„Was wäre, wenn unsere größten Helden plötzlich zu unserer größten Bedrohung werden würden?“. Bereits vor einigen Monaten veröffentlichte Warner Bros. „Injustice: Götter unter uns“ für die letzte Konsolengeneration, welches eben dieser Frage in Hinblick auf die Helden und Schurken aus dem DC Comics-Universum auf den Grund ging. Passend zum PS4-Start veröffentlichte Warner Bros. nun die „Ultimate Edition“, deren Umfang noch einen Packen dicker geschnürt wurde. Wir haben uns noch einmal das Cape umgebunden und sind nach Metropolis aufgebrochen.

„Ultimate Edition“ - Das heißt?

Im Grunde genommen ist die „Ultimate Edition“ das gleiche Spiel wie es im letzten Frühjahr bereits für die PlayStation 3, Xbox 360, Wii U und den PC veröffentlicht wurde. Der Unterschied liegt darin, dass die „Ultimate Edition“ bereits von Haus aus alles umfasst, was man in den ursprünglichen Fassungen als DLC zusätzlich bezahlen musste. Im Klartext heißt dies, dass die sechs Charaktere Batgirl, Lobo, Zatanna, Zod, Scorpion und Martian Manhunter mit von der Partie sind und nur darauf warten, sich in das Kampfgeschehen einzumischen. Hinzu kommen 30 neue Kostüme für unterschiedliche Spielfiguren sowie 60 Missionen im S.T.A.R.-Labs-Modus, auf den wir noch später eingehen werden. Die Kostüme sollten hauptsächlich die langjährigen DC-Fans ansprechen und sind für alle anderen maximal eine nette Dreingabe. Anders verhält es sich mit den Charakteren, die herzlichst in der „Injustice“-Riege begrüßt werden, so wie die S.T.A.R.-Labs-Missionen, die den ohnehin schon mehr als umfangreichen Modus weiter ausdehnen.

Was wäre, wenn...

Bevor man sich an die anderen Modi wagt, empfiehlt sich zum Einstieg in „Injustice: Götter unter uns“ möglichst mit dem Story-Modus anzufangen. Dieser umfasst zwölf Kapitel und lässt den Spieler mit einem Großteil der Charaktere vertraut werden. Nicht alle Charaktere kommen zum Zug, dennoch bekommt man so einen guten Gesamteindruck der unterschiedlichen Fähigkeiten, die jeder Charakter mit sich bringt.

Die Handlung beginnt in einem alternativen Universum, in dem der Joker mittels eines Tricks Superman dazu bringt, seine Geliebte Lois und sein noch ungeborenes Kind umzubringen. Der Held fällt in einen tiefen Zorn, in dem er nicht nur den Joker umbringt, sondern auch eine neue, diktatorische Weltordnung erschafft. Von seinem Verlust und Zorn geblendet, regiert er mit unbarmherziger Härte. Einige Mitglieder der Justice League schließen sich dem Tyrannen an, während andere seiner Grausamkeit zum Opfer fallen. Unter der Führung von Batman kann ein Teil der Helden in den Untergrund fliehen. Ihnen gelingt es, ihre alternativen Formen aus einem anderen Universum zur Hilfe zu holen, um gemeinsam gegen Supermans Tyrannei anzukämpfen.

Zu Anfang kann es ganz schön verwirrend sein, wenn auf einmal zwei Batmans auf dem Bildschirm auftauchen. Wer aufmerksam den Geschehnissen folgt, sollte sich durch solche Umstände dennoch nicht verwirren lassen. Auch wenn die Erzählweise und Handlung nicht unbedingt filmreif sind und der Modus nach drei bis vier Stunden abgehakt ist, hinterlässt die Story von „Injustice: Götter unter uns“ einen schon fast epischen Eindruck. Das scheint wohl das Ergebnis zu sein, wenn derart viele Superhelden unter derart düsteren Umständen aufeinander treffen, um sich gegenseitig nach Strich und Faden zu vermöbeln!

Mit Superhelden scherzt man nicht

„Injustice: Götter unter uns“ setzt auf ein für das Genre typisches Kampfsystem bestehend aus leichten, mittleren und schweren Angriffen. Zusammen mit den Richtungstasten kann man besonders effektive Kombinationsangriffe ausführen. Im Vergleich zu anderen Spielen des Genres fallen die Kombination sogar relativ einfach aus. Mit ein wenig Übung können sogar Anfänger, die sich bislang nicht großartig mit dem Genre auseinandergesetzt haben, effektive Angriffe ausführen. Wie üblich wird die Entscheidung zwischen Analogstick und Steuerkreuz dem Spieler überlassen. Wer Erfahrungen mit dem Genre hat, wird jedoch wissen, dass das Steuerkreuz die präzisere Ausführung von Kombos ermöglicht.

Nach jedem Kampf erhält man Erfahrungspunkte, die zum Level-Aufstieg führen. Der Spielerlevel hat jedoch keine Auswirkung auf die Fähigkeiten der Charaktere. Stattdessen erhält man neue Embleme und Hintergründe für seine Heldenkarte – eine Art Visitenkarte, die besonders online interessant wird – neue Kostüme für die Charaktere oder Zugangskarten für neue Herausforderungen; doch dazu später mehr.

Die Kombinationsangriffe lassen sich aneinander reihen, um so längere und effektivere Angriffe auszuführen. Mit der richtigen Übung kann man den Gegner mit Faustschlägen und Tritten regelrecht in der Luft jonglieren, ohne dass er eine Chance hat, der Angriffswelle zu entkommen. Fehler beim Timing können somit schnell zum Verhängnis werden. Abseits der drei Standardangriffe besitzt jeder Charakter eine besondere Fähigkeit, die sich über die Kreis-Taste auslösen lässt. Während Batman mit einem Schwarm mechanischer Fledermäuse kontert und Superman einen ordentlichen Kraftschub erhält, kann Green Arrow beispielsweise verschiedene Pfeilarten benutzen und so seinen Gegner sogar einfrieren. Zusätzlich besitzt jeder Charakter noch einen speziellen Griff, den man über die L1-Taste ausführen kann.

Hier fliegen nicht nur Fäuste

Für ausgeführte Kombinationen wird das sogenannte Super Meter gefüllt. Ist dieses komplett gefüllt, kann man den Super-Angriff eines Charakters über seinen Gegner hereinbrechen lassen. Das Ganze ist nicht nur unglaublich effektiv, sondern sieht dabei auch äußerst spektakulär aus. Ein paar Beispiele: Superman katapultiert mit einem gezielten Schlag seinen Gegner bis ins Weltall, um ihn von dort wieder mit ordentlich Power auf die Erde zurückzuschleudern. Aquaman beschwört eine riesige Flutwelle herauf, spießt seinen Gegner mit seinem Dreizack auf, um ihn an einen herbei schwimmenden Hai zu verfüttern. Und dann wäre da noch Flash, der im Bruchteil einer Sekunde einmal um die Erde rennt, um seinem Kontrahenten mit gehörig Schwung eins auf die Zähne zu geben. Diese Szenen sind mit derart viel Action gefüllt – und zugegebenermaßen nicht ohne – lassen sich jedoch immer wieder mit Begeisterung ansehen. Da bleibt einem schon einmal der Mund offen stehen, wenn Batman zunächst seinen Gegner mit seinem gesamten Repertoire an Gadgets verwirrt, um ihn anschließend von seinem anrasenden Bat-Mobil überfahren zu lassen. Ein besonderes Lob verdient NetherRealm Studios dafür, dass man sich sichtlich Mühe gegeben hat, die verschiedenen Charakteristiken in die Angriffe einfließen zu lassen. Das nennt man echten Fan-Service!

Hochhäuser zum Einstürzen bringen

Natürlich muss man sich das nicht gefallen lassen. Gelingt es einem, einen Super-Angriff abzublocken, entsteht eine sogenannte Wager-Situation. Bei diesem kann man Einheiten seines gefüllten Super Meters verwetten. Gewinnt man die Wette, erhält man einen Teil seiner Lebensenergie zurück, während der Gegner Schaden einstecken muss. Das Kampfsystem von „Injustice: Götter unter uns“ besitzt jedoch noch einige weitere intelligente Einfälle. Ähnlich wie bei der „Dead or Alive“-Reihe kann man seinen Gegner aus der Arena schleudern und anschließend in einem anderen Gebiet weiterkämpfen. Und es wäre nicht „Injustice: Götter unter uns“, wenn dies nicht auf spektakuläre und brutale Art und Weise geschehen würde. Da fliegen die Gegner gerne mal durch ganze Hochhäuser, werden von einem Zug überfahren oder sogar von einem Bergbau-Bohrer erwischt. Zum Glück reden wir hier von Superhelden, denn ein Normalsterblicher würde diese Tortur auf keinen Fall überstehen.

Da wo die Helden auftauchen, ist Zerstörung vorprogrammiert, denn „Injustice: Götter unter uns“ erlaubt eine große Interaktivität mit der Umgebung. Mit der R1-Taste können beispielsweise Autos geschleudert oder Granaten aufgehoben werden. In der Bat-Höhle lassen sich sogar Raketen abschießen. „Injustice: Götter unter uns“ bietet somit einige abwechslungsreiche Möglichkeiten die zwei Lebensbalken seines Gegners zu dezimieren. Richtig gehört: Jeder Spieler besitzt zwei Balken mit Lebensenergie. Anstatt den typischen Hin- und Rückkämpfen in anderen Spielen, wird das Spiel kurz von einer triumphierenden Pose des Helden unterbrochen, wenn einer der beiden Balken des Gegners aufgebraucht wurde. Eine durchaus kluge Idee, denn auf diese Weise wird der Spielfluss nicht komplett unterbrochen und man kann sich nach dem Aufrappeln direkt wieder ins Geschehen stürzen.

Helden werden immer gebraucht!

Abseits des bereits beleuchteten Story-Modus besitzt „Injustice: Götter unter uns“ auch noch einige andere interessante Modi. Da wäre natürlich der obligatorische Versus-Modus, in dem man einfach drauf los prügeln kann. Lobenswert: Alle Charaktere und Arenen sind von Anfang an verfügbar. Wer sich gar nicht groß mit dem Story-Modus auseinandersetzen möchte, wird somit nicht dazu gezwungen, in diesem erst alle Charaktere und Umgebungen freizuspielen.

Interessant für Einzelspieler sind wohl die Modi „Kämpfe“ und „S.T.A.R. Lab“. Bei „Kämpfe“ handelt es sich um den klassischen Arcade-Modus, in dem man am Stück gegen eine Anzahl von Gegnern antritt. Insgesamt gibt es zwanzig verschiedene Herausforderungen, die sich durch die Zugangskarten freischalten lassen, die man für den Levelanstieg erhält. Jede Herausforderung hat andere Regeln. Beispielsweise muss man seinen Gegner in einem Zeitlimit besiegen oder wird durch Gift eingeschränkt. Für das Absolvieren dieser Herausforderungen erhält man zudem Einblick in das individuelle Ende der Charaktere nach dem Story-Modus.

In dem Modus „S.T.A.R. Lab“ stellt man sich verschiedenen Missionen, die das Ausführen verschiedener Kombos fordern. Während sich die ersten Missionen eher wie ein erweiterter Trainings-Modus anfühlen, zieht der Schwierigkeitsgrad schnell an. In manchen Missionen wird man auf bestimmte Angriffe beschränkt, während das Abschließen anderer Missionen das Ausführen ausgewählter Kombinationen erfordert. Insgesamt stehen in der „Ultimate Edition“ satte 300 Missionen zur Verfügung. Ein ganz schön saftiger Umfang für all diejenigen, die das Spiel bis zu seinen Grenzen ausreizen wollen.

Wer hauptsächlich alleine spielt, wird mit „Injustice: Götter unter uns“ wohl definitiv auf seine Kosten kommen. Trotz allem stellt besonders der Multiplayer-Modus seit eh und je einen wichtigen Bestandteil eines Beat'em'Ups dar. Wer an „Injustice“ ohnehin seinen Spaß findet, wird etliche Stunden im Mehrspieler-Modus verbringen können. Das tolle ist, dass man auch ohne große Vorkenntnisse den Controller in die Hand nehmen und sich in das Spiel einarbeiten kann. So bietet sich eine Runde im Mehrspieler-Modus auch dann an, wenn der andere Spieler mit dem Genre sonst bloß wenig am Hut hat. Was enttäuschend aufstößt, sind die geringen Möglichkeiten des Multiplayer-Modus: Alternative Spiel-Modi oder besondere Einstellungsmöglichkeiten fehlen gänzlich. Online sieht es immerhin ein wenig besser aus. Abseits der Versus Ranglisten-Kämpfe gibt es einen „King of the Hill“- und „Überleben“-Modus. Ein Lob verdient die flüssige Spielübertragung, die während unserer Testzeit zu keinem Zeitpunkt Probleme machte.

Technik

Der „Ultimate Edition“ merkt man ganz klar an, dass sie auf einem Spiel der letzten Konsolengeneration basiert und die Möglichkeiten der PlayStation 4 nicht wirklich ausreizt. Keine Frage: In den Arenen ist immer etwas los, es geht etwas zu Bruch und Explosionen stehen an der Tagesordnung. Die Super-Angriffe sind ein reines Effektfeuerwerk und setzen dem ganzen die Krone auf. Auf der PlayStation 4 wird „Injustice: Götter unter uns“ in voller 1080p-Auflösung dargestellt, was das Kantenflimmern beseitigt und zur Folge hat, dass die Umgebungen im Hintergrund und Charaktermodelle detailreicher wirken. Ärgerlich ist, dass auch in der „Ultimate Edition“ die Zwischensequenzen grafisch schwächer wirken als die eigentliche Spielgrafik. Die Sequenzen wirken verwaschen und die Charaktermodelle sind nicht ansatzweise so detailreich wie während den Kämpfen. Zwar wurde das Touchpad des DualShock 4 eingebaut, ist dennoch kaum einer Erwähnung wert. Innerhalb der seltenen Minispiel-Sequenzen im Story-Modus kann man mit Hilfe des Touchpads Wischgesten in unterschiedliche Richtungen ausführen. Dies wirkt einfach nur aufgesetzt und stellt keine Bereicherung dar. Lobenswert bleibt die deutsche Synchronisation der Charaktere, die dank der perfekt auf die Charaktere zugeschnittenen Dialoge gut zur Geltung kommt.