Die Entrüstung auf die Meldung, dass die Spielzeit von „Metal Gear Solid V: Ground Zeroes” nur wenige Stunden betrage, konnte ich von Anfang an nur bedingt nachvollziehen. „Ground Zeroes” wurde nie als vollständiges Spiel mit einer umfassenden Handlung beworben, sondern von je an als Prolog zum kommenden „Metal Gear Solid V: The Phantom Pain”. Eine nette Geste seitens Kojima Productions, denn immerhin scheint es noch einige Zeit zu dauern, bis der fünfte Teil in den Konsolen-Laufwerken rotiert. Mit einer offenen Haltung bin ich an das Spiel herangegangen und musste feststellen, dass auch ich etwas überrascht war, als die Credits dann über den Bildschirm liefen. Nachdem ich schon einen ausführlichen Blick auf die PlayStation 4-Fassung warf, wollte ich herausfinden, wie „Ground Zeroes” auf der PlayStation 3 abschneidet. Ob die Technik auch überzeugen konnte und der Spielspaß keinen Abbruch erlitt, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

Screenshot der PS4-Fassung

Bindeglied zwischen Peace Walker und Phantom Pain

In Bezug auf die Handlung soll nicht zuviel verraten werden. Fest steht jedoch, dass dem Spieler und den Fans nach „Ground Zeroes” eine wichtige Frage beantwortet wird, die sich nach dem ersten Trailer zu “The Phantom Pain” stellte: Wie ist Snake oder besser Big Boss im Krankenhaus gelandet? „Ground Zeroes” knüpft außerdem direkt an „Peace Walker” an, was ein Wiedersehen mit der Cipher Agentin Paz und dem Kindersoldaten Chico bedeutet, wenn auch unter anderen Umständen als dem Vorgänger. Denn Snakes Auftrag besteht darin, die beiden aus dem kubanischen Gefangenenlager Camp Omega zu befreien.

Snake arbeitet nach wie vor am besten alleine und aus diesem Grund gilt es, als Ein-Mann-Armee das Lager zu infiltrieren und die Subjekte aufzuspüren – und das, für die Reihe typisch, möglichst unentdeckt. „Ground Zeroes” ist der erste Teil der Reihe, der auf Schlauchlevel verzichtet und stattdessen auf eine offene Welt setzt. Auch erfahrene Spieler müssen aufgrunddessen ihre Vorgehensweise überdenken, denn aus jeder Richtung können sich Feinde im Anmarsch befinden.

Besonnen statt Holzhammer-Methode

Statt einfach das gesamte Lager dem Erdboden gleichzumachen, gilt es also besonnen und überlegt vorzugehen. Eine Lektion, die vor allem unerfahrene Spieler sehr schnell schmerzlich lernen müssen – ein Schritt ins Licht eines Scheinwerfers und die Alarmglocken rufen die gesamte Besatzung des Lagers herbei. Ein unüberlegter Schritt nach vorne und man rennt direkt in die Armee einer Gruppe patrouillierender Soldaten. Die Chancen, dann heil zu entkommen, bewegen sich schlagartig nach unten.

Statt also unüberlegt nach vorne zu preschen, sollte man sich zunächst seiner Ausrüstung bedienen, wie beispielsweise dem Fernglas, der wohl nützlichste Gegenstand überhaupt. Durch die verschiedenen Zoom-Stufen ist es ein leichtes, seine Feinde ausfindig zu machen. Visiert man die Gegner lange genug an, werden diese dann auf dem iDroid, Snakes neuem Multifunktionsgadget mit Karten-Funktion und Intel-Speicher, markiert. Einmal markiert, werden Feinde auch durch Hindernisse und Wände angezeigt, inklusive nützlichem Entfernungsmarker. Mit diesen Informationen in der Tasche kann man hervorragend abschätzen, ob die Gegner Sichtkontakt haben, wenn man sich von einem Versteck zum nächsten bewegt. Das Fernglas wird aber auch dann wichtig, wenn der Zielort nicht feststeht. Das Auskundschaften ist somit ein wichtiger Bestandteil, um sicher an sein Ziel zu gelangen.

Da der Feindkontakt früher oder später kaum vermeidbar ist, stehen Snake auch in „Ground Zeroes” wieder ausreichend Waffen zur Verfügung, um sich zur Wehr zu setzen. Snakes Sturmgewehr ist mit einem Schalldämpfer versetzt, der sich jedoch für die Reihe typisch mit der Zeit abnutzt. Ein Zeichen dafür, dass „Ground Zeroes” nach wie vor mehr ein Stealth- als Action-Spiel ist. Waffen sollen mit Bedacht und selten eingesetzt werden. Ebenso steht Snake seine mit Schlafmunition geladene Pistole zur Verfügung, mit der man Feinde aus kurzer Entfernung betäuben kann. Werden diese jedoch von anderen Gegnern schlafend in der Ecke entdeckt, werden sie unsanft aus dem Reich der Träume zurückgeholt. Fans merken, dass sich an der eigentlichen Spielmechanik wenig geändert hat. Snake beherrscht weiterhin die Nahkampftechnik CQC, mit der er wunderbar Gegner aus dem Hinterhalt überwältigen und auf diese Weise nach nützlichen Informationen ausquetschen kann. Dadurch erfährt man beispielsweise von Waffenlagern auf der Basis, die man dann in der offenen Welt aufsuchen kann oder mit Glück, wo sich die gesuchten Subjekte befinden.

Screenshot der PS4-Fassung

Bekannte Mechaniken mit neuem Anstrich

Was im Vergleich zu früheren Teilen positiv ins Auge fällt, ist der einfache Spieleinstieg. Nach etwa zehn Minuten hat man alle Kniffe des Spiels erklärt bekommen und ist völlig auf sich allein gestellt, ohne, dass man sich hilflos fühlt. Die Steuerung ist nahezu selbsterklärend und fühlt sich intuitiv an, da man keine komplizierten Tastenkombinationen nutzen braucht. Auch veraltete Mechaniken wurden über Bord geworfen und durch zeitgemäße ersetzt. Die Körper von Gegnern können nun auf der Schulter getragen werden, was Snake aber nicht darin beeinflusst, dass er weiterhin rennen und auch mit einer Pistole schießen kann. Das sind kleine Feinheiten, die aber im Gesamtbild für ein besseres Spielerlebnis sorgen. Bedingte Kritik kann an den Spielhilfen gemacht werden: Durch das neue Reflex-System versetzt sich das Spiel kurzzeitig in Zeitlupe, wenn man von einem Feind entdeckt wird. Man hat somit genügend Zeit zu reagieren, um einen Feind lautlos zu machen, bevor in Alarm schlägt. Besonders in der Verbindung mit dem Marker des Fernglases erleichtert das den Spieleinstieg enorm. Erfahrene Spieler und Hardcore-Fans, die sich daran gestört fühlen, können den Reflex-Modus jedoch auch abstellen. Snake ist eben eine Ein-Mann-Armee und braucht keine Hilfsmittel.

Freie Wahl dank Open World

Die offene Spielwelt sorgt vor allem für eins: Man kann selbst völlig frei wählen welchen Weg man einschlägt und eigene Strategien entwickeln. Man muss ganz klar sagen, dass die offene Welt wie die Faust aufs Auge für die „Metal Gear”-Reihe passt. Auch wenn die Spielwelt in „Ground Zeroes” noch sehr klein ist, bekommt man einen guten Eindruck davon, wie „Phantom Pain” letztendlich aussehen soll. Das Camp umfasst verschiedene Areale, wie einen Flugplatz, ein Gefangenenlager, aber auch Einrichtungen, die sich unter der Erde befinden. Bereits jetzt hat man das Gefühl, dass es schier endlos viel zu entdecken gibt und die Zeit des ersten Spieldurchgangs reicht gar nicht dazu aus, um alles zu entdecken.

Screenshot der PS4-Fassung

Die perfekte Stelle,...

... um auf den anfangs erwähnten Punkt zu sprechen zu kommen: der Umfang. Für die Hauptmission braucht es im Durchschnitt etwa zwei bis drei Stunden bis man die Credits sieht. Auch wenn ich bereits vorgewarnt war, war die Überraschung groß als die Credits über den Bildschirm liefen, da der Schluss äußerst abrupt einsetzte. Es ist nicht so, dass man nach dem Abschluss der Hauptmission das Spiel direkt in die Ecke werfen kann. Nach den Credits schaltet man weitere Nebenmissionen frei, in denen man sich wieder auf die Basis begibt und andere Ziele verfolgen kann. Ebenso gibt es eine Online-Rangliste, was zu Speedruns animiert. Aber Achtung: der Bestwert für die Hauptmission liegt bereits jetzt bei zehn Minuten. All das täuscht dennoch nicht darüber hinweg, dass das eigentliche Spiel bereits abgeschlossen ist und die weiteren Nebenmissionen, trotz einem netten Easter-Egg, nur eine dürftige Motivation bieten.

Die Frage danach, inwiefern es sich lohnt bei „Ground Zeroes” zuzugreifen, ist daher nur schwierig zu beantworten. Der Einblick, den man mit „Ground Zeroes” auf das kommende „The Phantom Pain” bekommt, ist nämlich fantastisch und eine Erfahrung wert. Der Spielfluss ist phänomenal und die offene Welt gibt bereits jetzt einen guten Eindruck davon, was die Spieler im kommenden Teil zu erwarten haben. Im Gegensatz zu den PlayStation 4-Besitzern muss man auf der PlayStation 3 die Erwartung an die Technik ein wenig herunterschrauben. Die FOX-Engine ist auch auf der alten Konsole mächtig und bringt das Spiel zwar mit einer geringeren Auflösung sowie weniger Framerate auf die Mattscheibe. Dennoch sorgen die Licht- und Regen-Effekte für eine packende Atmosphäre. Allgemein wirkt die Umgebung so lebhaft, wie man es bisher bloß selten erleben konnte. Seien es die Ratten, die über den Boden tummeln oder das Gras, welches im Wind weht. Auch auf der PlayStation 3 wird man nur selten Zeuge von aufploppenden Elementen oder nachladenden Texturen. Einzig, dass herumliegende Körper nach einer gewissen Zeit verschwinden, wenn man zu einem Ort zurückkehrt, lässt sich hier einwenden. Doch das ist tatsächlich ein Stöhnen auf äußerst hohem Niveau.