Neben brandneuen aufwendigen Titeln werden in regelmäßigen Abständen Remakes oder Remaster veröffentlicht. Rockstar Games beglückt die Spieler mit einem Remaster für ihr Krimi-Drama „L.A. Noire”. Auf PlayStation 4, Xbox One und Switch darf im Los Angeles der 40er Jahre ermittelt werden. Ob „L.A. Noire” auch sechs Jahre nach seiner Erstveröffentlichung spielbar bleibt und die Überarbeitung Einfluss darauf genommen hat, klären wir in diesem Review.

Stadt der Engel

Im Fokus der Handlung steht der pflichtbewusste und ambitionierte Cole Phelps, der nach dem Krieg als Officer im LAPD seine Brötchen verdient. Nach einigen kleineren gelösten Fällen winkt die erste Beförderung und der Aufstieg in den Rängen der Polizei wird zu einem Ankerpunkt der Handlung. Im Endspiel wird genretypisch eine Verschwörung aufgedeckt und Coles eigene Vergangenheit in Rückblenden beleuchtet. Die Erzählweise ist zersplittert  und nicht von Beginn ist das gesamte Ausmaß der Handlung und die Rolle des motivierten Ermittlers ersichtlich. Die verworrene Struktur mag zunächst abschrecken, passt jedoch zu einem Kriminalfall, in dem das Mysterium phasenweise ergründet wird.

In Coles Rolle hangelt sich der Spieler durch verschiedene Kriminalfälle, die in sich geschlossene eigene Geschichten erzählen. Rockstar Games gelingt es durch Themen, die aus der Zeit stammen könnten, wie etwa Rassismus gegen Juden oder Schwarze auch abseits der Haupthandlung für Spannung zu sorgen. Das Verhalten der Figuren wirkt wie aus einer typischen Polizeiserie entnommen. Vor der Untersuchung eines Falles gibt es ein Überblick vom Vorgesetzten, kleinere Sticheleien zwischen den Beamten. Bei Verhören von Verdächtigen oder einem Gespräch mit dem Gerichtsmediziner nach einem Mord wird man in die Spielwelt hineingezogen und fühlt sich wie ein echter Ermittler, zu einer Zeit als es noch keine blitzschnellen pixelgenauen Bildanalysen wie in CSI: Miami gab. 

Gelangweilter Superermittler

Während Aussehen und Gefühl der Spielwelt überzeugen können, hinkt das eigentliche Gameplay ein wenig hinterher. Die Aufträge laufen linear ab, beim Eintreffen wird die Umgebung fleißig nach Hinweisen sowie kleineren Rätseln abgesucht und im Anschluss der Verdächtige oder Zeuge befragt. Während die Rätsel aufgrund ihres geringen Schwierigkeitsgrades nur Beiwerk sind, stehen die Gespräche mit möglichen Verdächtigen im Vordergrund des Spiels. Die Gesichter der relevanten Figuren wurden aufwendig in das Spiel übertragen und anhand der Reaktionen auf die Fragen im Verhör soll erkennbar sein, ob der Verdächtige im Gespräch Informationen zurückhält. Es stehen zu jeder Zeit drei Handlungsoptionen bereit. Als Guter Cop wird der gegenüber in Sicherheit gewogen, als Bad Cop erhöhen wir den Druck und zweifelt man die Aussage direkt an, muss einer der gefundenen Hinweise als Beweis vorgebracht werden. 

Problematisch ist nun, dass sich die Emotionen trotz einer bemühten Darstellung der eingekauften Schauspieler nicht immer zweifelsfrei erkennen lassen. Im Verbund lässt das Spiel auf jede Frage nur eine richtige Entscheidung zu und unterschiedliche Strategien zur Informationsfindung werden nicht zugelassen. Wenn ihr in der Situation der Bad Cop sein sollt, könnt ihr auch durch eine agressive Beweisführung oder besonders sanfte Gespräche nicht die relevanten Informationen erhalten. Dieses starre Korsett verbietet eine freie Gesprächsführung und sorgt gelegentlich für Frustmomente, wenn nicht ganz ersichtlich ist, warum nicht alle Fragen des Verhörs korrekt beantwortet werden konnten.

Neben Untersuchungen wollen während der Fälle Verdächtige zu Fuß und im Auto verfolgt werden oder in Schießereien gestellt werden. Auch wenn diese Abschnitte kein Totalausfall darstellen, wirken sie als Füllmaterial und stellen mit Sicherheit kein Highlight des Spiels dar. Ein weiterer Minuspunkt ist die „offene” Spielwelt. Während sie innerhalb der Fälle eine rundum gelungene Kulisse bietet, erscheint sie als Spielplatz für Nebenaktivitäten leblos. Zwar wollen kleinere Straßenverbrechen aufgeklärt oder Sammelobjekte gefunden werden, aber bis auf kurze Verfolgungsjagden bieten diese Nebenaufträge keinen nennenswerten Inhalt, der es rechtfertigt, abseits der gelungenen Hauptaufträge, die Stadt zu erkunden. Dieser Umstand mag dem ursprünglichen Erscheinungsdatum geschuldet sein, verhindert jedoch nicht, dass dieser Aspekt durchaus störend auffällt. Ironisch scheint es daher, dass diese Passagen in der Spielwelt übersprungen werden können, wenn man seinen Partner an das Steuer lässt und ihn per Knopfdruck zum Tatort fahren lässt. Es folgt meist ein kleiner Dialog, die den Figuren mehr Fleisch verleiht.

Technik

Die Anpassungen an Auflösung und Beleuchtung sind an einigen stellen durchaus merkbar und werten die Optik durchaus auf. Zusätzlich spendiert Rockstar auf technischer Ebene noch zwei weitere Kameraperspektiven, die bei der Suche nach Hinweisen die Übersicht noch einmal verbessern. Optisch sieht man dem Spiel stellenweise natürlich sein Alter an, es ist zu keinem Zeitpunkt jedoch wirklich störend und „L.A. Noire” ist auch weit davon entfernt, ein unansehnliches Spiel zu sein. An dieser Stelle soll die herausragende Darstellung der Synchonsprecher nochmal hervorgehoben werden, die neben den Gesichtsanimationen einen signifikanten Beitrag zur Atmosphäre beitragen. Bedauerlich ist jedoch, dass die Steuerung nicht angepasst wurde, denn bei Fahrzeugsequenzen oder Schusswechseln ist diese nicht besonders zuverlässig oder genau und kann lediglich als Zweckmäßig bezeichnet werden. 

https://www.youtube.com/watch?v=uwi6Xds704Q