In einem Videospiel ist man oft auf ein oder zwei Charaktere beschränkt und erlebt das Spiel aus deren Sicht. Diesen Umstand bricht David OReilly mit seinem philosophischen Machwerk „Everything” auf. In dem Spiel ist der Name Programm und man kann wirklich alles spielen. Ob uns das etwas andere Erlebnis gefallen hat, lest ihr in dem folgenden Bericht.

Geboren aus dem Nichts

Alles startet mit einem zufällig ausgewählten Punkt und meist in der Rolle eines Tieres. Mit diesem kann man sich in einer stark reduzierten, teils lustig wirkenden, Animation durch die ebenfalls sehr minimalistisch gestaltete Umgebung bewegen. Nur ein leuchtender Punkt zeigt einem den Weg. Kommt man dort an, bekommt man neue Fähigkeiten und kann nach und nach die Rolle von größeren oder kleineren Wesen übernehmen, mit ihnen singen, was im Grunde einfach nur ein spezifisches Geräusch ist, oder auch tanzen. Ein richtiges Ziel hat „Everything” nicht, gerade am Anfang folgt man blind den vorgegebenen Punkten und lernt so nach und nach alles kennen. Dabei merkt man spätestens in abstrakten Räumen, wie den eindimensionalen Formen, oder auch einer Galaxie, die aus vielen weiteren Galaxien besteht, dass man es hier nicht mit einem klassischen Videospiel zu tun hat.

Ein Zahnrad im Gefüge der Welt

Das erstreckt sich auch weiter, wenn man nach und nach Videoaufnahmen des Philosophs Alan Watts findet. Die Monologe handeln meist von der Existenz im Universum und was es bedeutet, ein kleines Zahnrad in etwas viel größerem, gar unendlichem zu sein. Das Spiel stellt existentielle Fragen auf und zeigt gleichzeitig eine unendliche Welt, bei der man sich die Gedanken von Gegenständen anschauen kann und auf Basis der gesammelten Gedanken eigene macht. Da fragt sich auch schon einmal eine Schere, ob sie mit ihren scharfen Klingen nur geschaffen wurde, um zu zerstören. Ansonsten ist „Everything” eine Sandbox bei der es vor allem darum geht, einfach zu sehen, was in der Welt alles existiert und wie diese Sachen zusammenhängen. Dass dabei die Frames sehr variabel und meist unter 30 sind sowie die Grafik eher zweckmäßig daherkommt, ist vollkommen egal, da der Stil und alles dahinter viel mehr zündet. Der Soundtrack wartet mit seichten Klängen auf, die aber gut zu der transzendenten Erfahrung passen.


Fazit

Ich kann und möchte „Everything” eigentlich nicht auf einem normalen Weg als Videospiel bewerten, da es sich selbst auch als etwas anderes ansieht. Es ist einfach abgefahren und wird wahrscheinlich viele stark gegen den Kopf stoßen, da es nicht einfach ein Spiel mit einem Ziel ist. Anfangs kann man zwar dem Tutorial folgen und alle Monologe von Watts finden, aber es geht viel mehr darum, sich selbst in der Unendlichkeit der Welt zu verlieren. Wer also gerne mal etwas komplett abwegiges spielen möchte, das man so selten geboten bekommt, der trifft mit „Everything” eine sehr gute Wahl.