Wir schreiben das Jahr 1990. Lucasfilm Games sind durch die Benutzeroberfläche SCUMM auf einem Erfolgstrip und haben mit „Maniac Mansion“, „Zak McKracken“, „Indiana Jones and the Last Crusade“ sowie „Loom“ bewiesen, wie Adventure-Spiele auszusehen haben. Doch Ron Gilbert, der Erfinder der SCUMM-Engine, sollte sich mit „The Secret of Monkey Island“ selbst übertreffen. Das Spiel rund um den Piraten Guybrush Threepwood wurde zu einem der beliebtesten Videospiel-Klassiker aller Zeiten, und der nur ein Jahr später veröffentlichte Nachfolger stand dem Spiel in nichts nach. Doch 1992 kam es zum Bruch mit LucasArts, und Gilbert gründete Humongous Entertainment, das sich an eine jüngere Zielgruppe richtete. Das hielt die Reihe aber nicht davon ab, weitere Teile zu erhalten, weshalb wir einen Rückblick auf die gesamte Reihe werfen wollen.

Der Anfang einer Legende: „The Secret of Monkey Island“

„The Secret of Monkey Island“ handelt von Guybrush Threepwoods Ankunft auf Mêlée Island, wo er allen sagen muss, dass er Pirat werden möchte. Ein Paradebeispiel ist er nicht, denn seine höfliche, naive Art macht den Humor des Spiels aus. Doch natürlich sind auch die anderen Piraten wunderbar überzeichnet und geben ihm drei Aufgaben, die er erledigen muss, um in ihre Kreise aufgenommen zu werden. Dabei trifft er nicht nur auf ikonische Charaktere wie die Voodoo Lady, Stan und Otis, sondern auch auf die Gouverneurin Elaine Marley, die zu seiner großen Liebe werden soll. Allerdings bricht Chaos aus, als der berüchtigte LeChuck mit seiner Geister-Piraten-Crew auftaucht und Elaine nach Monkey Island entführt. Guybrush folgt ihnen und trifft auf der Titel-gebenden Insel auf Kanibalen, die ihm mit Voodoo-Magie helfen wollen, LeChuck zu besiegen. Natürlich geht der Plan daneben, doch am Ende kann Guybrush auf eine typisch verrückte Art Elaine retten.

Eine perfekte Fortsetzung: „Monkey Island: LeChuck's Revenge“

Da Gilbert schon immer eine „Monkey Island“-Trilogie wollte, folgte der zweite Teil nur ein Jahr später. Dort sucht Guybrush nach dem legendären Schatz Big Whoop und sorgt durch ein Versehen dafür, dass LeChuck wiederbelebt wird. Dieser schwört auf Rache, und Guybrush kann nur entkommen, indem er Big Whoop findet, das die Geheimnisse einer anderen Welt beinhalten soll. Die Suche nach Teilen einer Karte führt den Piraten zu mehreren Inseln, auf denen die Abenteuer ebenso verrückt sind wie der Humor. Nach einigen Wendungen kommt dann die größte Überraschung: LeChuck behauptet, er sei Guybrushs Bruder, der daraufhin sogar die Überreste seiner Eltern entdeckt. In einer legendären Szene werden die beiden wieder zu Kindern, die auf dem Jahrmarkt Big Whoop landen, zusammen mit ihren Eltern. Allerdings leuchtet LeChucks Auge, und Elaine fragt sich an einem anderen Ort, ob der Bösewicht Guybrush wohl verzaubert hat.

Im Gegensatz zum Vorgänger endete der Teil völlig offen, weshalb Fans sich sicher waren, die Trilogie würde bald abgeschlossen. Dazu kam es aber nach Gilberts Abgang nicht, und somit wurde das Finale von „Monkey Island 2: LeChuck’s Revenge“ zu einer der berüchtigsten Szenen der Videospielgeschichte. Wer die Klassiker heute noch spielen möchte, sollte zu den Special Editions greifen, die 2009 und 2010 für PC, PlayStation 3 und Xbox 360 erschienen sind. Diese sind dank neuem Interface, Grafik, Vertonung sowie Soundtrack fantastisch geraten - und auf Knopfdruck lässt sich zum Original springen. Doch die Reihe endete nicht an diesem Punkt, ganz im Gegenteil.

Ein ungeahnter Gigant: „The Curse of Monkey Island“

Der dritte Teil, an dem Gilbert nicht mehr beteiligt war, erschien erst 1997, erhielt dafür aber hervorragende Kritiken und wird auch heute noch als eines der besten Adventures aller Zeiten gewertet. Ernüchternd ist nur der Anfang, denn dieser überspringt die erhoffte Auflösung des Cliffhangers: Guybrush verrät, dass er dem Freizeitpark entkommen ist, und findet sich auf dem Meer wieder. Nach einer chaotischen Begegnung mit LeChuck macht er seiner Elaine endlich einen Antrag, schenkt ihr dabei aber einen Diamantring, den er auf dem Schiff des Bösewichts gefunden hat, woraufhin sie sich in eine goldene Statue verwandelt. Die Voodoo Lady hilft einmal mehr und verrät ihm, dass er einen noch wertvolleren Ring finden muss, um den Fluch zu brechen. Zuerst muss er aber eine Karte sowie die Statue von Elaine finden, was zu wahrlich ikonischen Szenen führt - das Banjo-Duell gehört in die Geschichtsbücher. Und auch eine der besten Mechaniken wurde zurückgebracht und erweitert: Das Beleidigungsfechten. „Warst du schon immer so häßlich oder bist du mutiert“ wird dabei gefolgt von „Da hat sich wohl dein Spiegelbild in meinem Säbel reflektiert!“. Anschließend kommt es zu Begegnungen mit bekannten Charakteren sowie der Enthüllung, dass Big Whoop ein Portal zur Hölle ist, das jeden unsterblich machen kann. Das sei das Geheimnis von Monkey Island - und LeChuck nutze dies, um seine Armee der Untoten zu erschaffen. Diese Offenbarungen waren nicht die, die Gilbert ursprünglich geplant hatte. Dennoch hat das Team einen bemerkenswerten Job geleistet, um trotzdem ein rundum gelungenes Adventure zu schaffen, das kaum etwas vom originalen Charme verloren hat, und durch den gezeichneten Stil auch heute noch auf der Liste jedes Adventure-Fans stehen sollte.

Obwohl einige Puristen nur die ersten beiden Teile zur Reihe anerkennen, erfreute sich „Curse of Monkey Island“ einer großen Beliebtheit unter den Fans, und erhielt hohe Wertungen seinerzeit. Über die Verkaufszahlen wird sich gestritten, doch überraschenderweise war der Titel nirgendwo so erfolgreich wie in Deutschland, wo er sich nach knapp einem Jahr über 100.000 Mal verkaufen konnte. Die großartige deutsche Synchronisation hat sicherlich ihren Teil dazu beigetragen, doch das Genre war allgemein groß hierzulande, und einige Zungen behaupten sogar, dass der Erfolg in Deutschland den Titel davor bewahrt hat, zum Flop zu werden - ob das wirklich stimmt, wissen aber nicht einmal die Beteiligten.

Das Ende einer Ära: „Flucht von Monkey Island“

Der vierte Teil startet nach dem Honeymoon von Guybrush und Elaine, doch die Rückkehr nach Mêlée Island ist alles andere als feierlich. Elaine wurde nämlich für tot erklärt, ihr Anwesen soll vernichtet werden und der Gouverneur erneut gewählt werden, wobei der Kandidat Charles L. Charles die größten Erfolgsaussichten hat. Dieser entpuppt sich wenig überraschend als LeChuck, der gemeinsam mit dem Bösewicht Ozzie, der ihn befreit hat, die sogenannte Ultimative Beleidigung finden will, um die Meere von Piraten zu befreien und Elaine dazu zu bringen, den Dämon zu heiraten. Guybrush wird gefangen genommen, erfährt nach seiner Flucht aber, dass Elaines Großvater noch lebt, und gemeinsam wollen sie Elaine retten, was aber zu einem Roboter-Kampf führt - ja, es wird erneut verrückt. 

Obwohl die Handlung etwas uninspirierter ausgefallen ist als die des Vorgängers, weiß der Humor einmal mehr zu überzeugen. Die Charaktere verlieren kaum etwas von ihrem Charme, und wer mit den Vorgängern seinen Spaß hatte, wird das Spiel genießen können. Probleme gab es aber nicht nur durch neue Mechaniken wie Monkey Kombat, das das Beleidigungsfechten unnötig verkomplizierte. Vor allem der 3D-Grafikstil war kontrovers, und sieht aus heutiger Perspektive leider objektiv schlechter aus, als die Stile der Vorgänger. Auch die Steuerung wurde immer wieder zum Problem, obwohl sie besser funktionierte als in „Grim Fandango“. Über den Erfolg lässt sich einmal mehr nur spekulieren, aber die Verkaufszahlen in den USA waren alles andere als gut, und auch auf dem deutschen Markt konnte nicht an den Erfolg des Vorgängers angeknüpft werden. Deswegen pausierte die Reihe einmal mehr.

Episodischer Hit: „Tales of Monkey Island“

Bevor Telltale Games mit „The Walking Dead“ unter die spielbaren Serien ging, belebten sie zuvor das Point and Click-Adventure-Genre wieder. Dazu gehörten 2009 auch die fünf Episoden von „Tales of Monkey Island“, die erstmals für die Firma eine zusammenhängende Geschichte über fünf Episoden hinweg erzählten. Sogar Gilbert war an der Planung beteiligt, obwohl die Ereignisse nach Teil vier spielen. Guybrush hat nämlich endlich eine Waffe erschaffen, um LeChuck zu besiegen, dabei aber einen Fehler gemacht. Daraufhin wird der Bösewicht in einen Menschen verwandelt, während Guybrushs Hand von den LeChuck-Pocken befallen wird und ein Eigenleben führt. Diese infizieren schon bald das gesamte Meer, doch ungestört kann er den Ausbruch nicht stoppen, da er von der Piratenjägerin Morgan LeFlay aufgehalten wird. Ungeahnte Hilfe erhält er derweil vom menschlichen LeChuck, der ihn gegen Ende allerdings tötet, weil er seine Macht zurückerhalten will. Guybrush kehrt natürlich zurück, sieht dabei allerdings, dass auch Elaine infiziert und zu LeChucks Braut wurde. Natürlich rettet der Protagonist am Ende die Welt, eine letzte Szene deutet aber an, dass die Voodoo Lady zur Bösewichtin werden könnte - eine Wendung, die niemals auserzählt wird.

Die Wiederbelebung der Marke war ein großer Erfolg und konnte sogar die Erwartungen von Telltale übertreffen. Das Besondere: Da diesmal eine zusammenhängende Geschichte erzählt wurde, entschieden sich Spielende für den Kauf der gesamten Staffel, anstatt nur bei einzelnen Episoden zuzugreifen. Auch bei Fans kam der Titel gut an, denn das neue Setting, interessante Wendungen und der wunderbare Humor sorgten für frischen Wind. Weitere Staffeln wären durchaus möglich gewesen, allerdings sorgte die Neuausrichtung des Studios einige Jahre später dafür, dass Marken, die abseits der Videospielwelt entstanden sind, zum Hauptfokus wurden. Mittlerweile gibt es Telltale Games nicht mehr, und einen chronologisch sechsten Teil wird es niemals geben.

Totgeglaubte leben länger: „Return to Monkey Island“

Der 1. April 2022 war für Fans eigentlich kein besonderer Tag. Ron Gilbert kündigte zwar an, an einem neuen „Monkey Island“-Spiel zu arbeiten, dies wurde aber als der jährliche Aprilscherz abgestempelt. Der 4. April sorgte hingegen für Tränen der Freude: Devolver Digital veröffentlichte nämlich den ersten Teaser für „Return to Monkey Island“, das von niemand geringerem als Ron Gilbert und seinem Studio entwickelt wird. Dieser wird nach Teil zwei spielen und die Ereignisse ab Teil drei ignorieren, damit die Geschichte auserzählt werden kann, die von Anfang an geplant war. Es ist ein historischer Moment der Videospielgeschichte, von dem einige nicht mal zu träumen gewagt haben. Dennoch soll die Reihe als ganzes gefeiert werden, und einige Charaktere der späteren Teile neu eingeführt werden, darunter der unvergessliche sprechende Schädel Murray. Selbst Neulinge sollen ohne Vorwissen einsteigen können, und wir bleiben gespannt, wie „Monkey Island“ einer neuen Generation vorgestellt werden soll.

Gleichzeitig sollte man nicht vergessen, dass es, trotz Kritikpunkten und einigen kontroversen Entscheidungen, kein schlechtes Spiel der Reihe gab. Dank durchweg fantastischen Autoren konnte jeder Teil durch seinen Humor und seine Kreativität begeistern, während Guybrush zur Ikone wurde und sogar in Titeln wie „Uncharted 4“ erwähnt wird. Ob die Reihe nach „Return to Monkey Island“ weitergehen wird, ist noch unbekannt. Doch wie wir Guybrush kennen, wird er immer wieder einen Weg auf unsere Konsolen finden, egal wie lange die Pausen auch sein mögen.