Das Spielejahr 2018 ist vorbei und in Fortsetzung der Tradition küren auch wir unsere Lieblinge des Jahres. Da im Mehrheitsentscheid individuelle Meinungen ein wenig untergehen und die Redaktion einige Worte zu ihren Perlen verlieren möchte, lassen wir in einer Artikelserie das Jahr mit unseren ganz persönlichen Lieblingstiteln Revue passieren.

Monster Hunter World 

Nicht nur Nintendo hat mit Super Smash Brothers Ultimate einen unglaublichen Erfolgstitel auf den Markt gebracht, sondern auch Capcom konnte mit Monster Hunter World eine ihrer erfolgreichsten Serien einer Frischzellenkur unterziehen und unfassbar viele Einheiten dieses Titels unter die Leute bringen. Die Gründe dafür sind schnell aufgezählt. Nach vielen Jahren auf dem Nintendo 3DS hat die Serie eine zeitgemäßes Gerüst erhalten. Die Gebiete wurden größer, detaillierter und lebensechter. Auch die Monster sahen noch nie so gut aus und ihr Verhalten und Bewegungen sahen lebesecht aus. Das Brüllen, Grollen und Kreischen der Kolosse ließ keinen Zweifel an der Gefahr aufkommen, der der Jäger gegenüberstand. Das jämmerliche Wimmern im Todeskampf erzeugte gelegentlich Mitleid, wenn die Viecher zu schicken Rüstungsgegenständen verarbeitet wurden, doch die gnadenlose Jagd nach neuen Waffen lies kein Zögern zu. Die Gegenstände selbst erhielten einen realistischeren Look, der nicht immer ins Schwarze traf, doch zu großen Teilen eine Freude fürs Auge war.

Viele Detailänderungen haben das Spielgeschehen flüssiger werden lassen, doch unter der Haube ist Monster Hunter immer noch Monster Hunter. Jede der vierzehn Waffentypen hat sich komplett unterschiedlich gespielt, egal ob wuchtiger Hammer oder schnelle Kurzschwerter, für jeden Spieler war etwas eigenes dabei. Getreu dem Motto „easy to learn, hard to master” verfügte jedes Mordwerkzeug über seine eigenen Feinheiten. Mit zahllosen Rüstungsgegenständen ließen sich immer neue Kombinationen zusammenbauen und der kontinuierliche Grind, samt perfekter Lootspirale, endete in einer unfassbaren Spielerfahrung. Positiv ist auch der ordentliche Support mit kostenlosen Updates. Egal ob neue Quests, Events oder Monster, Capcom hat mit einer fairen Update-Politik ohne nervige Kosten einen Maßstab gesetzt, den nur wenige Hersteller gegenwärtig erreichen können.

Der große Star waren aber die Monsterkämpfe. Auch wenn die Anzahl der Monster im Vergleich zu Vorgängern etwas reduziert wurde, finden sich viele einzigartige Begegnungen in diesem Serienableger. Adrenalin pumpt durch den Blutkreislauf wenn Nergigante mit riesigen Pranken nach dem Jäger schlägt, sekundlich Teile seiner Stacheln aushärten und sich in einer fatalen Attacke entladen. Der Flammensturm eines Lunastras, der tödliche Schlaghagel eines Odogarons oder die unbändige Wut eines Deviljoe machten jeden Kampf zu einem Erlebnis. Dabei sind die Kämpfe perfekt umgesetzt und auch wenn viele Bildschirmtode erlitten werden, jeder Kampf ist ein Lernvorgang und im späteren Spielverlauf werden Monster mit perfekten Kombinationen in wenigen Minuten erlegt. 

All diese Qualität ist jedoch nichts gegen das Kernfeature des Spiels. Alleine ist Monster Hunter World verdammt gut und mit Freunden wird es das perfekte Spiel. Bis auf wenige Ausnahmen kann das gesamte Spiel im Koop-Modus genossen werden. Wie viele Stunden in Gruppensessions verbraten wurden, sollte besser nicht öffentlich mitgeteilt werden. Die Lobhudelei könnte noch Stunden weitergeführt werden, daher ein kurzes prägnanten Fazit: Für mich ist Monster Hunter World nahezu perfekt und deshalb ohne Frage mein Spiel des Jahres 2018.

Super Smash Brothers Ultimate

Der letze, für mich, relevante Teil des Franchises war Super Smash Brothers. Melee. Ohne eine eigene Nintendo-Heimkonsole beschränkte sich der Kontakt mit der Serie auf einige sporadische Partien auf gemütlichen Parties. Auch wenn die hitzigen Mehrspielergefechte in der Kindheit durchaus spaßig waren, war es im wuseligen Durcheinander der 8-Spieler-Runden nicht möglich als Neueinsteiger die Mechaniken zu verstehen und das Interesse an der Serie ging verloren. Echte Begeisterung für den Switch-Ableger war zunächst nicht vorhanden und jetzt spiele ich täglich ein paar Runden. Die Probleme im Onlinespiel, seien es vergleichsweise wenig Spielmodi oder fehlende Interaktionsmöglichkeiten mit anderen Spielern, sind auch kein Aspekt, bei dem sich Super Smash Brothers Ultimate mit Ruhm bekleckert hat und zeichnen Nintendo als rückständigen Entwickler. 

Diese Makel wurden aber von dem tiefgründigen Gameplay ausgeglichen und durch eine extrem zugängliche Steuerung ergänzt. Selbst als kompletter Neueinsteiger sind die grundlegenden Bewegungsmuster schnell begriffen und erste Erfolgserlebnisse stellen sich ein. Die Schwäche im Onlinespiel führt, ob geplant oder nicht, zu der größten Stärke von Smash Brothers Ultimate. Am Wochenende wird wieder gemeinsam mit Freunden in Turnieren gegeneinander gespielt und das mehr oder wenige freundliche Wettkampfklima sorgt für Trainingsmotivation. Diese Gruppendynamik stützt Nintendos Crossover-Prügler und katapultiert ihn unerwartet auf Liste. Eine absurde Masse an Inhalten, eine ordentliche technische Umsetzung und viel Liebe zum Detail runden das Gesamtpaket ab. 

Marvel´s Spiderman

Während Marvel die Kinozuschauer im Dauertakt mit neuen Filmen ihres Cinematic-Univese versorgt und zeitnah eine Übersättigung auslösen wird, sind die klassischen Superhelden in Videospielen nur selten anzutreffen. Sicher, in den kindlichen LEGO-Titeln tummeln sich alle namhaften Figuren, doch in einem erwachsenen Gewand sieht man die Strampelanzug tragenden Streiter für das Gute nur selten. Außer der Arkham-Reihe mussten Fans lange auf ein solches Spiel warten und dementsprechend hoch waren die Erwartungen an Insomniacs Interpretation von Spiderman. Dem Entwickler ist es gelungen Spiderman, Peter Parker und eine Galerie an Superschurken und Nebenfiguren perfekt einzufangen und sie zu einer spannenden und eindrucksvoll inszenierten Geschichte zu verbinden. Eben diese Handlung gipfelt in einem fantastischen Finale, das außerhalb der Comics von keinem Film des Netzschwingers getoppt werden kann. 

Auch das Gameplay macht vieles richtig. Es fühlt sich grandios an, sich durch die Häuserschluchten zu schwingen, fallen zu lassen um Geschwindigkeit aufzunehmen und rasend schnell von A nach B zu gelangen. Auch das aus den Arkham bekannte Free-Flow-Kampfsystem funktioniert erneut tadellos und sorgt mit einem überragenden Körpergefühl für intensive und dynamische Kämpfe. Nach wenigen Minuten fühlt sich der Spieler wie die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft, die New York vor dem Verbrechen schützt. Bei all dem Lob verhindern ein paar Macken jedoch eine höhere Position. Die Nebenaufträge bieten bis auf wenige Ausnahmen keine interessanten Geschichten und fühlen sich wie obligatorisches Füllwerk der offenen Spielwelt an. Auch die Progression kann nur mit wenigen spannenden Upgrades aufwarten und wird über die Spieldauer nur nerviges Beiwerk anstatt motivierende Anpassung des eigenen Spielstils. Auch einige Stealth-Passagen ziehen die Handlung und bieten nur wenig Spaß. 

Honorable Mention: Vampyr

Auf den ersten Blick hat Entwickler Dontnod mit Vampyr das Kampfsystems eines Souls-Like mehr schlecht als Recht übernommen und eine Vampirgeschichte in Kombination mit einer leblosen offenen Spielwelt darum gebaut. Während der Titel durchaus unübersehbare Probleme hat, überzeugt er mit einer durchaus erfolgreichen Innovation und einer spannenden Geschichte in einem unverbrauchten Setting. Als Mann der Wissenschaft und Experte für Infektionskrankheiten stellt sich Doktor Jonathan Reid als perfekte Personifikation der Verbindung von Geschichte und Mythologie heraus. Methodisch die logische Erklärung für den fantastischen Vampyrismus zu finden war erfrischend und auch die Einflechtung von Literaturklassikern in die Handlung war eine willkommene, wenn auch kitschige, Abwechslung. 

Die moralische Ausrichtung des Spielers und seine Interaktion mit den Nebenfiguren an den Schwierigkeitsgrad und das Aussehen der Stadtteile zu binden litt zwar unter Balanceproblemen, doch sorgte der Mut der Entwickler für eine interessante Innovation der festgefahrenen Gameplaymechaniken. Die gesammelten Informationen der Figuren führen nicht nur zu einem tieferen Verständnis, sondern verleihen der Entscheidung, sie für Erfahrungspunkte zu töten, weitaus mehr Gewicht. Die Immersion wird dadurch natürlich um ein vielfaches gestärkt und trotz einiger Mängel wird sich in Zukunft zeigen, ob diese Mechanik verbessert werden kann. Unterm Strich also eine gute Geschichte mit soliden Mechaniken.

Honorable Mention: Nairi: Tower of Shirin

Bildergebnis für nairi tower of shirin artwork

Losgelöst von Erwartungen und Genrepräferenzen hat sich Nairi: Tower of Shirin weit oben auf der Abschlussliste meines Spielejahrs 2018 wiedergefunden. Obwohl der Titel sich einer scheinbar konventionellen Spielstrukturen bedient, ist jeder Aspekt besonders liebevoll und hochwertig umgesetzt. Figuren und Spielwelt werden durch einen ansprechenden, niedlichen und farbenfrohen Zeichenstil zum Leben erweckt, der die klassische Heldenreise perfekt verpackt. Ich habe die niedlichen und charmanten Figuren schnell ins Herz geschlossen und interessiert die erstaunlich erwachsene Handlung verfolgt. Völlig verzaubert warte ich nun sehnsüchtig auf die hoffentlich erscheinenden Fortsetzungen.