Der Entwickler Ghost Games ist seit 2013 verantwortlich für „Need for Speed“ und hat mit dem letzten Ableger „NFS Rivals“ einen durchweg soliden Titel abgelegt. Seit 1994 gibt es die Serie und wurde immer wieder mehr oder weniger neu erfunden. Mit dem aktuellen Spiel, das den schlichten Namen „Need for Speed“ trägt, geht man im Hause EA wieder zurück zu den Wurzeln des Rennabenteuers. Geile Racing-Action oder Kolbenfresser? Das erfahrt ihr in unserem Test.

Hollywood oder wat?

Der wohl offensichtlichste, neueste Clou der Entwickler springt einem bereits recht schnell in die Augen und wenn man gerade von einer Runde „Guitar Hero Live“ zurückkehrt, ist man der ganzen Sache irgendwie vertraut. Die Story des Spiels wird nämlich in filmischer Manier vorangetrieben. Man findet sich selbst in einer Crew wieder, deren Charaktere gut und gerne auch aus „The Fast and Furious“ stammen könnten oder eben aus dem Film zu „Need for Speed“. Da gibt es den reichen Jungen, den harten Typen, die ebenso harte Tante und zusätzlich noch ne Blondine. Soweit so stereotypisch.

Bevor man jene Kumpanen näher kennenlernt, darf man sich eines der drei Wagen, Subaru BR-Z, Fox Body Ford Mustang oder einen Honda Civic Type R schnappen, um diesen fortan sein Eigen zu nennen und in Ventura Bay – so der fiktive Ort –damit herum cruisen. Kurz darauf geht es in kurzen Filmclips aus der Ego-Perspektive durch die Werkstatt eurer Crew. Diese Art der narrativen Einführung in das Spiel zieht einen für ein Rennspiel ungemein tief in die Geschehnisse und lässt einem gut in der riesige Open World von „Need for Speed“ ankommen. Die Filmszenen nennen die einen lächerlich, wir empfanden sie als durchweg gelungen. Die Wahl des Vehikels sei übrigens wohl überlegt: Setzt das Spiel doch voll und ganz auf das Tuning jenes und bietet nicht all zu oft Möglichkeiten, ein weiteres zu kaufen. Insgesamt sind neue Autos nämlich arg teuer und in der hauseigenen Garage ist eh nur Platz für fünf fahrbare Untersätze.

Bereits während der ersten Ausfahrt im typisch-amerikanischen Städtchen, klingelt das eigene Smartphone und die eine oder andere Herausforderung wird gestellt. Im Wesentlichen gliedern sich diese in die Kategorien Speed, Style, Crew, Schrauber und Outlaw. Das Event lässt sich via Karte rasch anwählen und kann dann mittels Auto oder direkt via Klick erreicht werden. Fährt man selbst, sammelt man REP-Punkte, die in anderen Spielen einfach EP oder Erfahrungspunkte heißen.

Fünf Möglichkeiten, zu spielen

Schauen wir uns die Kategorien an dieser Stelle mal genauer an: Speed-Missionen sind altbekannte Sprint-Rennen, Rundkurse oder Zeitfahren. Style-Events sind eine Kombination aus einem klassischen Rennen und Driften. Die Crew-Kategorie steht ganz im Zeichen vom Driften, während sich Schrauber-Herausforderungen darin gestalten, dass es hier genau darauf ankommt, seinen Wagen in bestimmter Weise zu tunen. In Outlaw-Events bekommt man es, wie der Name schon vermuten lässt, mit der Polizei zu tun.

Jede Kategorie bringt seinen eigenen Plot mit, der sich wiederum in der Gesamtgeschichte verstrickt. Ziel ist es in jeder Kategorie, wen man gut genug ist, der krasseste und fetteste Rennfahrer zu werden, yo! Gen Ende tritt man schließlich gegen Größen der Autoszene an: Beim Speed steht der Porsche-Sammler Magnus Walker, bei Style der Rallye- und Rallycross-Fahrer Ken Block, als Schrauber die Tuner-Legende Akira Nakai-San, in der Crew Chicagos Underground-Gang Risky Devil und als Outlaw Morohoshi-san, der Star der Untergrundszene von Tokio, bereit.

Ach ja, Autorennen

Neben der wirklich gut umgesetzten Story und den fünf nahtlos verbundenen Gameplay-Styles, sollte bei einem Rennspiel natürlich auch das Fahren ordentlich funktionieren. Und genau das tut es auch. Diesmal ist das jeweilige Auto komplett anpassbar und kann dem jeweiligen Fahrstil, sprich Grip, Drift oder irgendetwas dazwischen, angepasst werden. Enthusiasten können hier einige Zeit verbringen, Stümper wie ich basteln sich zwei Autos: Eines mit Grip das andere mit einem ausbrechendem Heck, sobald man auch nur die Handbremse berührt.

Der restliche Tuning-Werkzeug-Koffer kann sich absolut sehen lassen und bietet alles, was ein Schrauber-Herz begehrt. In jenen muss auch recht schnell gegriffen werden, will man nach den ersten Rennen weiterhin mithalten können. Diverse Folierungs- und Individualisierungsmöglichkeiten wie das eigene Kennzeichen runden das Gesamtpaket ab.

Gefälschte Abgaswerte?

Um gefälschte Abgaswerte schert sich natürlich in Ventura Bay niemand, viel mehr ist für den geneigten Gamer der Umfang eines Spiels von Interesse. Hiervon bietet „Need for Speed“ mit circa 15 Stunden, wenn man sich auf die Hauptmissionen konzentriert, eine ordentliche Portion, deren Wiederspielwert jedoch äußerst gering ist. Dies liegt ganz einfach an dem Gameplay, das die Geschichte stark in den Vordergrund stellt. Zudem stellt Ghost Games jeden Tag neue Herausforderungen bereit, die einem die Möglichkeit bieten, die Bestenlisten zu erklimmern. Für die Zukunft ist außerdem kostenfreier DLC angekündigt.

Anstoß zur Kritik gibt auch der Fakt, dass ohne eine Internetverbindung das Spiel quasi wertlos ist. Selbst strikte Solo-Spieler benötigen eine Verbindung ins Internet. Gerechtfertigt wird dies zum Beispiel, dass in der virtuellen City stets Mitspieler unterwegs sind. Das Online-Matching ist somit ein wenig kantig, fehlt doch die klassische Lobby. Schön ist hingegen, dass sich zufällig getroffene Fahrer per Knopfdruck herausfordern lassen. Mit Freunden gestaltet sich die Zusammenkunft etwas einfacher, da man sich mit diesen in Crews zusammentun kann.

Kleinere Dinge wie die Möglichkeit, manuell zu schalten oder die GPS-Route im Blickfeld auszuschalten, fehlen unverständlicherweise. War hier eventuell Zeitdruck der Henker jener Features?

Wasser-Spiegelung

Im stets verregneten und abwechslungsreichen Ventura Bay bietet sich dem geneigten Speedjunkie ein wahrhaft schickes Bild, das sich cineastisch-liebevoll in die Story und den Soundtrack einfügt. Nicht selten schwindet der Unterschied zur Realität und verzückt somit das Auge. Hier gibt es nichts auszusetzen.