Der deutsche Spieleentwickler und Publisher Daedalic hat dieses Jahr zehn Spiele zur Gamescom mitgebracht – das bisher größte Line-up des Studios hinter Spielen wie „Edna bricht aus“ oder „The Whispered World“. Die Hälfte dieser Spiele wird auch für Konsolen erscheinen. Diese fünf Titel hat uns Daedalic vorgestellt, und so können Burak und Tobias frische neue Eindrücke dazu aus erster Hand geben. „Silence“, „AER“ und „The Long Journey Home“ haben wir übrigens schon auf der Gamescom 2015 gesehen (wir berichteten).

Silence

„Silence“ ist der Nachfolger von „The Whispered World“ und erzählt von der berührenden Geschichte der Geschwister Noah und Renie. Wie man es von Daedalics Klassikern gewohnt ist, sieht der Grafikstil wieder sehr gelungen und liebevoll aus und konnte uns absolut überzeugen. Anstelle eines simplen 2D-Point-and-Clicks, wie es etwa der Vorgänger ist, ist „Silence“ etwas komplizierter: Hier treffen 3D-Charaktere auf zweidimensionale Hintergründe, die dennoch einen räumlichen und dynamischen Effekt erzeugen.

Das ist es auch, was zur sehr langen Entwicklungszeit des Spiels beigetragen hat. Wie uns Produzent Ralf Kessler und „The Whispered World“-Schöpfer Marco Hüllen erklärten, befinde sich „Silence“ bereits seit langen vier Jahren in der Mache, wobei Hüllen die Idee zu dem Spiel noch länger im Kopf gehabt habe – „The Whispered World“ kam 2009 auf den Markt. Der Hauptgrund für diese lange Produktionsphase war die aufwändige Grafik, denn etwa zwei Jahre nach Projektbeginn krempelte Daedalic die Technik hinter dem Spiel gehörig um zum finalen Mix aus 2D und 3D.

Soweit wir das beurteilen können, hat sich die Arbeit definitiv gelohnt. Aufgrund der modernen Technik und auch spielerischer Finessen bezeichnen die Entwickler das Spiel als „modern adventure“; inhaltlich wird aber wieder eine klassische, lineare Handlung erzählt, die sich über etwa zwölf Stunden Spielzeit erstrecken soll. Zwischendurch wird der Spieler immer wieder Entscheidungen in den Gesprächen treffen können, die Einfluss auf den unmittelbaren Kontext haben. So kann der Spieler sogar scheitern, sodass Noah im Extremfall den Bildschirmtod stirbt – eher ungewöhnlich in einem klassischen Adventure. Langfristig wirken sich diese Entscheidungen aber nicht aus; „Silence“ hat nur ein einziges Ende.

Im vierten Quartal 2016 soll das Spiel neben der PlayStation 4 auch für Xbox One und PC herauskommen. Und für Fans des Vorgängers hat Daedalic übrigens auch gesorgt, wird es doch auch Abschnitte geben, die stärker an „The Whispered World“ erinnern, und auch bekannte Charaktere aus dem ersten Teil wird man wieder treffen dürfen.

AER

In „AER“ übernehmen wir die Rolle über das Mädchen Auk, das sich in einen Vogel verwandeln kann. Diese Fähigkeit ist für sie auch sehr nützlich – denn die Welt von „AER“ besteht aus lauter kleiner Inseln, die in der Luft schweben. Auk ist allerdings nur eine von zwei Personen dieser Welt, die solche Transformationskräfte besitzt. Auch warum die Welt so ist, wie sie ist, weiß keiner so recht. Was hinter dem als „The Great Divide“ bezeichneten Ereignis steckt, findet Auk im Laufe der Handlung heraus.

„AER“ erweist sich als ruhiges Erkundungsspiel, in dem man mit Auk frei durch den Himmel fliegen und übergangslos auf den Inseln landen kann. Immer wieder gibt es Rätsel zu lösen und auch Verliese zu bestehen. Kämpfe stehen aber nicht auf der Tagesordnung. Dadurch und durch die gelungene Low-Poly-Grafik, die durch schicke Beleuchtungseffekte sehr atmosphärisch wirkt, hinterlässt „AER“ einen entspannenden Eindruck. So verwundert es nicht, dass die Entwickler „Journey“ als Inspiration benannten, aber auch „Zelda“-Spiele standen, wie nicht zuletzt an der Grafik ersichtlich wird, Pate.

Entwickelt wird „AER“ nicht direkt von Daedalic, sondern vom schwedischen Indie-Studio Forgotten Keys. Es soll im ersten Quartal 2017 für PlayStation 4, Xbox One und PC auf den Markt kommen.

State of Mind

In „State of Mind“ ist die Menschheit so weit, dass sie mit den Erinnerungen, Gedanken und dem Wissen eines einzelnen Menschen versucht ein virtuelles Ebenbild zu erschaffen, das in einer Art Cloud gespeichert wird. Als eines der ersten Testobjekte geht beim Protagonisten Richard dieser Versuch jedoch schief, sodass mit Adam ein imperfekter Klon entsteht. Sowohl das Original als auch sein misslungenes Ebenbild erinnern sich aber nicht an dieses Ereignis.

Im Spiel versucht man Schritt für Schritt die Erinnerungen an den Klonversuch wiederherzustellen, und zwar jeweils auf der realen und der virtuellen Welt. Währenddessen bekommt die Spielerin beziehungsweise der Spieler einen Einblick in die Gedankenwelt und Vergangenheit von Richard, in dem sie oder er den jeweiligen Abschnitt spielt. Der Protagonist habe jedoch keine saubere Weste, was bald auch dem misslungenen Klon Adam klar wird.

Das Abenteuer ist sehr Story-lastig und bietet daher auch zahlreiche Dialoge mit mehreren Antwortmöglichkeiten. Man könne zudem zwischen beiden Welten wechseln und damit sowohl Richard als auch Adam auf ihrem Weg unterstützen. Neben der interessanten Story verspricht der Titel aber auch visuell einiges und präsentiert sich in einem tollen quasi-polygonialem Stil. In der kurzen Zeit hat das Spiel jedenfalls unser Interesse geweckt, sodass wir auf das finale Abenteuer gespannt sind.

Shadow Tactics

In „Shadow Tactics“ des Münchner Entwicklerteams Mimimi steuert man bis zu fünf einzigartige Charaktere über eine 2,5D-Karte einer historischen japanischen Ortschaft und muss dabei jemanden Assassinieren oder wichtige Dokumente entwenden. Auf der Karte sind die verschiedenen Ziele jedoch durch Wächter, Samurai oder Ninjas geschützt, sodass man vorsichtig vorangehen muss, um die eigenen Charaktere unentdeckt zum Ziel und wieder heraus zu führen.

Interessant ist dabei wie viel strategisch möglich ist und dass tatsächlich auch einige Wege zum Ziel führen. Es wird der Spielerin beziehungsweise dem Spieler selbst überlassen, ob sie oder er sich einfach durchkämpft, den Kampf vollständig vermeidet oder eine Lösung dazwischen findet. Die Gegner reagieren jedenfalls auf Geräusche oder merkwürdiges Verhalten und rufen im Zweifelsfall Verstärkung. Andererseits ist es auch möglich manche Wächter derart zu töten, dass es wie ein Unfall aussieht, sodass die übrigen Kontrahenten erstmal nicht alarmiert sind.

Mit einem Grafikstil, der an ältere japanische Malereien erinnert, und einem Gameplay, der wie oben beschrieben einiges verspricht, ist der Titel definitiv eines der interessanteren Spiele des Genres und soll nach aktueller Planung im Herbst 2016 unter anderem für die PlayStation 4 erscheinen.

The Long Journey Home

In unserer letzten Vorschau hatten wir „The Long Journey Home“ als deutsche Antwort auf „No Man's Sky“ beschrieben und grob lässt sich der Titel weiterhin als solche darstellen. Anfangs generieren irgendwelche Algorithmen zufällig ein Universum, in dem man um das Überleben kämpfen muss. Entsprechend ähneln sich Planeten und Galaxien unwillkürlich auch jenen aus „No Man's Sky“, doch glücklicherweise unterscheidet sich das Spiel bereits zu Beginn wesentlich von Hello Games' „Space Exploration Game“.

In „The Long Journey Home“ besteht die Crew aus vier von insgesamt zehn auswählbaren Charakteren, die ihre eigenen Stärken und Schwächen besitzen. Entsprechend ist es keine Seltenheit, dass sich jemand aus der Crew verletzt oder eine Person erkrankt. Das Spiel geht so weit, dass sogar Charaktere sterben können; sind alle weg, hört das Spiel auch auf. Glücklicherweise kann man auf den zahlreichen Planeten Ressourcen finden und diese in Medizin oder Heilmittel weiter verarbeiten.

Weiterhin gibt es über zehn verschiedene außerirdische Rassen, die in bestimmten diplomatischen Verhältnissen zueinander stehen und auch mit der eigenen Crew verhandeln. Weitet man allerdings mit einem Volk die Beziehungen aus, kann es passieren, dass eine diesem Volk feindlich eingestellte Rasse danach auch die Menschheit als Feind einstuft. Insgesamt erwartet einen mit „The Long Journey Home“ ein höchst strategisches Spiel, das aber auch die Erkundungsfreiheit eines „No Man's Sky“ bietet. Wie schnell Daedalics „Space Exploration Game“ in Monotonie verfällt, wird sich allerdings noch zeigen müssen.