Immer wenn ein neues „Sonic”-Spiel angekündigt wird, geht der Zyklus von vorne los. Am Anfang sind alle genervt, weitere Infos lassen hoffen und am Ende sind die Fans wieder enttäuscht. Diesen Teufelskreis konnte das Sonic Team mit „Sonic Colors” und „Sonic Generations” weitestgehend vermeiden und nach „Sonic Mania”, das von Fans entwickelt wurde und alle Erwartungen übertroffen hat, steht jetzt „Sonic Forces” bereit. Warum der Titel trotz guter Ansätze enttäuscht, wollen wir mit der folgenden Review ergründen.

Grausam

Zunächst einmal die schlechte Nachricht vorneweg: Ja, die Geschichte ist schlecht, geradezu grausam. Dr. Eggman hat es endlich geschafft, mit einem neuen Experiment, das Raum und Zeit beeinflussen kann, Sonic zu besiegen und die Welt zu unterjochen. Doch eine Widerstandsbewegung, die aus Sonics Freunden wie Knuckles, Vector, Espio, Silver und Co. besteht, sind jetzt auf der Suche nach Lebenszeichen des schnellen Igels. Dabei bekommen sie Unterstützung von einem neuen Helden, den man selbst gestalten kann, sowie dem klassischen Sonic, der durch die Experimente mit den Dimensionen in der Paralell-Welt landet.

Dass die Geschichte nicht gut wird, war zu erwarten, doch das Sonic Team hat wohl zu viele Folgen von „Sonic Boom” angeschaut und diese mit Fanfictions und anderen Sprüchen aus der Mottenkiste versehen, wodurch die zunächst düster gezeichnete Situation durch die Dialoge der Charaktere ins Lächerliche gezogen wird. Die Animationen der Cutscenes sind zudem stark schwankend. Während man zu Beginn noch aufwendigere Szenen hat, die zwar vorgerendert aber noch einigermaßen hübsch anzusehen sind, zeigen vor allem Abschnitte zum Ende hin ihr verstelltes Gesicht. Da kann man fast von Glück reden, dass man für die Story mit allen Cutscenes gerade einmal drei bis vier Stunden benötigt.

Die schlechtesten Modern Sonic-Level aller Zeiten

Wie so oft baut Sonic Team auch bei „Sonic Forces” erst einmal auf Altbekanntem auf, weshalb die Struktur der Gameplay-Unterteilung sehr ähnlich zu „Sonic Generations” ist. Mit Modern Sonic rast man in hoher Geschwindigkeit durch die Level und kann per Boost noch schneller alle Gegner mitnehmen. Hier ist das Spiel dann auch am schnellsten, aber zeigt auch die meisten Schwächen auf, da es bei all der Geschwindigkeit einfach nicht mehr hinterherkommt. Während die Frames butterweich bleiben, spielt sich Sonic bei allen Geschwindigkeiten so träge wie noch nie. Er kommt um die einfachsten Ecken nicht mehr herum, ohne gegen die Wand zu prallen. Abschnitte, in denen eine Begrenzung fehlt oder die wie eine Half-Pipe aufgebaut sind, lassen die Frustration und Wut zum Kochen bringen. Vor allem letztere spielen sich besser, wenn man einfach Sonic ohne Eingabe laufen lässt. Sowieso fühlt sich das Spiel ständig so an, als wenn man einen Auto-Runner spielt und nur lediglich mal springt oder duckt, um eine der Verzweigungen zu nehmen. Die „Boost-Sonic”-Spiele hatten zwar nie das beste Level-Design, aber hier treiben sie es mit den geraden Linien, auf denen man durch den Boost quasi unbesiegbar ist, und mit den durch die träge Steuerung bedingten, nervigen Abschnitten auf die Spitze.

Ein kaum repräsentiertes Highlight

Besser wird es, wenn man als Classic Sonic spielt. Die Level erinnern sehr an den Aufbau von „Sonic Mania“ und obwohl sie niemals dessen Brillanz erreichen, hat man es hier mit den wenigsten Fehlern zu tun. Zwar ist das Leveldesign immer noch recht uninspiriert und man hat beim ersten Spielen kaum Lust, diese lange zu erkunden, aber wenigstens funktionieren die Steuerung und die Mechaniken in den meisten Fällen. Insgesamt wird Classic Sonic aber die wenigste Zeit im Spiel trotz der längsten Level gewidmet. Man bekommt dadurch das Gefühl, dass er lediglich im Spiel ist, weil er bei „Sonic Generations” dabei war.

OC-Charaktere ohne Charakter

Der dritte und neue Spielstil, denn Sonic Team liebt es, Neuerungen in ihre „3D-Sonic”-Titel zu verbauen, ist der eigene Charakter. Diesen kann man zunächst einer der sieben Rassen zuordnen, die kleinere Boni, wie einen Doppelsprung oder etwas mehr Geschwindigkeit, besitzen. Diese zusätzlichen Werte machen aber im normalen Spiel kaum etwas aus. Danach kann man ihn noch mit einer wirklich großen Anzahl an Kleidungsgegenständen ausstatten, die man durch das Erfüllen von meist sehr banalen Missionen bekommt. Leider wiederholen sich die Klamotten aber schon nach kurzer Zeit und sind oft nur Farbvariationen von sich selbst. Die Individualisierung des Charakters ist aber auch nur nebensächlich und wird eigentlich niemanden bei der Stange halten.

Das eigentliche Gameplay ist dann sehr ähnlich zu Modern Sonic und beinhaltet ebenfalls 3D- und 2D-Abschnitte. Die große Änderung ist nur der fehlende Boost und die dafür hinzugewonnenen Wispons. Diese sind eine Mischung aus einer Waffe und einem Wisp, den Helfern aus „Sonic Colors”. Tatsächlich spielen sie sich sehr unterschiedlich und eröffnen auch in den Levels verschiedene Wege, weshalb man zum ersten Mal einen Grund hat, neue Wege zu nehmen und die Level öfters zu spielen. Aber ansonsten plagen auch die Avatare mit einem langweiligem Design und einer etwas trägen Steuerung herum. Hinzu kommt der unnötig häufige Gebrauch von Quick-Time-Events, die wirklich niemand gebraucht hätte. Aufgebrochen wird die Formel durch die Tag Team-Stages, wenn Modern Sonic und der Avatar zusammen gesteuert werden. Hier treffen das Gute und vor allem das Schlechte aufeinander und ergeben genau die Symbiose, die man erwartet: Level mit vielen Wegen aber frustrierenden Stellen, da man die Charaktere nur schwer steuern kann.

Höllisch nervige Bosse

In einem „Sonic”-Spiel dürfen natürlich auch die Bosse nicht fehlen. Jeder der drei Charaktere tritt im Spielverlauf gegen mehrere Bosse an, die tatsächlich unterschiedliche Mechaniken haben. Aber am Ende sind sie viel zu leicht geraten und auch jüngere Spieler sollten so gut wie keine Probleme mit ihnen haben. Hier ist auch wieder die Inszenierung ein Punkt, der sehr stark in seiner Qualität schwankt. Mal hat man einen imposanten Boss und im nächsten Moment wird dieser durch einen dummen Spruch lächerlich gemacht. Zudem gibt es Bosse, in denen man einfach nur ausweichen und boosten muss, was kaum spaßig ist. Wenn man bedenkt, dass die Endgegner einen guten Teil der 30 Level einnehmen, ist das schon etwas schade.

Eine Prise zu kurz

Sowieso ist das größte Problem des Spiels, dass die Level viel zu kurz sind. Die meisten davon kann man in maximal zwei Minuten und meist drunter abschließen, wenn man sie einige Male gespielt hat. Selbst beim ersten Mal sollte man nicht länger als drei Minuten pro Stage benötigen. Das ist einfach viel zu wenig und sorgt dafür, dass selbst beim erneuten Spielen einem auffällt, dass es gar nicht so viele Wege gibt, da sie sich ständig wieder kreuzen. Die Levels sind schlicht zu klein, um die verwinkelten Pfade wirklich auszunutzen. Insgesamt zeigt „Sonic Forces” in seinem Gameplay Potential, aber es mangelt an einem guten Leveldesign, das zum Wiederspielen einlädt. Nach den knapp drei Stunden hat man kaum einen Anreiz, durch alle Level zu gehen und jeden Weg zu nehmen, um die zahlreichen sammelbaren Gegenstände zu finden. Diese schalten dann auch nur spezielle Herausforderungen frei, mit denen man verbesserte Wispons bekommt, und sind aber noch einmal kürzer als ein normales Level, weshalb man am Ende nicht wirklich viel Neues geboten bekommt. Auch die bereits erwähnten, banalen Missionen geben keinerlei Anreiz, nach den Credits weiter zu spielen.

Aufreibender Soundtrack

Wo man „Sonic Forces” aber wirklich loben muss, ist der Soundtrack. Auch wenn nicht jeder Song zündet und vor allem die 8-Bit-Tracks für Classic Sonic etwas deplatziert wirken, ist die Musikuntermalung eine der besten der gesamten Reihe. Vor allem die Avatar-Stages sind mit einem bunten Mix aus Pop, Rock und Techno ausgestattet, wodurch man recht angefeuert durch das Level läuft, was viel zu schnell wieder vorbei ist. Auch die Optik selbst ist eigentlich gut gelungen und sieht trotz einiger Bugs mit kleineren Abstrichen gut aus. Man merkt, dass nicht das meiste Geld in die Hand genommen wurde, aber schön anzusehen ist die PlayStation 4-Version allemal. Sowieso muss man dem Sonic Team anrechnen, dass sich in „Sonic Forces“ ohne Patch weniger Bugs befinden, als man es gewohnt ist. Zwar fliegt man immer noch mal durch den Boden oder Sonic bleibt an Loopings stecken, aber da haben wir schon viel Schlimmeres erleben müssen. Auch die Bildwiederholrate ist stets butterweich und bringt eigentlich ein gutes Spielgefühl auf, wenn die Steuerung nicht so träge wäre.