Ohne Frage ist „Steins;Gate“ eines der großartigsten Visual Novels aller Zeiten. Die Geschichte rund um Rintaro Okabe, Kurisu und den Zeitreisen faszinierte wohl so ziemlich alle Fans des Genres, und wurde durch eine sehr gelungene Anime-Adaption auch einem weiteren Publikum bekannt. Dennoch waren auch Fans verwundert, als mit „Steins;Gate 0“ ein Nachfolger angekündigt wurde, obwohl das Ende doch eigentlich von vielen als perfekter Abschluss empfunden wurde. Wir haben uns erneut auf eine Reise durch die Zeit begeben, und wurden mit einer Geschichte zurückgelassen, die die Konkurrenz erzittern lässt.

Täglich grüßt der Spoiler

Das wichtigste natürlich vorweg, es ist unmöglich, ein Review zu einem Visual Novel-Nachfolger zu schreiben, ohne wichtige Aspekte zu verraten. Zwar schneiden wir die Geschichte nur an, dennoch sollten vor allem alle, die „Steins;Gate“ noch spielen wollen, direkt zum Fazit springen. Ebenso wollen wir deutlich machen, dass „Steins;Gate 0“ absolut ungeeignet ist für einen Einstieg in die Reihe und man unbedingt den fantastischen Vorgänger gespielt haben sollte, da man ansonsten weder der Geschichte gut folgen, noch die Beziehung zu den Charakteren aufbauen kann. Wer das Genre mag, sollte den Titel sowieso schon fest auf seiner Liste stehen haben.

Eine andere Welt

Obwohl das eigentliche Ende von „Steins;Gate“ durchaus versöhnlich war, ist der Anfang des Nachfolgers unglaublich düster. Das liegt daran, dass die Spieler die Geschichte von Rintaro Okabe aus der Beta World Line verfolgen, der nach dem Tod von Kurisu Makise seine Pläne aufgegeben hat und nichts mehr von Zeitreisen wissen will. Sechs Monate danach setzt die Geschichte ein, und die Spieler dürften schockiert sein, einen Okabe vorzufinden, der die Hoffnung verloren hat und in tiefe Depressionen gefallen ist. In ihm steckt nichts mehr vom verrückten Wissenschaftler Hououin Kyoma, stattdessen will er ein normales Leben führen, besucht das College und stirbt innerlich immer weiter. Sogar das PhoneWave (name subject to change) hat er zerstört, er rechnet mit dem Untergang der Welt und seinem bevorstehenden Tod.

Es ist wirklich schmerzhaft für den Leser zu erfahren, wie zerstört der einstige Held hier ist, und man bekommt den Eindruck einen völlig neuen Charakter vor sich zu haben. Doch die gezwungene Normalität nimmt ein Ende als Mahi Hiyajo in sein Leben tritt. Die Wissenschaftlerin hat mir Kurisu zusammen an einer künstlichen Intelligenz mit dem Namen Amadeus gearbeitet, die jedoch nicht perfekt sein sollte und deshalb Emotionen besitzt, Antworten verweigern kann und sogar vergisst. Jedoch trägt Amadeus das Gesicht von Kurisu, und alles, was Okabe versucht hat zu unterdrücken, kommt erneut hoch. Schon kurz danach wird er schicksalshaft in eine neue Verschwörung gezogen, und muss auch das Thema Zeitreisen erneut auf den Tisch bringen.

Spannung, Trauer, Ernst und Humor

Der pessimistische Grundton des Anfangs zieht sich durch das ganze Spiel. „Steins;Gate 0“ erzählt die Geschichte eines gefallenen Helden, der jegliche Hoffnung auf eine bessere Zukunft aufgegeben hat. Die Geschichte leistet einen perfekten Job, Okabe in einem komplett neuen Licht dastehen zu lassen und wurde ein weiteres Mal auf höchstem Niveau geschrieben. Doch eben der dunklere Ton erzeugt eine Anspannung, denn man rechnet in fast jeder Szene damit, dass ein Twist alles verändert. Während der Vorgänger noch ein wenig langsamer war und erst nach einigen Stunden sein Tempo fand, ist hier von der ersten Minute an die Faszination vorhanden und man kann seine Konsole gar nicht mehr weglegen. Monokuma wäre stolz darauf, wie verzweifelt man als Leser bereits nach kurzer Zeit ist.

Die Veränderungen treffen natürlich auch auf die Charaktere des Vorgängers, die erneut das gesamte Geschehen erst so aufregend machen. Dabei darf man sich wirklich auf jeden wichtige Figur freuen, die jedoch ebenfalls viel durchgemacht haben und unter anderem versuchen, Okabe wieder zu denjenigen zu machen, der die Welt retten könnte. Allgemein sind die Interaktionen grandios geschrieben und egal ob alte oder neue Freunde und Feinde, man genießt jeden Dialog. Hier kommt auch der benötigte Humor ins Spiel, der immer gut hereinpasst und die Spannung nie unterbricht, sondern das Geschehen auflockert und menschlicher macht. Starke Charaktermomente, unerwartete Wendungen und allgemein die Entwicklungen der Personen gehören zum absolut Besten, das das Genre zu bieten hat.

Das Smartphone der Entscheidungen

Erneut darf der Spieler zahlreiche Entscheidungen treffen, die die Geschichte manchmal nur wenig, manchmal komplett verändern. Das geschieht durch Okarins Smartphone, das mehr Funktionen besitzt als sein altes Handy. Hier kann er natürlich Anrufe annehmen, doch auf mit Charakteren interagieren durch die RINE App, oder mit Amadeus sprechen. Dabei macht das Spiel deutlich wann eine wichtige Entscheidung bevorsteht, weshalb man die Möglichkeit hat hier zu speichern und beim zweiten Durchlauf etwas anderes auszuwählen. Das führt zu verschiedenen Wegen und fünf Enden, sowie einem weiteren Finale. Vor allem die verschiedenen Routen, die andere Charaktere in den Fokus rücken, bieten einen tollen Einblick und können das Universum wunderbar ausbauen. Vor allem Mayuris Route ist ein echtes Highlight, das wir empfehlen.

Ansonsten darf man sich natürlich durch die toll geschriebenen Texte lesen und die Geschichte voll und ganz genießen. Wer das nicht mag, ist bei „Steins;Gate 0“ schlicht falsch. Da das Sci-Fi Genre alles andere als leicht zu verstehen ist, darf man sich weiterhin im Menü Begriffe erklären lassen, weshalb man nie ein Problem hat, dem Geschehen zu folgen. Das ist alles sehr ausführlich und ein Vorbild, wie das Genre funktionieren muss. Lediglich die recht untergeordnete Rolle von SERN dürfte jeden Fan überraschen, doch die Organisation agiert weiterhin im Hintergrund, und es ist ebenso toll neue Gegenspieler zu sehen.

Technik

Was die Qualität der Bilder angeht, haben sich die Macher selbst übertroffen. Alles wirkt lebendiger und klarer als im Vorgänger, ohne an Atmosphäre einzubüßen. Hinzu kommt ein fantastischer Soundtrack, der mehrfach Gänsehaut hervorruft. Dass man jederzeit speichern kann, Dialoge nachlesen darf und weitere Boni aufrufen kann, zeigt nur ein weiteres Mal, wie perfektionistisch die Macher sind.

Ein wenig problematischer ist da schon die englische Übersetzung. Zwar ist diese wirklich sehr gut gelungen, vor allem die vielen Eigenheiten der Sprachweisen wurden mit viel Liebe zum Detail lokalisiert. Dennoch kommt es bei den Massen an Texten vor, dass es Rechtschreibfehler sowie Formatierungsfehler gibt. Das ist zwar unschön, stört allerdings nicht zu sehr und sollte sich hoffentlich durch einen Patch beheben lassen. Eine deutsche Fassung gibt es auch dieses Mal nicht.