Ich hatte mich wirklich gefreut, als eine PlayStation 3-Version von „Chivalry: Medieval Warfare“ angekündigt wurde. Zwar habe ich den Titel auf dem PC nie gespielt, dennoch wurde das mittelalterliche Multiplayer-Spiel, das durch Kickstarter finanziert wurde, hoch gelobt. Wer also ein Online-Erlebnis aus der Ego-Perspektive genießen möchte, das statt mit Schusswaffen vor allem durch den Nahkampf überzeugen will, sollte sich die PC-Version anschauen. Der Port auf die Sony-Konsole ist nämlich nicht gelungen.

Ein überragendes Konzept

Eine wirkliche Geschichte gibt es in „Chivalry: Medieval Warfare“ nicht. Das liegt einfach daran, dass das Spiel vollkommen auf die Online-Komponenten ausgelegt ist. In vielen bekannten Modi, wie dem Deathmatch oder der Eroberung der Flagge, müssen möglichst viele Gegner besiegt werden, während manchmal auch bestimmte Aufgaben erfüllt werden sollen. Das läuft allerdings komplett anders ab, als man es von dem Genre erwartet. Aus der Egoperspektive steuert der Spieler nämlich eine von vier Klassen, die an das Mittelalter angelehnt sind. Und weil es zu der Zeit neben dem Bogen kaum Schusswaffen gab, wird der Fokus hier auf den Nahkampf gelegt. Dementsprechend steuert der Spieler auf Konfrontationen zu, um mit der richtigen Mischung aus Hieben und Blocken den Kontrahenten zur Strecke zu bringen.

Das mag sich spannend anhören, und tatsächlich bieten die verschiedenen Kampftechniken anfangs eine Menge Motivation. Denn wer wirklich alles beherrschen möchte, braucht eine lange Übungszeit, die das Spiel mit dem Tutorial erleichtern will. Allerdings fangen hier schon die schwerwiegenden Probleme an. Der Spieler findet sich nämlich im Spielmodus Ausbildung in einem Lager wieder, in dem es verschiedene Bereiche zum trainieren gibt. In diesen wird das Kampfsystem genau erklärt, und anschließend soll jede Technik bis zu drei Mal ausgeführt werden, um die Übung zu beenden. Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Vertonung der Ausbilder schlechter kaum sein könnte. Hier wollten die Sprecher wohl eine mittelalterliche Atmosphäre vermitteln, konnten sich aber an Lächerlichkeit kaum überbieten. Doch auch die Übungen selber sind nicht frei von Fehlern. Einige erfolgreiche Aktionen müssen mehrfach ausgeführt werden, bis sie anerkannt werden. Das sollte nicht so sein und nervt gewaltig, obwohl das Spiel noch keine zehn Minuten läuft.

Steuerung 101

Das Kampfsystem überrascht vorerst positiv. Zwar scheint die Fülle an Möglichkeiten zunächst überwältigend, mit ein wenig Übung kann jedoch jeder Spieler schnell Erfolge verbuchen, wenn er die richtigen Aktionen zur richtigen Zeit anwendet. Dieses Spielprinzip ist sowohl motivierend als auch umfangreich, weshalb der Titel auf dem PC so viel Zuspruch erhalten hat. Theoretisch soll das vermutlich auch auf der PlayStation 3 so sein, allerdings haben es die Entwickler nicht geschafft, die Steuerung gut auf den Controller zu übertragen. Sind die leichten Schläge noch mit den Schultertasten ausführbar, benötigen die fortgeschrittenen Techniken die Kombination mehrerer Knöpfe. Allerdings scheint es merkwürdig, dass fast alle Tasten miteinander kombinierbar sind. Nicht selten muss zum Beispiel der R3-Knopf sowie L2 gedrückt werden, was im schnellen Gefecht eher umständlich als intuitiv ist. Durch diese überladene Steuerung kann das Kampfsystem nicht punkten, was überaus schade ist, denn das ist alleine ein Problem der Portierung, nicht des eigentlichen Spiels.

Die Offline-Spaßbremse

Bevor sich der Spieler in die Online-Schlachten wagt, sollte er lieber den Einzelspieler angehen. Hier lassen sich auch bereits vier der sechs Modi auswählen, wobei reale Spieler durch bis zu sieben Bots ersetzt werden. Im „Team-Deathmatch“ treten zwei Gruppen gegeneinander an und müssen möglichst viele Gegner in blutigen Kämpfen besiegen. Wer sich für „Frei-für-alle“ entscheidet, darf jeden angreifen und töten. „Bis zum letzten Mann“ besteht aus mehreren kleinen Runden, die enden, sobald jeder des gegnerischen Teams besiegt wurde. Abschließend sind die „Teammissionen“ ein interessanter Zeitvertreib, bei denen bestimmte Ziele erfüllt werden müssen, um siegreich vom Schlachtfeld zu ziehen.

Das hört sich ebenso gut an wie das Kampfsystem, und tatsächlich dienen diese Missionen als gutes Training. Wer allerdings wirklich mit einer Herausforderung rechnet, wird enttäuscht. Das liegt an den sagenhaft dummen Bots, die in der Form selten anzutreffen sind. Flüchtet der Spieler hinter eine Mauer, sind diese ganz verwundert darüber, wohin er verschwunden ist und gehen in eine komplett andere Richtung, als ob nie etwas gewesen wäre. Ebenso sind sie recht träge, weshalb das Angreifen und Kontern eher zur Lachnummer als zur Herausforderung wird. Zwar bleibt der Multiplayer das Herzstück des Spiels, dennoch wurden hier erneut Chancen verspielt.

Auch Online nicht überragend

Wer erstmals den Online-Modus startet, darf sich über zwei weitere Arten zu Spielen freuen. Die „Eroberung der Flagge“ bietet einen weiteren klassischen Modus, in dem drei Flaggen erobert und beschützt werden müssen. Zuletzt steht noch das Duell zur Verfügung, in dem zwei Spieler gegeneinander antreten. Dieser ist auch der einzige Modus, der wirklich zeigt, dass das Kampfsystem auf der Konsole funktionieren kann. Alle anderen Modi arten in eine Metzelei aus, bei der jeder nur versucht, zu Schlagen und zu Kontern. Vor allem in Gruppen-Kämpfen ist meist so viel los, dass ein strategisches Vorgehen nahezu unmöglich wird. Das wird durch recht unstabile Server und viele Fehler noch komplizierter. Am Ende machen alle Modi durchaus ein wenig Spaß, werden aber zu schnell langweilig und verschenken zu viele Chancen. Mit einer präziseren Steuerung wäre hier deutlich mehr möglich gewesen. Wenigstens gibt es 14 verschieden Umgebungen, die sich in der Größe stark unterscheiden. Während einige Modi alle Karten zulassen, kann in anderen nur auf den großen Schlachtfeldern gekämpft werden. Wenigstens bieten diese auch Fallen, die jedoch nach einmaligem auslösen keinen Spieler mehr überraschen werden. Hinzu kommt ein Level-System, das neben geringfügig anderen Waffen kaum etwas bieten kann.

Technik

Die Grafik in „Chivalry: Medieval Warfare“ ist bemerkenswert. Nicht, weil sie so gut ist, sondern weil der Titel wohl einer der optisch hässlichsten auf der PlayStation 3 ist. Einige Hintergründe sehen aus, als seien sie direkt von der PlayStation 1 geklaut worden, während die Charaktermodelle noch akzeptabel scheinen. Dafür sind die Gebäude und Gegenstände ebenfalls bei weitem nicht zeitgemäß und wären dies auch vor fünf Jahren nicht gewesen. Auf den Bildern mag das nicht so schlimm aussehen, im Spiel selber merkt man aber erst, wie schlecht die Grafik selbst heute noch bei neuen Titeln sein kann. Es bleibt ein Rätsel, was hier falsch gelaufen ist, da die ältere PC-Version weitaus besser aussieht. Wer allerdings ein Fan von brutalen Animationen ist, dürfte sich freuen, denn das Spiel ist recht blutig geraten. Abgetrennte Körperteile sowie eine Menge Blut sind zwar kein optisches Highlight, stechen aber aus der mauen Grafik heraus.

Auch die Performance kann überhaupt nicht überzeugen. Mag man das im Online-Modus noch auf die Internetverbindung schieben, merkt man im Einzelspieler, dass die grauenhafte Bildrate sowie die zahlreichen Bugs dem Spiel geschuldet sind. Zudem laden viele Texturen erst, wenn der Spieler direkt vor den Objekten steht. Manchmal laden diese aber auch gar nicht und es ist schwer zu erkennen, was für ein Gegenstand vor dem Charakter steht. Bereits in den ersten 30 Minuten haben die Gegner gelernt, wie man in den Himmel fliegt oder einfach stehen bleibt, um getötet zu werden. Der Soundtrack kann ebenso nicht überzeugen, da die Töne unrealistisch klingen und die Musik kaum auffällt.