1998, 2000 und 2004 erschienen die bislang veröffentlichten drei Teile der „Thief“-Reihe. Nach fast zehn Jahren Ruhe wird es nun endlich Zeit, dass Meisterdieb Garrett erneut zu seinem Bogen greift und auf einen nächtlichen Raubzug geht. Allerdings schicken die Jungs und Mädels von Eidos Montréal ihn nicht in einem Prequel oder Sequel aus, sondern haben eine komplette Neuinterpretation der „Thief“-Reihe mit brandneuer Geschichte und sowohl alten als auch neuen Charakteren entwickelt. Wir möchten euch auf einen ersten nächtlichen Raubzug mitnehmen, werden in Bezug auf die Geschichte allerdings versuchen, euch noch weitestgehend im Dunklen zu lassen.

Geschichte

Garrett ist ein Meisterdieb, dem in Sachen Diebstahl, Tarnung und Beschattung niemand etwas vormacht. Doch der größte Einbruch seines Lebens scheitert. Garrett, der dem Tod dabei nur knapp entkommt, wacht erst ein Jahr später wieder auf. Die Stadt steht mittlerweile unter der vollständigen militärischen Kontrolle von Baron Northcrest, der seine Vision eines fortschrittlichen und industriellen Fortschritts unbarmherzig verfolgt. Eine Atmosphäre aus Angst und Hoffnungslosigkeit hat sich in der Stadt verbreitet. Die Nahrungsmittel sind knapp und zusätzlich breitet sich auch noch eine geheimnisvolle, tödliche Krankheit in den Straßen der Stadt aus. Da verwundert es nicht, dass sich das Volk unter der Führung von Orion, der Stimme des Volkes, langsam erhebt und eine blutige Revolution kurz bevorsteht. Doch welche Rolle kommt Garrett in diesem Konflikt zu?

Garrett, der Meisterdieb

Zurück zum Anfang, denn bevor Garrett seinen eigenen Kampf aufnehmen kann, werden im Prolog die Hintergründe des gescheiterten Einbruchs erzählt. Außerdem werden einem die Grundlagen des Daseins als Meisterdieb beigebracht. Dazu zählt das Schleichen im Schatten und vorbei an Tieren wie Raben oder Wachhunden. Außerdem wird einem der Umgang mit dem Bogen beigebracht und man bekommt die Grundlagen im Laufen, Rennen, Springen und die Waffenauswahl erklärt. Das eigentliche erste Kapitel beginnt allerdings erst ein Jahr nach den Ereignissen des gescheiterten nächtlichen Raubzugs. Garrett macht sich Kapitel für Kapitel auf neue nächtliche Raubzüge durch die kranke Stadt auf, die von den Stadtwachen von Baron Northcrest und seiner rechten Hand, dem Diebesfänger-General, bewacht wird.

Meist hat Garrett dabei eine feste Beute im Blick. Nur die Art und Weise, wie er an sein Ziel kommt, kann man selbst bestimmen. Entweder schleicht der Meisterdieb durch den Schatten, löscht heimlich alle Lichtquellen und sorgt für die notwendige Ablenkung, um die Wachen von ihren festen Posten wegzulocken und anschließend selbst unbemerkt vorbei schleichen zu können. Eine Glasflasche gezielt in einer anderen geworfen, ist mehr wert als jeder Direktangriff. Oder man wählt eben die aggressive Art und agiert eher als Meuchler denn als Dieb. Mit dem Schlagstock werden Stadtwachen ebenso ausgeschaltet wie mit dem Bogen und der einen oder anderen Explosion. Eine Leuchtkugel zeigt an, ob man die Schatten ausnutzt, um möglichst unbemerkt voranzukommen, oder für mögliche Feinde offen agiert. In diesen Fällen muss man sich allerdings auf offene Konflikte einstellen.

Als Meisterdieb ist man natürlich ständig auf der Suche nach wertvoller Beute, die man beim Hehler seines Vertrauens verkaufen kann. Deswegen sollte man alle Gegenstände, die man während eines Kapitels findet, mitnehmen. Taschenuhr, Parfümflakon, Flachmann – alles, was wertvoll erscheint und mitgenommen werden kann, bringt auch Geld ein. Es gibt natürlich auch besondere Sammlerstücke, die man erst findet, wenn man beispielsweise aufmerksam auch hinter Gemälden nachguckt und dahinter liegende Tresore mit dem eigenen Dietrich-Set knackt. Fenster müssen aufgehebelt und Türen und Lüftungsschächte geöffnet werden.

Werkzeuge eines Meisterdiebes

Bei seinen Einbrüchen greift Garrett auf zahlreiche Werkzeuge zurück, die er teilweise von Beginn an dabei hat und teilweise erst käuflich erwerben muss. Wichtigstes Werkzeug ist natürlich sein Bogen, mit dem er nicht nur seine Feinde ausschaltet, sondern auch die Umgebung manipuliert. Dabei kommen unterschiedliche Arten von Pfeilen zum Einsatz. Mit Wasserpfeilen können beispielweise alle Arten von offenen Feuern gelöscht werden, damit Garrett weiter im Dunklen agieren kann. Mit Feuerpfeilen kann brennbares Material entzünden werden, wodurch sich Wachen ablenken lassen. Kurze Zeit handlungsunfähig werden Feinde, wenn sie von einem Würgepfeil getroffen werden, und der Seilpfeil verschießt ein Seil, an dem man über Abgründe klettern kann.

Wenn Garrett Gegner möglichst geräuschlos ausschalten möchte, greift er in der Regel auf seinen Schlagstock zurück. Mit diesem verteidigt er sich allerdings auch, wenn er entdeckt wurde. Mit der Kralle kann der Meisterdieb Dächer und Mauervorsprünge erreichen, wodurch sich neue Wege bei seinen Diebeszügen eröffnen. Da überall in den Wohnhäusern auch Fallen angebracht sind, die ein Eindringen von Dieben verhindern sollen, hat Garrett auch einen Drahtschneider zur Entschärfung dabei. Eine weiteres nützliches, erst zu erwerbendes Werkzeug ist der Schraubenschlüssel, mit dem man Lüftungsgitter aufschrauben und sammelbare Metallplatten von Statuen und Gebäuden abschrauben kann. Ebenfalls hilfreich ist die Rasierklinge, die dem geräuschlosen Entfernen von Gemälden aus Rahmen dient. Die Waffen- beziehungsweise Hilfsmittelauswahl über das Touchpad ist allerdings keine gute Entscheidung seitens der Entwickler gewesen. Gerade, wenn man anstatt eines bestimmtes Pfeil ein Mohn und Nahrungsmittel wählt, welches sofort verbraucht wird, obwohl man es gerade in diesem Moment nicht unbedingt benötigt.

Upgrades und Hilfsobjekte

Beim Schwarzmarkthändler kann Garret zudem einige Upgrades käuflich erwerben, die seine Werkzeuge noch wirkungsvoller machen. Dazu zählen beispielsweise die Vergrößerung der Köcherkapazität, die Erhöhung des Schadens von Pfeilen und des Schlagstocks und die Fütterung beziehungsweise Härtung der eigenen Montur, um den Schaden in Kämpfen oder nach Stürzen zu reduzieren. Zusätzlich gibt es Hilfsobjekte, die, einmal erworben, dem Spieler einen permanenten Vorteil verschaffen. Durch Aschensalbei-Öl verringert sich beispielsweise der Schaden durch Feuer und Fallen. Mit Bassos Bürgschaft reduzieren sich die Kosten für Werkzeuge um 25 Prozent und durch die Glücksmünze erhöht sich der maximale Fokus.

Fokusfähigkeit

Nach dem verlorenen Jahr wacht Garrett gestärkt auf und erkennt schon kurz danach, dass er in der Lage ist, seine Fähigkeiten zu fokussieren, wodurch seine Diebesfähigkeiten effektiver werden. Die Fokusfähigkeiten unterteilen sich in die acht Kategorien Intuition, Geschicklichkeit, Scharfschütze, Sinne, Kampf, Geschwindigkeit, Effizienz und Tarnung mit jeweils zwei Stufen. Stufe 1 der Intuition bewirkt beispielsweise, dass sowohl potentielle Diebesbeute als auch interaktive Elemente in der Stadt blau hervorgehoben werden. Feinde und Fallen werden in rot angezeigt. Stufe 2 zeigt zusätzlich Handabdrücke, die auf seltene Sammelobjekte hinweisen. Stufe 1 in der Kategorie Scharfschütze bewirkt, dass die Sichtweite beim Heranzoomen vergrößert wird. Bei Stufe 2 wird die Zeit verlangsamt, um zielgenauer treffen zu können. Die Fokusfähigkeit wird durch einfaches Knopfdrücken eingesetzt und wieder abgeschaltet. Wer Mohn findet oder käuflich erwirbt, kann seine Fokusanzeige wieder auffrischen.

Die Stadt

Am Ende eines jeden Kapitels bekommt man seine Spielstatistik angezeigt, die einem beispielsweise darüber Auskunft gibt, ob man unauffällig oder auffällig agiert hat, ob alle Sammelgegenstände gefunden wurden oder wie viel Gegner man ausgeschaltet hat. Zwischen den einzelnen Kapiteln kann Garrett auch die Stadt erkunden. Neben nächtlichen Raubzügen in den Häusern der Adligen kann er sich auch etwas Kleingeld verdienen, indem er Diebesaufträge von seinem Freund Basso annimmt. Basso ist ein ehemaliger Tresorknacker, der aktuell als Hehler tätig ist und dadurch Verbindungen zur Unterwelt hat. Außerdem kann die Königin der Bettler besucht werden, bei der er Geld gegen die Steigerung der genannten Fokusfähigkeiten eintauschen kann. Sie ist eine alte, blinde Frau, die in dem Ruf steht, immer alles zu wissen, was in der Stadt vor sich geht, auch wenn über sie selbst nichts bekannt ist. Das auf den nächtlichen Raubzügen gesammelte Diebesgut kann man sich natürlich auch in Garrotts Unterschlupf jederzeit anschauen.

Schurke, Dieb und Meister

„Thief“ hat drei Standardschwierigkeitsgrade. Im Schurken-Modus sind die Gegner schwach und nicht sehr aufmerksam. Zudem sind die Ressourcen günstig käuflich zu erwerben. Im Dieb-Modus sind die Gegner kompetenter und aufmerksamer. Die Ressourcen sind teurer, allerdings immer noch bezahlbar. Im Meister-Modus sind Gegner nun eine tödliche Herausforderung. Zivilisten dürfen weder getötet noch bewusstlos geschlagen werden und die Ressourcen sind erheblich teurer. Wer möchte, kann den Schwierigkeitsgrad allerdings auch an den eigenen Vorstellungen anpassen. Dabei kann beispielsweise eingestellt werden, ob Medikamente und Mohn überhaupt eingesetzt werden können, die Fokusfähigkeit zum Einsatz kommt, Speichern im Spiel möglich ist oder das Spiel sogar nach einem Tod endet.

Herausforderungen

Neben dem Story-Modus findet man noch drei unterschiedliche Herausforderungsmodi, die sogar mit einer Online-Bestenliste aufwarten. Bei Pausenlos Punkten geht es darum, innerhalb eines Zeitlimits möglichst viele und wertvolle Diebesbeute zu stehlen. Erfolgreiche Diebestouren bringen zusätzliche Zeit und eventuell auch den ein oder anderen Multiplikator. Bei Pausenlos Punkten auf Zeit entfällt die Möglichkeit, durch Erfolge die Zeiten zu verlängern. Bei Spezialbeutejagd ist irgendwo auf der Karte eine besondere Beute versteckt, die mittels des Heiß und Kalt-Prinzips gefunden werden muss. Ziel ist es, innerhalb des Zeitlimits auf diese Art möglichst viele Beutestücke zu finden. Wer bei der Suche Münzen sammelt, bekommt Bonuszeit und -punkte.

Technik

Grafisch zeigt mit „Thief“ endlich einmal wieder ein PlayStation 4-Spiel, was auf der Heimkonsole möglich ist. Die düstere, barocke Stadt ist riesig und abwechslungsreich. Die Wohnhäuser sind unterschiedlich eingerichtet und meist verbreiten nur Kerzen oder kleine Kaminfeuer etwas Licht. Die Atmosphäre ist sehr intensiv, gerade wenn man bei einem seiner nächtlichen Raubzüge plötzlich einem der Hausbewohner oder eine Stadtwache begegnet. Dass „Thief“ einen Blick über den Tellerrand geworfen hat und an in Bezug auf den Grafikstil in einigen Punkten an „Bioshock Infinite“ und „Dishonored: Die Maske des Zorns“ erinnert, merkt man dem Spiel allerdings an. Wunderschöne Licht- und Schatteneffekte und Gesichtsmodelle machen das Spiel jedoch wesentlich aktueller. Akustisch punktet „Thief“ mit einem stimmigen Gesamtpaket aus düsteren Klängen, Tierlauten und Gegenständen, die Geräusche verursachen, sowie einer atmosphärischen deutschen Sprachausgabe.

Die Steuerung ist ebenfalls gut, auch wenn man sich an einige Tastenbelegungen erst gewöhnen muss. Kleinere Kritikpunkte gibt es allerdings für die Waffen- beziehungsweise Hilfsmittelauswahl über das Touchpad. Es ist keine optimale Lösung, da es schon einmal vorkommt, dass man den falschen Gegenstand anwählt. Das ist besonders ärgerlich, wenn anstatt einer Glasflasche beispielsweise Mohn oder ein Nahrungsmittel angewählt wird, die bei Auswahl direkt verbraucht werden. Dank an dieser Stelle dem Waffenschnellzugriff über das Steuerkreuz. Zudem treten beim Klettern ab und an Probleme auf, gerade wenn man sich nach dem Hochklettern direkt ducken muss.