Mit „Risen“ konnten die Entwickler von Piranha Bytes einen geistigen Nachfolger zur erfolgreichen „Gothic“-Reihe entwickeln, der selbst bei kritischen Fans Zuspruch fand. „Risen 2“ änderte dieses Konzept allerdings stark. Das dort eingeführte Piraten-Thema, sowie ein stark verändertes Kampfsystem, schreckten viele Fans der Reihe ab. Mit „Risen 3: Titan Lords“ wollen die Entwickler eine gute Mitte zwischen den beiden Serien-Teilen erzeugen. Ob ihnen das auch wirklich gelungen ist, erfahrt ihr im folgenden Test.

Vorsicht vor den Titanen, Kapitän!

Die Geschichte startet an der Krabbenküste, wo der Hauptcharakter mit der Piratin Patty nach einem legendären Piraten-Schatz sucht. Doch in einem alten Tempel finden sie kein Gold, sondern ein Portal in eine Schattenwelt. Aus dieser kommen nicht nur bösartige Monster, sondern auch ein Schatten-Lord, der dem namenlosen Helden direkt zu Beginn des Spiels seine Seele aussaugt. Obwohl dieser von seiner Crew daraufhin beerdigt wird, verbringt der Spieler nicht die gesamte Spielzeit unter der Erde. Der aus dem vorherigen Teil bekannte Voodoo-Magier Bones schafft es, den Helden wiederzubeleben. Allerdings braucht er noch immer seine Seele, weshalb sich die beiden mit einem kleinen Schiff auf eine Reise begeben, um nicht nur das eigene, sondern das Schicksal der gesamten Welt zu bestimmen.
Eine großartige Geschichte kann man von „Risen 3: Titan Lords“ leider nicht erwarten, was vor allem am fehlenden roten Faden liegt. Doch auch die zahlreichen Geschichten, die abseits des Haupt-Abenteuers stattfinden, sind zwar vorerst interessant, verlaufen sich aber zu schnell in bekannte Klischees. Zudem ist eine der besten Aufgaben nur den Vorbestellern gegönnt. Wer den Gnomen, die Serienkennern sofort ein Lächeln auf das Gesicht zaubern werden, helfen möchte, kommt um kostenpflichtige Zusatzinhalte nicht herum.

Ein Rollenspiel vom Feinsten

Spielerisch weiß „Risen 3: Titan Lords“ auf ganzer Linie zu überzeugen. Vorerst nur mit einem Schwert bewaffnet, lassen sich riesige Inseln voller Geheimnisse nahezu frei erkunden. Wer den 20-minütigen Prolog hinter sich gebracht hat, kann nämlich selber entscheiden, was er tun möchte. Bereits ein Großteil der Inseln ist ab diesem Zeitpunkt erreichbar. Diese offene Welt ermöglicht es den Spielern, nicht nur die vorgeschriebene Hauptgeschichte zu erleben, sondern auch die zahlreichen Charaktere kennenzulernen, von denen jeder seine eigene Geschichte zu erzählen hat.
Die verschiedenen Inseln können besonders überzeugen. Mit viel Liebe zum Detail bieten sie unzählige Geheimnisse, verborgene Schätze und eine Vielzahl von Tieren. Doch die Flora und Fauna ist dem Helden nicht immer freundlich gesinnt. Einige der Geschöpfe wollen ihr Revier verteidigen und greifen den namenlosen Helden ohne zu zögern an. Als Spieler muss das Verhalten der Gegner deshalb genau beobachtet werden, um mit der richtigen Strategie zu gewinnen. Mit einem Druck auf die X-Taste lässt sich das Schwert schwingen, ein wiederholtes Drücken verursacht eine Kombination. Je mehr Angriffe aneinander gereiht werden, desto stärker werden auch die einzelnen Angriffe. Wird die Taste länger gedrückt, kann ein schwerer Angriff ausgeführt werden. Wird das gekonnt mit den Ausweichrollen, den Wurfangriffen und dem Parieren kombiniert, kommen einige interessante Kämpfe dabei heraus. Im weiteren Verlauf können noch mehr Methoden erlernt werden, um die Kämpfe dynamischer zu gestalten. Sollte ein Gegner dann doch zu stark sein, kann ein Begleiter helfen, um das Monster zu töten.

Für mehr Abwechslung sorgen die Spezialisierungen, die schon früh in der Geschichte eingeführt werden. Je nachdem welcher Gilde der Spieler sich anschließt, verändert sich das Kampfsystem ein wenig. Als Wächter ist es möglich, Zaubersprüche zu erlernen, während ein Dämonenjäger vor allem auf Runen-Magie ausgelegt ist. Doch auch die Aufgaben sowie die verfügbaren Verbündeten werden von der Fraktion abhängig gemacht. Weiterhin können unzählige Gegenstände auf den Inseln aufgenommen werden, um später Tränke zu brauen oder Waffen zu erstellen. Das motiviert besonders, da die Jagd nach der stärksten Waffe und den besten Rüstungen auch nach dem Ende der Geschichte lohnenswert ist. Dieses System, mit dem über 40 Stunden verbracht werden kann, lässt die Spieler noch tiefer und länger in die Welt von „Risen 3: Titan Lords“ eintauchen. Die Liebe zum Detail sowie die lebendige Welt verwandeln den Titel in ein Fest für Fans von Rollenspielen.

Von Schiffen und der Traumwelt

Ein echter Pirat ist natürlich nichts ohne sein Schiff. Mit diesem kann der Spieler von Insel zu Insel reisen, was größtenteils durch das simple Auswählen einer Insel geschieht. Dennoch kann es auch dazu kommen, dass feindliche Schiffe oder riesige Monster erscheinen, die ohne zu zögern das Schiff zerstören wollen. Zum Glück gibt es noch Kanonen, mit denen diese, wie schon in „Assassin’s Creed 4: Black Flag“, besiegt werden können. Das sorgt für ein wenig mehr Abwechslung auf hoher See und kann vor allem bei schnellen Kreaturen oder mehreren gegnerischen Schiffen eine knifflige Herausforderung werden. Dennoch winken Belohnungen für Spieler, die siegreich aus einer Schlacht ziehen.

Sollte der namenlose Held das Bett aufsuchen, zeigt „Risen 3: Titan Lords“ einen weiteren Aspekt seiner Welt. In der düsteren Schattenwelt wird die Geschichte der Titanen erzählt, die vor vielen Jahren einen Krieg starteten. Diese Hintergrundgeschichte ist wichtig, um das allgemeine Geschehen in der Welt zu verstehen. Allerdings ist das Spiel in diesen Passagen recht eintönig, und selbst die Hintergründe sind zu klischeehaft, um wirklich zu überzeugen. Wer seinen Charakter außerdem nicht schlafen lässt, bekommt diese Szenen erst gar nicht zu sehen. Schade, denn hier wurde einiges an Potential verschenkt.

Technik aus der Hölle

Der Stil der Welt ist sehr gelungen, und auch der atmosphärische Soundtrack leistet seinen Beitrag. Nebenbei ist die deutsche Sprachausgabe sehr gut gelungen, was ganz klar für das deutsche Studio spricht. Leider sind das die einzigen positiven Aspekte, die man an der technischen Seite von „Risen 3: Titan Lords“ finden kann. Der Rest ist eine totale Katastrophe. In Bezug auf die Grafik wird der Spieler an die sehr frühen Zeiten der vergangenen Konsolengeneration erinnert. Hässliche Texturen, die selbst die Steine matschig aussehen lassen, dürften in einem Spiel heutzutage nicht mehr akzeptiert werden. Vor allem zerstört die Optik einen großen Teil der Atmosphäre. Häufig sind Standbilder zu sehen, vor allem, wenn automatisch gespeichert wird. Sollten in einigen Gebieten mehrere Personen sein, artet das Spiel in ein Ruckel-Fest aus, sodass der Titel nur mit sehr starken Nerven spielbar ist. Das ist unfassbar ärgerlich, da es das Abenteuer unnötig trübt und mehrfach den Spielspaß zerstört.