für den Westen steht. Ob der Wechsel zu einem Action-RPG mit weniger Taktik-Einschlag gelungen ist, zeigt die folgende Review.

Ein fiktiver Krieg in einem fiktiven Europa

Wir schreiben das Jahr 1853 EC und in Europa herrscht fast ausschließlich das Ruzi-Imperium. Jedoch startet das Königreich Jutland eine Offensive gegen die Herrscher und zieht somit in einen Krieg. Angeführt wird das Land von einem Trupp, der geschaffen wurde, um gegen die Valkyria zu kämpfen. Diese sind eine Einheit mit magischen Kräften, die ganze Armeen ausschalten können. Angeführt wird der Trupp, in dem auch die Prinzessin Jutlands kämpft, von Amleth, der noch ein dunkles Geheimnis mit sich trägt. Denn er ist ein Teil von fünf Verrätern, die in verschiedenen Positionen in Jutland dafür sorgen, dass der Krieg so verläuft, dass sie ihre eigenen Ziele durchsetzen können. Welche das sind, muss man schon selbst herausfinden.

Die Geschichte wird in einer leicht abgewandelten Form von „in medias res” erzählt. Denn zunächst sieht man, wie nach dem Krieg am Grabstein der fünf Verräter ein Student mit seiner Professorin über die Ereignisse diskutiert sowie die eigentlich wahre Geschichte dahinter aufdecken, die in Geschichtsbüchern nicht zu finden ist. Dadurch wechselt man immer wieder zwischen den beiden Zeiten und bekommt Hintergrundinfos aus beiden Jahren geboten. An sich kann man der Geschichte auch wirklich gut folgen, aber sie bekommt, wie schon beim ersten Teil eine sehr hohe Gewichtung spendiert, weshalb man am Ende mehr schaut als spielt. Gerade am Anfang ist das Verhältnis von Cutscenes so hoch, dass man schon mindestens dreißig bis vierzig Minuten nur schaut und dann vielleicht fünf bis zehn Minuten spielt. Dazu kommt, dass man am Ende eines Kapitels auch noch weitere Cutscenes mit Hintergrundinformationen freischaltet, damit man nicht noch länger ohne Gameplay warten muss. Man muss also einiges an Sitzfleisch mitbringen, denn die Dialoge sind auch sehr langatmig und immer mit einer Menge seriöser Politik gespickt. Aber das war der erste Teil auch schon, also sollten Kenner nicht allzu sehr davon überrascht sein. Nur einer Sache sollte man sich bewusst sein: Das Spiel bietet ausschließlich englische Bildschirmtexte sowie wahlweise eine englische oder japanische Synchronisation.

Kein Strategie-Spiel mehr

Die wohl größte und vor allem auch wichtigste Änderung findet sich aber im Kampfsystem wieder. Dieses ist nun kein knallharter Action-Strategie-Hybrid mehr sondern ein simples Action-RPG, das leicht zu erlernen ist und nicht allzu viel Tiefgang bietet. Man kann in einem Squad aus bis zu vier Charakteren herumlaufen und in Semi-Echtzeit angreifen. Zwischen dem normalen Angriff, einer Sekundär-Waffe, die den Schusswaffen aus „Valkyria Chronicles” entsprechen, oder einem Zauber, hier Ragnite genannt, der noch eine Extra-Ressource benötigt, muss man immer kurz warten, um wieder einen Befehl auszuüben. Das fühlt sich anfangs etwas langsam an aber es gibt Möglichkeiten, die Zeit innerhalb des Kampfes zu verkürzen, was das Spiel dann etwas flotter aber auch einfacher macht.

Taktieren trotzdem möglich

Sowieso ist der Kampf sehr leicht ausgefallen. Während in der Hauptreihe knallhartes Taktieren von Nöten war, kann man bei „Valkyria Revolution” auch einfach mal mit dem Kopf voraus in alle Gegner rennen. Nur wenige Attacken der Bosse können wirklich Schaden machen, den Rest heilen die CPUs, wenn man ihre Prioritäten dementsprechend eingestellt hat, selbst. Denn es ist nicht so, als ob Taktik nicht noch ein Teil des Spiels wäre. Jeder der insgesamt elf Charaktere kann mit sechs verschiedenen Prioritäten ausgestattet werden, die von einer Offensive über die Defensive bis hin zum Support viele Möglichkeiten bieten. Dazu kommen noch einmal positive sowie negative Effekte, die durch Events ausgelöst werden, wie Panik, wenn einer alleine herumläuft. Leider merkt man im Spiel nur wenig von diesen Taktiken, da es sich am meisten lohnt, einfach offensiv durchzulaufen.

Das wird noch einmal dadurch unterstützt, dass die Gegner einen sowieso schon immer sehr schnell sehen. Wenn man also mal versuchen möchte, eine Truppe aus dem Hinterhalt anzugreifen, dann verschwendet man mehr Zeit damit, zu planen als ihn wirklich auszuführen, da man sowieso sofort gesehen wird. Das ist deshalb Schade, denn es gibt genügend Deckungen, hohe Gräser und andere Elemente, die man hätte nutzen können. Am Ende ist dadurch „Valkyria Revolution” wahrlich kein schweres Spiel aber kann durchaus unterhalten, auch wenn das Ursprungsspiel im Bereich Taktik gerade im späteren Verlauf dem Spieler einiges abverlangt hat.

Komplexität abseits des Kampfes

Die Komplexität findet sich aber zum Glück dann doch abseits des Kampfes wieder. Denn man kann einige Sachen zwischen den Missionen und Cutscenes machen. Dazu gehören Upgrades der Sekundär-Waffen sowie die Auswahl und Verbesserung von Kleidungsstücken durch Materialien. Aber auch alle elf Charaktere haben noch einmal ganz eigene Upgrade-Bäume, bei denen man die Knotenpunkte mit Ragnite-Magie füttern kann, um den Kämpfer zu verbessern. Dadurch ergibt sich letzten Endes eine gute Mischung aus verschiedenen Sachen, die man abseits des Gameplays machen kann, was auch Auswirkungen auf eben jenes hat. Leider wird aber durch den insgesamt niedrigen Schwierigkeitsgrad das Spiel, wenn man all diese Elemente verwendet, noch einmal einfacher. Wer also nicht unbedingt extrem gefordert werden möchte und ein nettes aber nicht überragendes Kampfsystem haben möchte, der wird bei „Valkyria Revolution” glücklich.

Viel zu erleben

Am Umfang kann man aber wahrlich nicht meckern. In insgesamt zehn Kapiteln plus Prolog sowie Epilog bekommt man genug Hauptmissionen geboten. Aber auch Nebenmissionen sind vorhanden, die entweder dafür da sind, Aufgaben abzuschließen, die einem extra Materialien sowie Ragnite bringen oder Vorteile in Hauptmissionen zu verschaffen, indem vorab schon die Wehrmacht der Ruzi zurückgeschlagen wird. Dadurch ist man mit dem Spiel gute dreißig Stunden beschäftigt, solange man die Cutscenes nicht überspringt, die einen großen Anteil der Spielzeit einnehmen.

Neuer Grafik-Stil

Ein weiteres Merkmal der „Valkyria”-Reihe war die sehr stilistische Optik, die wie von Hand gezeichnet aussah. Der Stil wurde etwas dezenter bei „Valkyria Revolution” eingesetzt, weshalb die Cutscenes nicht mehr ganz so schlecht aufgelöst aussehen sondern mehr an heutige Standards angepasst wurden. Die Striche sind aber trotzdem noch vorhanden und bringen vor allem in der Tiefe ein passendes, unruhiges Gesamtbild, das aber von dem speziellen Stil weiterhin profitiert. Man merkt aber an vielen Stellen, wenn zum Beispiel die Lippen-Synchronisation fast nicht vorhanden ist oder auch mal mehrere Minuten gar kein Soundtrack abgespielt wird, dass das Spiel auf einem kleinen Budget gebaut ist. Der Soundtrack sollte aber auch nicht unerwähnt bleiben, denn wenn er mal da ist, dann gibt es immer wieder Tracks, die eine tolle Atmosphäre mit sich bringen und dieses europäische Kriegs-Feeling sehr gut übertragen.