Kaum ein Spiel hat mich im Test derart beschäftigt wie „Past Cure“. In einigen Momenten verlor ich die Motivation weiterzuspielen, nur um im anschließenden Kapitel wie gebannt am Fernseher zu sitzen. Das Erstlingswerk von Phantom 8 Studio hat es sicherlich nicht leicht zwischen großen Titeln, die im selben Genre durch ein größeres Budget aufwarten. Kann es das Spiel aber durch seinen eigenen Charme schaffen, aus der Masse herauszustechen? Wir haben uns mit Ian auf die Reise gemacht, das Geheimnis hinter seinem Verschwinden aufzudecken, um euch eine Antwort zu liefern.

Was ist real?

In „Past Cure“ schlüpfen die Spieler in die Rolle von Ian, der von Albträumen geplagt wird. Kein Wunder, schließlich kann er sich an mehrere Monate seiner Vergangenheit nicht mehr erinnern, doch seine abstrakten Träume enden stets mit seinem Tod. Als ob das noch nicht genug wäre, besitzt er die Fähigkeit, die Zeit um sich herum zu verlangsamen und sich für kurze Zeit außerhalb seines Körpers zu bewegen, was jedoch an seinem Verstand zerrt. Als in seinen Träumen eine Frau auftaucht und sein Bruder ihm einen wichtigen Hinweis gibt, macht Ian sich auf den Weg, endlich die Lösung für all seine Probleme zu finden.

Man mag auf den ersten Blick denken, dass man gewohnte Kost erhält. Gerade in der ersten Stunde wird man mit vielen Fragen konfrontiert und auch die Einleitung dauert zu lange. In der zweiten Hälfte gibt es dann aber interessante Entwicklungen und man möchte unbedingt wissen, was hinter Ians Vergangenheit steckt. Zwar wird man mit einem überraschenden Ende belohnt, leider bleiben die Charaktere selbst etwas blass. Interessante Dialoge gibt es nicht unbedingt, weshalb die Verpackung der Geschichte besser hätte sein können, der Kern bleibt aber überzeugend.

Action über Action

Es gibt zwei Arten des Gameplays in „Past Cure“, meist geht es jedoch actionreich zu. Im Grunde hat man in den meisten Fällen die Wahl zwischen einem Cover-Shooter oder Schleichpassagen. Das Schießen macht Spaß, besonders durch Ians Fähigkeit, die Zeit zu verlangsamen. Das ermöglicht präzise Schüsse und Rettungen in letzter Sekunde. Zwar steuert sich Ian anfangs schwerfällig, man gewöhnt sich jedoch an die Physik und wirft sich gerne in Schusswechsel. Die vorhandenen Waffen verdienen keinen Preis für ihre Vielfalt, lassen sich jedoch in zahlreichen Situationen nutzen und fühlen sich schlicht gut an.

Effektiver und spannender ist es jedoch, wenn man sich durch die Ortschaften schleicht. Viele Mechaniken gibt es hier nicht, doch gerade diese Besinnung auf das Notwendige ist eine gelungene Abwechslung. Man schaltet einen Feind nach dem anderen aus und nutzt seine zweite Fähigkeit häufiger. Mit dieser kann man Ians Körper verlassen und nicht nur die Umgebung auskundschaften, sondern auch Kameras deaktivieren. Das macht Spaß und kann sowohl zu angespannten als auch lustigen Situationen führen. Leider fehlt es dem Spiel stark an Abwechslung und man besucht zu viele Arenen-artige Räume hintereinander, die sich optisch ähneln. Gerade anfangs wird man lange in einer Tiefgarage herumlaufen, was wenig Spannung erzeugt. Durch die Fähigkeiten sind aber die Kämpfe gegen die Feinde durchaus spaßig, und es werden immer wieder neue Ideen eingeworfen, die dann auch ein Abwandeln der eigenen Strategie erfordern.

Der kurze Horror

In der zweiten Art von Gameplay stehen gar nicht die Kämpfe im Vordergrund, sondern die düstere Atmosphäre. Die kleinen Rätsel, denen man in den surrealen Orten begegnet, machen Spaß und lockern das Spiel definitiv auf, da die Action heruntergefahren wird. Besonders wenn Monster auftauchen, vor denen man sich verstecken muss, bietet „Past Cure“ intensive Momente, von denen man gerne mehr hätte. Die Fähigkeiten werden hier nochmal nützlicher und man lernt, aus den gegebenen Möglichkeiten das Beste zu machen. Leider gibt es zu wenige dieser Momente, die eine gelungene Abwechslung zu den Schießereien darstellen. Zudem gehen Action und Horror nicht gerade ineinander über, sondern sind klar voneinander getrennt, weshalb sich „Past Cure“ oftmals wie ein völlig anderes Spiel anfühlt.

Feinschliff vermisst

Das gelungene Paket leidet aber unter einigen Krankheiten, die den Spielspaß trüben. Dazu gehört das viel zu lange Tutorial, in dem man erst schießt, dann lange Zeit in Ians Haus herumläuft und in einem Traum die Fähigkeiten erlernt, diese aber in immer gleichen Übungen einsetzen muss. Hier müsste das Tempo deutlich höher sein, denn dem Spieler wird zu lange erklärt wie das Spiel funktioniert. Zudem sind die ähnlichen Orte innerhalb der Kapitel eintönig und vermissen spielerische Abwechslung. Die KI ist auch nicht immer die intelligenteste und verhält sich immer gleich. Es ist nicht fordernd, wenn die Feinde auf den Spieler zulaufen, nur damit er die Zeitlupe aktiviert und diese mit Leichtigkeit abschießen kann.

Auch der Einsatz der Fähigkeiten ist begrenzt und man hat schnell alle Optionen erforscht. Zwar ist das Team von Phantom 8 Studio nicht das größte, aber ein wenig mehr Kreativität wäre wünschenswert gewesen, da die Fähigkeiten so interessant sind. Dennoch bereitet das Spiel eine Menge Spaß, da alles Vorhandene gut funktioniert, nur der Feinschliff ist nicht immer gegeben. Besonders der Endkampf wird einige Spieler frustrieren, jedoch eher weil dieser eine große Abwechslung darstellt und man anders vorgehen muss als bisher, was sehr willkommen ist.

Tolles Artdesign

Optisch präsentiert sich „Past Cure“ sehr sauber und ansehnlich. Gerade Ians Haus ist schön designt und trifft den Geschmack des Testers vollkommen. Auch die Traumwelten sind atmosphärisch, leider wird man viel Zeit in optisch eintönigen Orten verbringen. Diese sehen nicht schlecht aus, bieten aber zu wenig Abwechslung. Das machen die düsteren Szenen aber wett, und auch im Traum, in dem man die Kräfte erlernt, darf man tolle Animationen beobachten, die die Welt formen. Das gilt aber nur für die Kulissen, die Charaktere bewegen sich hölzern und auch Ian ist nicht der agilste Held.

Während der Soundtrack angenehm ist, wird das begrenzte Budget bei der Synchronisation offensichtlich. Zwar spricht niemand deutsch, gerade bei Ian hört man aber zu klar den deutschen Akzent heraus. Dass man sich für eine englische Synchronisation entschieden hat ist verständlich, leider überzeugt diese nicht. Egal ob die Situation zum Fürchten oder dramatisch ist, Ian spricht viel zu monoton und meist gelangweilt. Das fesselt gar nicht und zieht die Geschichte herunter.