Wenn ein Spiel den Titel „Underdog“ verdient hat, dann ist es sicher „NBA Live 18“. Die Basketballserie aus dem Hause Electronic Arts, aus der hauseigenen Entwicklerschmiede EA Tiburon, hat für gewöhnlich jährlich die Aufgabe, sich gegen die Übermacht von der Konkurrenz, namens „NBA 2K“, behaupten zu müssen. Wenig überraschend, ist bisher jeder Versuch spektakulär gescheitert und im letzten Jahr hat man sich erst einmal ein Timeout gegönnt, um die Batterien aufzuladen und etwas mehr Zeit in die Entwicklung zu stecken. Doch neues Jahr, neues Glück, und „NBA 2K18“ hat, im Vergleich zu den, zugegeben, unfassbar starken Vorgängern doch einige kontroverse Entscheidungen erdulden müssen, die das Spiel unnötig nach unten ziehen. Die perfekte Zeit also, um für „NBA Live 18“ den Steal anzusetzen? Ob dem Außenseiter der entscheidende Slam-Dunk gelungen ist, oder das Jahr mal wieder ein Air Ball war, verrät einmal mehr unsere Review.

The Chosen One

Der Karrieremodus in Sportspielen war lange Zeit ein eher vernachlässigtes Stiefkind, doch spätestens mit dem Erfolg des Karrieremodus von „NBA 2K“, hat auch Electronic Arts angefangen, diesen stärker in seine Spiele zu forcieren. Das war vor allem auf dem diesjährigen EA-Event im Vorfeld der E3 zu beobachten. Neben der Fortsetzung zu „The Journey“ in FIFA, haben „Madden 18“ und auch „NBA Live 18“ nun einen waschechten Storymodus parat, der die Spieler in seinen Bann rund um den Profisport Basketball ziehen soll. In „NBA Live 18“ übernehmt ihr, wie sollte es auch anders sein, die Kontrolle über ein aufstrebendes Talent, dass sich von den Straßencourts in die Hallen der NBA spielen muss. Zuerst muss dieser natürlich von euch erstellt werden – Größe, Physis, Frisur und so weiter, liegen komplett in eurer Hand, ehe es dann auch schon los geht auf dem Weg in den Basketball-Olymp. Dabei wechseln wir immer wieder zwischen Streetball-Matches und richtigen Wettkampfspielen und werden dann auch einem NBA-Team zugewiesen. Nach und nach verbessern wir unseren Basketballer in wichtigen Disziplinen, wie dem Passspiel und züchten uns nach und nach eine Legende herbei. Die Prämisse funktioniert, der Modus macht Spaß, bleibt aber hinter dem Karrieremodus von „NBA 2K18“ in puncto Präsentation und Motivation zurück – erst recht im Vergleich zu dem tollen Karrieremodus im Vorgänger „NBA 2K17“. Mit der In-Game-Währung können wir außerdem zum Beispiel allerlei Kleidungskram für unseren Superstar kaufen. Hier hat sich EA eine Scheibe bei der Konkurrenz abgeschnitten und ebenfalls Mikrotransaktionen implementiert. Insgesamt sind diese deutlich weniger penetrant platziert und man kommt schneller, als bei „NBA 2K18“ an sein Ziel, ohne wieder die Geldbörse zucken zu müssen.

Spielerischer Klassenunterschied

Das Jahr Pause, das Electronic Arts der „NBA Live“-Serie gönnte, macht sich im spielerischen Departement dezent bemerkbar. Das Spiel hat deutlich an Flüssigkeit und Kontrolle dazu gewonnen, allerdings fühlt sich das Spiel im Vergleich zu „NBA 2K18“ noch immer wenig gut an. Die Steuerung ist simplifiziert, die taktische und spielerische Tiefe des Konkurrenten wird zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd erreicht. Im Gegenteil, „NBA Live 18“ wirkt fast schon wie ein „Arcade-Racer“ zur „Rennsimulation“ von „NBA 2K18“. Das zeigt sich auch am deutlich limitierten Bewegungsset der Spieler, das weniger Freiraum für die eigene, spielerische Note bietet und einfach an Realismus vermissen lässt. Das vermutlich größte Problem ist jedoch wahrscheinlich die künstliche Intelligenz. Diese sorgt immer wieder mit krassen Schnitzer und Aussetzern für verwunderte Blicke vor dem TV-Bildschirm. Offensichtliche Konterchancen werden nicht eingeleitet, sondern mitten im Angriff wird abgebrochen, was uns die Chance gibt, unsere Verteidigung zu sortieren und den Sturm auf den Korb zu unterbinden. In solchen Momenten muss man echt fragen: „Was soll das?“. So macht das leider stellenweise doch eher wenig Spaß. Auch in der Defensive setzt der Gegner gerne aus und lässt Spieler manchmal frei zum Korb kommen, was man dann natürlich auch dankend annimmt. Hier muss Electronic Arts dringend nachbessern, wenn man eines Tages halbwegs mit der deutlich stärkeren Konkurrenz namens „NBA 2K18“ mithalten will.

Wenig authentisch

In puncto Präsentation hat „NBA Live 18“ ebenfalls das Nachsehen. Zu keinem Zeitpunkt kommt eine solch starke Atmosphäre auf, wie in einem „NBA 2K18“-Match. Die Kommentatoren sind in ihrem verbalen Repertoire deutlich beschränkter, man wiederholt sich viel zu oft viel zu schnell und manchmal passen die gesprochenen Sätze auch nicht zum Spielgeschehen. Fernab davon spart man bei interessanten Anekdoten zu den Spielern oder spannenden Hintergrundwissen, das beispielsweise bei „NBA 2K18“ immer wieder mit feiner Klinge eingestreut wird, um ein echtes Gefühl zu generieren, als würde man einer waschechten Fernsehübertragung eines NBA-Matches beiwohnen. Punkten kann „NBA Live 18“ dafür damit, dass man auch das schöne Geschlecht an den Basketball geholt hat. Electronic Arts hat nämlich die „WNBA“, das weibliche Pendant zur NBA, an den Start gebracht, was zusätzlich für frischen Wind sorgt. Insgesamt hat man aber deutlich weniger Inhalte zu präsentieren, als das randgefüllte Paket von „NBA 2K18“.

Technik

Man setzt auf die bewährte „Frostbite-Engine“, die bisher einige der spektakulärsten visuellen Erlebnisse der aktuellen Konsolengeneration auf die Bildschirme der Zockerschaft gezaubert hat. Hier bleibt die Grafik jedoch hinter den Erwartungen zurück, was wenig verständlich ist, kann man doch gerade Sportspiele besonders stark in dieser Hinsicht präsentieren. Stellenweise kann man aber doch punkten, gerade bei den Details bei Basketballstars wie LeBron James wird schnell ersichtlich, warum die „Frostbite-Engine“ so populär ist. Bei Coverstar James Harden von den Houston Rockets würde man sich gefühlt am liebsten in dessen Bart hineinlegen. Bei den hölzernen Animationen, die die Spieler an den Tag legen, verfliegt dieser eigentlich schöne Ersteindruck schnell wieder. Da hilft auch der schönste Detailgrad nichts, wenn man nicht den Eindruck hat Topathleten zu steuern, sondern behäbige Imitationen. In puncto Soundtrack zieht man im Vergleich zu „NBA 2K18“ ebenfalls den Kürzeren – hier merkt man einfach schnell, dass sich die „NBA 2K“-Entwickler Visual Concepts eines deutlich großzügigeren Budgets erfreuen dürfen und das Endprodukt insgesamt deutlich wertiger wirkt, als „NBA Live 18“.