Epic Games ist vor allem für ihre Unreal Engine bekannt, die in unzähligen Videospielen ihren Einsatz findet und mittlerweile in der vierten Fassung existiert. Aber sie entwickeln auch immer wieder eigene Spiele, die auch zeigen sollen, was mit der neuen Engine erreicht werden kann. Bisher konzentrierten sich diese Titel aber auf das Genre der Shooter, jedoch kam nun vor kurzem mit „Paragon” eine MOBA aus dem Hause Epic, die ab sofort im Early Access auf der PlayStation 4 und dem PC erhältlich ist. Ich hab vor vier Jahren nach langer Zeit den MOBAs den Rücken gekehrt. Ob „Paragon” mich schon in der jetzigen Form zu dem Genre zurückkehren lässt, erfahrt ihr in dem folgenden Bericht.

MOBA – kann man das essen?

Bevor ich tiefer in die Materie einsteige, wäre eine Begriffserklärung hilfreich, da viele sicherlich schon oft von diesen ominösen MOBAs gehört haben, aber auf Konsolen nur selten bis gar nicht in Berührung damit gekommen sind. Der Begriff ist ein Kürzel für Massively Online Battle Arena und beschreibt im Grunde ein kompetitives Multiplayer-Spiel, bei dem mindestens zwei Teams, bestehend aus mehreren Mitspielern, auf einer überschaubaren Karte gegeneinander antreten. Bei „Paragon” gibt es derzeit eine Karte auf der ein sogenannter „Fünf gegen Fünf”-Modus ausgetragen wird. Ziel des Spiels ist es, die gegenerischen Türme auf den drei Lanes zu zerstören, um nach und nach den eigenen Minions den Weg zur Basis des Gegner-Teams zu bahnen. Der eigene Charakter ist ein Champion mit vier verschiedenen Fähigkeiten, der eine bestimmte Rolle wie Caster, Support oder Tank einnimmt. Zu Beginn einer jeden Runde startet man wieder auf Level 1 und muss XP durch Minion- oder Champion-Tötungen sammeln. Dazu kommt noch ein Shop, indem man mit dem verdienten Geld, das man auch durch bestimmte Aktionen bekommt, seinen Champ passend zu der eigenen Rolle verbessern kann.

Drei Lanes, zwei Teams, ein Ziel

Kommen wir nun zu „Paragon” an sich. Im Gegensatz zu anderen MOBAs spielt man hier direkt aus der Third-Person-Perspektive, was das gesamte Gameplay ein wenig abwandelt. Denn dadurch vermittelt die Ansicht, dass man es hier mit einem Shooter im MOBA-Gewand zu tun hat. Jedoch liegt man damit komplett falsch, denn alle Angriffe haben weiterhin eine bestimmte Reichweite, die man anhand des Fadenkreuzes einschätzen kann. Das ist aber auch der Punkt an dem Epic noch unbedingt schrauben muss, denn bisher spielt sich das Spiel recht träge, da man bei den Fähigkeiten immer erst schauen muss, ob die Reichweite auch genügt. Bis man das erkannt hat, ist der Gegner schon öfters mal über alle Berge davon. Man muss also entweder seinen Champion wirklich perfekt auswendig kennen oder sich damit abfinden, dass hin und wieder der Gegner entkommt, da man nicht schnell genug abschätzen kann, ob die Attacke nun trifft oder nicht. Dazu kommt die zwar recht präzise, dadurch aber auch leicht träge Steuerung.

Ein fast leerer Jungle

Neben den normalen Lanes gibt es natürlich auch den Jungle, der die einzelnen Pfade miteinander verbindet. Dort befinden sich auch einige neutrale Monster, die kleinere Buffs und XP-Boosts geben, jedoch merkt man vor allem hier, dass das Spiel sich noch in Entwicklung befindet. Die Gegner haben keine Texturen, die Wege durch den Wald sind relativ geradlinig und einen richtigen Sinn gibt es bisher nur dann, wenn man mit dem gesamten Team sozusagen den Boss der Karte besiegt, der einen ordentlichen Boost gibt, durch den das Team einen großen Vorteil gegenüber den Kontrahenten bekommt. Aber ein Champ, der dafür prädestiniert ist, nur durch den Wald zu laufen und auf den Lanes die Gegner von hinten einzukesseln, ist mir derzeit noch nicht aufgefallen. Dadurch laufen die Matches eigentlich immer gleich ab und unterscheiden sich eigentlich nur in dem Skill der Kontrahenten, sowie den eigenen Teammitgliedern. Das wird sich sicherlich im Laufe der Entwicklung und den kommenden Open Beta-Phasen noch etwas ändern, aber bisher ist der Spielablauf noch abwechslungsarmer als bei anderen MOBAs.

Karten mit Fähigkeiten

Einen etwas anderen Weg geht „Paragon”, wenn man sich das Shop-System etwas näher anschaut. Denn für Tötungen, dem Ausnutzen der verschiedenen Ernte-Maschinen und dem Zerstören von Türmen bekommt man Karten-Erfahrungspunkte. Bei einem Level-Aufstieg im Karten-Level bekommt man drei Punkte, mit denen man neue Karten kaufen kann, die entweder ein direkt nützliches Item, wie ein Lebens- oder Mana-Trank, sind, Equipment, das einen oder mehrere Werte verbessert, sowie noch spezielle aktive Fähigkeiten und Upgrades für Equipment sein können.

Für jeden Champ gibt es ein vorgefertigtes Deck, das immer die ungefähr gleichen Karten abgestimmt auf die Rollen enthält. Wer etwas Abwechslung und vor allem auch bessere Karten nutzen möchte, der muss erstens seinen Account auf Level 5 bringen und dann vor dem eigentlichen Spiel einiges an Zeit mitbringen. Denn schon nach kurzer Zeit hat man einiges an Karten durch Level-Ups und tägliche Logins gesammelt. Leider ist die Übersicht derzeit im Deck-Builder noch etwas mangelhaft und die Karten oft so ähnlich, dass man sie sich ganz genau durchlesen muss, um herausfinden, was sie denn jetzt genau bringt. Ob die gewählte Karte dann auch wirklich nützlich ist, kann man nicht genau abschätzen – zumindest zu Beginn, wenn man als Spieler noch nicht genau weiß, welchen Charakter man wie spielen möchte. Insgesamt ist das Karten-System für mich die einzige große Neuerung, die „Paragon” mit in das Genre bringt, die aber bisher noch nicht so ganz gelingt. Dafür dauert es einfach zu lange bis man sein Deck erstellt hat und wenn dann doch einige Karten nicht nützlich sind, dann muss man erst wieder mehrere Minuten umbauen, nur um dann zu merken, dass es doch wieder umgebaut werden muss. Wer sich aber in solche Systeme gerne einarbeitet, der wird sicherlich seinen Spaß daran haben.

Noch ein langer Weg

Insgesamt hat „Paragon” noch einen langen Weg vor sich, um im MOBA-Genre auf lange Zeit zu bestehen. Es ist noch viel zu früh, um zu sagen, wie die bisherigen Systeme im finalen Zustand sein werden. Alles braucht noch einiges an Arbeit, damit hier nicht nur die nächste MOBA entsteht, die keine motivierenden Alleinstellungsmerkmale mitbringt. Die etwas andere Perspektive, die auch schon von anderen Spielen gemacht wurden, reicht nicht aus, um mich als jemand, der vor vielen Jahren aufgehört hat MOBAs intensiv zu spielen, wieder an das Genre zu binden. Bisher muss man wirklich viel Zeit, Lust und mehr als ein basisches Wissen zu MOBAs mitbringen, um wirklich durchzustarten. Da helfen auch die kleinen Erklärungsvideos zum Gameplay und den einzelnen Champions nur bedingt.

Schon ansehnlich

Die Technik hingegen scheint schon etwas abgerundeter. Natürlich sind alle Assets noch nicht final und auch die Animationen sind noch etwas haklig, aber man kann schon sehr gut merken in welche Richtung es gehen soll. Dafür läuft das Spiel stets flüssig und einige der Effekte zeigen, dass die Unreal Engine 4 noch einmal bei der Effektpower eine Schippe drauf legen wird. Der Soundtrack und die Stimmen der Charaktere bleiben bisher aber noch eher im Hintergrund und werden wahrscheinlich nur von den wenigsten wirklich Beachtung finden. Wer schon jetzt im Early Access noch etwas mehr Geld ausgeben möchte, der kann das für Karten-Pakete, Skins und Challenges tun.