Manchmal kann es eben passieren, dass man sich in einen großen Wald voller Monster begeben hat und zwar ohne schwere Verletzungen davon kommt, dafür aber mit einem Gedächtnisverlust der feinsten Sorte. Falls euch dies noch nicht passiert ist, so ist es Adol, dem Helden aus „Ys: Memories of Celceta“, zumindest genauso passiert. Adol stellt sich Fragen wie: „Wer bin ich? Woher komm ich? Und was mache ich hier überhaupt?“. Doch auch wenn diese Ausgangslage ein beliebtes Stilmittel in Rollenspielen zu sein scheint, stellt sich der Spieler doch folgende Frage: „Ist das Spiel empfehlenswert und kann es mich unterhalten?“. Die Antwort darauf könnt ihr in unserem Test nachlesen.

Amnesie im großen Stil

Eines Tages schleppt sich der Rotschopf Adol durch das Dorf Casnan. Er weiß weder wer er ist noch was ihm passiert ist. Adol trifft dann in einem Gästehaus auf Duren, scheinbar einem alten Bekannten, der zuerst geschockt auf dessen Gedächtnisverlust reagiert. Dieser gibt ihm dann erste Hinweise darauf, was dazu geführt haben könnte, dass er sich an rein gar nichts mehr zu erinnern vermag. Scheinbar hat der große Wald von Celceta etwas mit der Sache zu tun, da er sich vor seiner Amnesie dazu aufgemacht hat, diesen alleine zu erkunden. Es grenzt an ein Wunder, dass Adol es lebend aus diesem heraus geschafft hat.

Der Gedächtnisverlust ist nun nicht besonders innovativ, aber in „Ys: Memories of Celceta“ ist die Suche nach den verlorenen Erinnerungen ein wichtiger Bestandteil der Geschichte. Doch die Suche nach den verlorenen Erinnerungen ist nicht die einzige Hauptaufgabe, die es zu bewältigen gibt. Zu Beginn bekommt ihr die Aufgabe, den großen Wald von Celceta zu erforschen und eine ausführliche Karte zu erstellen. Der Wald hat bisher für die Menschen ein Rätsel dargestellt. Aufgrund der darin befindlichen Monster war er zudem eine Herausforderung, die sich noch niemand zu stellen wagte. Gerade in diesem Wald liegen die Erinnerungsstücke verborgen, die in Form von leuchtenden Orbitalen nur darauf warten, von Adol geborgen zu werden. So machen sich er und sein Gefährte Duren auf den Weg in den Wald, um diesen komplett zu erforschen und scheinbar so ganz nebenbei das Gedächtnis von Adol wieder auf Vordermann zu bringen. Doch dabei soll es nicht bleiben, denn je mehr Erinnerungen wieder ihren Weg zurück in das Gehirn von Adol finden, desto mehr Probleme scheinen damit verbunden zu sein.

Wo habe ich nochmal meine Erinnerungen liegen lassen?

„Ys: Memories of Celceta“ hat zu Beginn scheinbar die Hauptaufgabe, den unerforschten Wald zu erkunden und die Karte komplett aufzudecken. Doch der Schein trügt und schnell bemerkt man, dass es noch viel mehr zu entdecken gilt. Über die komplette Weltkarte sind Erinnerungsstücke von Adol verstreut, welche es dem Spieler nach und nach ermöglichen, einen Blick hinter den Charakter zu werfen, der sonst eher stumm daherkommt. Das ist sehr vorteilhaft, denn ohne diese Erinnerungsbruchstücke würde man keinen richtigen Bezug zu dem rothaarigen Helden finden können, was gerade in Rollenspielen sehr bedeutsam ist. Neben den zu findenden Erinnerungen sind ebenfalls über den kompletten Wald Schatztruhen verteilt, für die es sich lohnt, auch mal andere Wege einzuschlagen. Doch was tun, wenn der Weg zu einer Schatztruhe durch ein winziges Loch versperrt ist? Dann helfen bestimmte Artefakte, welche in der Lage sind, Adol und seine Gefährten zu Zwergen schrumpfen zu lassen. Doch sollte mal ein Baumstamm oder ein tiefer See ein Hindernis sein, so gibt es auch hier ein bestimmtes Artefakt, welches des Rätsels Lösung darstellt. Es muss nur noch gefunden werden.

Doch es ist nicht nur wichtig, die Erinnerungen und Schatztruhen zu finden, sondern auch den Menschen in den Dörfern zu helfen. Im jeweiligen Gasthaus befindet sich eine Tafel, auf der verschiedene Missionen zu finden sind, bei denen die Bewohner des jeweiligen Dorfes Hilfe benötigen. Ein Bewohner möchte beispielsweise bestimmte Rohstoffe haben, der andere hingegen wünscht sich von euch eine Flasche Milch, gemolken von einer wilden Kuh, die eigentlich gar nicht wirklich gemolken werden möchte. Die Nebenaufgaben bieten hier Abwechslung und eine gute Möglichkeit, sein Konto aufzustocken, das dann letztendlich wieder für Waffen oder Ausrüstung geleert wird.

Um sich für den nächsten Waldgang aufzurüsten, bieten auch hier die verschiedenen Dörfer eine gute Möglichkeit. Nach jedem Kampf sammelt man eine Vielzahl von verschiedenen Rohstoffen, die in den Dörfern entweder eingetauscht oder veredelt werden können, um sie dann auf vorhandene Waffen anzuwenden, die sich daraufhin verbessern. Dieses System macht Freude entdeckt und genutzt zu werden und die Verbesserungen sind meist schon deutlich im nächsten Gefecht spürbar.

Kämpfen, als hätte man nie etwas anderes getan

Glücklicherweise hat Adol nicht seinen Kampfgeist verloren und geht immer noch äußerst geschickt mit seinem Schwert um. Sein Begleiter Duren verzichtet zwar auf ein Schwert, ist aber nicht weniger ungeübt mit seinen Fäusten. Diese Fähigkeiten sind also schon mal eine gute Grundvoraussetzung für die bevorstehenden Kämpfe im großen, unerforschten Wald von Celceta. Kämpfe gibt es dabei zur Genüge und in jedem neuen Gebiet lauert eine Vielzahl von Monstern, die es zu erledigen gibt. Hier kommt das Kampfsystem zum Einsatz, das von Anfang an eine große Freude bereitet und schnell in Fleisch und Blut übergeht. Jede Taste hat eine typische Zuweisung mit der man entweder zuschlägt, blockt oder auch ausweicht. Mit einer bestimmten Kombination ist es auch weiterhin möglich, besondere Attacken auszuführen, die sich im weiteren Spielverlauf anhäufen und auch wichtig sind. Denn umso mehr man diese besonderen Attacken ausführt, desto mehr füllt sich ein Spezialattacken-Balken. Ist dieser komplett ausgefüllt, so kann man diese Spezialattacke ausführen und verheerenden Schaden anrichten, welche zudem noch durch eine kurze Zeichnung des Charakters eingeleitet wird.

In „Ys: Memories of Celceta“ habt ihr zudem die Möglichkeit, den Charakter jederzeit und nur einen Tastendruck entfernt zu wechseln. Das ist äußerst praktisch, da auch hier jeder Protagonist seine eigenen Stärken und Schwächen aufweist, die man so durch gekonnten Wechsel ausmerzen kann. Adol ist beispielsweise in der Lage, bösartige Pflanzenmonster mit seinem Schwert den Garaus zu machen, sobald aber Monster auf den Plan rücken, die eine Haut aus Stein zu besitzen scheinen, ist auch er machtlos dagegen. Hier kommt dann Duren ins Spiel, welcher mit seiner exzellenten Durchschlagskraft effizient und schnell die Antwort auf dieses Problem gibt. Doch auch außerhalb des Kampfes kann man von den besonderen Fähigkeiten der Charaktere profitieren. So kann Duren beispielsweise Schlösser von Truhen knacken, an denen sich Adol Zähne ausbeißen würde. Im späteren Spielverlauf kommen noch weitere Weggefährten hinzu, welche auch hier die Gruppe sinnvoll ergänzen und es ermöglichen, Wege zu erschließen, die vorher noch von einer großen Lücke nicht überquerbar schienen. Allgemein ist es auffällig, dass sich die KI der Gefährten, die momentan nicht von euch übernommen werden, als sehr hilfreich erweist. Das erleichtert nicht nur die Entdeckungstour durch den Wald, sondern auch jeden Kampf ungemein.

Doch was wäre ein Rollenspiel ohne die passenden Bossgegner, die gelegentlich auf die Helden warten und diesen den Weg versperren? Man würde einfach etwas vermissen. Zum Glück hat auch „Ys: Memories of Celceta“ daran gedacht und bietet dementsprechend größere Monster als die, die sich sonst im Wald tummeln. Nach einer nett inszenierten Einführung dieser Monster kann man sich dann auch schon drauf und dran machen, ihnen ein Ende zu bereiten. Das ist dann aber nicht mehr mit einem einfachen Draufhauen machbar, sondern benötigt eine gewisse Vorgehensweise. Dabei sind die Bosskämpfe herausfordernd und es kann schon mal passieren, dass die Lebensanzeige schneller ein Ende findet, als einem lieb ist. Trotzdem wäre hier eine etwas anspruchsvollere Herangehensweise wünschenswert gewesen, da man die Bosskämpfe relativ schnell beenden und seine Erforschungstour fortsetzen kann.

Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm

Die Grafik von „Ys: Memories of Celceta“ macht einen recht soliden Eindruck, auch wenn hier sicherlich mehr aus der PS Vita hätte herausgeholt werden können. Doch dies stört den guten Eindruck nicht. Allerdings wirken die Charakter des Öfteren relativ steif und emotionslos. So kommt es vor, dass diese in aufregenden Zwischensequenzen kerzengerade dastehen und keine Reaktion von sich geben. Nur die gezeichneten Bilder zu den Protagonisten verraten hier Gefühlsregungen. Auch auf eine komplette Sprachausgabe wurde verzichtet. Hier und da kann man vereinzelt die Stimme eines Charakters vernehmen, dies kommt aber so unregelmäßig und kurz vor, dass ein vollständiger Verzicht auf eine Sprachausgabe definitiv nicht weniger negativ aufgefallen wäre.

Die Musik von „Ys: Memories of Celceta“ macht einen guten Eindruck, allerdings darf man auch hier keine Stücke erwarten, die einem das Herz erwärmen oder sich als Ohrwürmer in den Gehörgängen festsetzen. Obwohl die musikalische Leistung des Spiels nicht schlecht ist, ist die Verwendung der gleichen Lieder auf Dauer auffällig und mehr Abwechslung wäre wünschenswert gewesen.

Ein eindeutiges Ausschlusskriterium stellt die fehlende Existenz von deutschen Bildschirmtexten dar. Es wurde auf eine Übersetzung verzichtet und gerade für Spieler, die der englischen Sprache nicht allzu mächtig sind, ist der Kauf weniger empfehlenswert. Das ist ziemlich schade, denn mit einer deutschen Übersetzung hätte man mehr Menschen ansprechen und das Spiel, welches spielerisch sehr zu empfehlen ist, zugänglicher machen können. Auch wenn es technisch nicht gänzlich zu überzeugen weiß und dort auch deutliche Schwächen aufzeigt, kann man mit einem zugedrückten Auge darüber hinweg sehen und sich am gelungenen Rest des Spiels erfreuen.