„The Binding of Isaac: Rebirth“ dürfte sich im Besitz vieler PlayStation 4-Spieler befinden. Das liegt mit Sicherheit daran, dass der Titel bei seinem Erscheinen im PlayStation Plus-Programm landete und damit für Abonnenten kostenlos zur Verfügung stand. Doch vor allem die Fans können ein Lied davon singen, wie viele Stunden sie mit dem Titel verbracht haben. Wir wollen einmal zurückschauen und im Vorfeld zum kommenden Release der Erweiterung „The Binding of Isaac: Afterbirth“ einmal schauen, ob das Spiel dem guten Ruf gerecht wird.

Die Opferung Isaacs mal anders

Der kleine Junge Isaac lebt in einer idyllischen Landschaft mit seiner Mutter zusammen. Während er recht einsam, aber scheinbar glücklich in seinem Zimmer spielt, schaut seine Mutter ausschließlich christliche Sendungen im TV. Dieses Leben sollte ein Ende finden, als plötzlich Gott zur Dame des Hauses spricht, und ihr erzählt, dass ihr Sohn von der Sünde befallen sei. Zwar befolgt sie den Rat ihres Herren brav und nimmt sowohl die Spielzeuge, als auch die Kleidung von Isaac an sich, kann ihren Sohn jedoch trotzdem nicht retten. Stattdessen soll sie Gott beweisen, dass sie wirklich alles tun würde, und ihren Sohn töten. Dieser bekommt das mit, und kann sich gerade noch so durch eine mysteriöse Falltür retten, die ihn bis in den Uterus seiner Mutter und noch weiter führen sollte.

Die Geschichte ist eine ganz klare Anspielung auf die Opferung Isaacs im alten Testament der Bibel. Für Entwickler Edmund McMillen war das ein ganz persönliches Anliegen, denn er selbst ist streng katholisch aufgewachsen und rechnet hiermit ein Stück weit mit seiner Vergangenheit ab. Natürlich ist das sehr abstrakt, was nicht nur die mehr als zahlreichen Enden zeigen. Scheinbar fehlt nämlich jede Logik, und es erscheint doch recht merkwürdig, wie er gegen seine Mutter ankämpft, was für Kreaturen er begegnet und wo sein Vater ist. Stückchenweise werden einige Geheimnisse angesprochen, jedoch nie wirklich gelüftet. Wer sich näher mit der Materie beschäftigt wird jedoch einer harten Geschichte begegnen, die sich mit mehr Themen beschäftigt, als man zunächst glauben mag.

The Legend of Isaac

Wer sich gar nicht mit der vagen Geschichte beschäftigen möchte, kann sie auch komplett ignorieren und wird nicht weniger Spaß haben. Bei „The Binding of Isaac: Rebirth“ handelt es sich nämlich um einen waschechten Rogue-like, der sich diverse Elemente vom originalen „The Legend of Zelda“ ausleiht. Der Spieler schlüpft in die Rolle von Isaac und durchläuft verschiedene Ebenen, die alle aus mehreren Räumen bestehen. Welche Räume wo landen, wird bei jedem Durchlauf neu generiert, sodass man nie dieselbe Runde zwei Mal spielen muss. Betritt der Spieler einen Raum, muss er zuerst alle Gegner besiegen, in dem er Isaacs Tränen verschießt. Das geschieht wahlweise per rechtem Stick oder durch die vier Buchstaben-Knöpfen. Sind alle Gegner erledigt, geht es weiter zum nächsten Raum, bis schließlich die Boss-Tür erreicht ist. Dahinter wartet ein deutlich härterer Gegner, dessen Angriffsmuster der Spieler zuerst erlenen muss, um siegreich auf die nächste Ebene zu gelangen. Nach einigen Ebenen steht dann ein Kampf gegen Mom an, und wer diesen einmal schafft, darf sich über zwei weitere Ebenen freuen, die in der Gebärmutter stattfinden und ebenfalls in einen rasanten Endkampf münden.

Das mag sich zuerst nicht besonders anhören, dennoch ist die Struktur bereits seit dem ersten „The Legend of Zelda“ beliebt. Isaac steuert sich sehr dynamisch, und es macht einfach Spaß, die Räume zu durchsuchen. Manchmal lassen Gegner auch Items fallen, wie zum Beispiel Bomben. Diese dienen dazu, geheime Räume zu entdecken, mysteriöse Steine zu zerstören oder Gegnern im Kampf Schaden zuzufügen. Weiterhin gibt es Schlüssel, die einige Türen öffnen, sowie Pillen und Karten, die temporäre oder dauerhafte Statusveränderungen mit sich bringen. Mal wird Isaac für kurze Zeit unverwundbar, mal erhöht sich die Anzahl der Herzen, die er aufnehmen kann, manchmal werden seine Tränen allerdings auch langsamer oder er nimmt Schaden davon. Gerade bei den Pillen weiß der Spieler nie, welche Effekte sie haben, weshalb sie bei jedem neuen Spieldurchgang Segen oder Fluch sein können.

Einmal alles zum mitnehmen, bitte!

Was das Spiel jedoch besonders reizvoll macht, sind die Items. Auf jeder Ebene gibt es davon zumindest zwei, lässt man den Shop außen vor. Das erste kann der Spieler durch den Schatz-Raum erhalten, für den er jedoch ab der 2. Ebene einen Schlüssel braucht. Der zweite Gegenstand erscheint nach dem Besiegen des jeweiligen Bosses. Und eben diese Items sind das besondere an dem Spiel, denn auch sie werden immer wieder durch gemischt, sodass der Spieler selten im ersten Raum öfters denselben Gegenstand findet. Die Effekte dieser sind ebenso extrem unterschiedlich. Mal schenken sie dem Jungen einen neuen Herz-Container, mal werden seine Statistiken verbessert, und er wird schneller, stärker und kann in höherer Frequenz schießen. Allerdings gibt es auch sichtbarere Funktionen, zum Beispiel kann Isaac Bomben schießen, seine Tränen schweben um ihn herum oder er lässt einen riesigen Strahl von sich los, der alle Gegner in seinem Weg vernichtet, oder zumindest hohen Schaden zufügt.

Die Anzahl dieser sogenannten passiven Items ist extrem hoch, doch irgendwann hat der Spieler natürlich alle gesehen. Trotzdem bleibt das System spannend, denn viele der Fähigkeiten lassen sich miteinander kombinieren, und eben das Bestaunen der Synergien motiviert selbst nach über 100 Stunden noch. Manchmal ist der unfreiwillige Held unglaublich stark und selbst die stärksten Bosse sind nach wenigen Sekunden besiegt. Umgekehrt kann ein einziges Items auch den kompletten Durchlauf zerstören, denn nicht alle Kombinationen vertragen sich gut. Die Ungewissheit, der Ärger, die Freude, das alles macht „Isaac” zu einem unvergesslichen Spiel, das nie aufhört, zu motivieren.

Lasset die Fliegen tanzen!

Doch nicht alle Items wirken sich auf die Eigenschaften des Charakters aus. Die zweite Kategorie besteht aus den sogenannten aktivierbaren Gegenständen, die ein wenig anders funktionieren. Einmal aufgenommen, lassen sich die Effekte jederzeit aktivieren, solange die Ladung voll ist. Ist der Balken neben dem Item leer, muss Isaac in verschiedenen Räumen Gegner besiegen, pro Raum füllt sich der Balken um eins, anschließend kann die Fähigkeit wieder genutzt werden. Und auch diese sind durchaus hilfreich. Mal kann der Junge für kurze Zeit fliegen, mal wird allen Gegnern im Raum Schaden zugefügt und andere Gegenstände lassen freundliche Fliegen erscheinen, die sich auf die Monster stürzen.

Anders, als bei den passiven Items, können die aktivierbaren nicht miteinander kombiniert werden. Der Spieler darf nur eines davon gleichzeitig tragen und muss sich demnach also entscheiden, ob er sein aktuelles austauscht oder doch lieber auf ein anderes verzichtet. Diese Planung ist ebenfalls Teil des Spaßes, denn wenn zwei überaus gute Gegenstände vor einem stehen, kann die Überlegung durchaus ein wenig dauern. Ebenso ist es immer unklar, ob hinter der Schatzraum-Tür nun ein passives oder aktivierbaren Items auf den Spieler wartet. Den Abschluss machen die sogenannten Tinkets, die kleinere, passive Effekte mit sich bringen, die wir an dieser Stelle noch nicht verraten wollen. Wenn sich die Spieler allerdings über Krebs freuen, wird deutlich, dass selbst die Items einen rabenschwarzen Humor preisgeben.

„Wird das nicht langweilig?“

Nun könnte man meinen, dieses Prinzip nutzt sich schnell ab. Allerdings gibt es haufenweise Inhalte, die der Spieler erst freischalten muss. Am offensichtlichsten wären da die unterschiedlichen Charaktere. Wie viele genau das sind, wollen wir hier noch nicht verraten, allerdings werden fast alle Spieler im Internet nachschauen müssen, wie man denn den letzten von ihnen freischalten kann. Ansonsten steht bei den meisten direkt im Auswahl-Bildschirm, welche Bedingung das Freischalten bewirkt. Zu Isaac gesellen sich dann noch weitere an Bibel-Geschichten angelehnte Helden, wie zum Beispiel Cain, Eve oder Maggie. Diese starten mit anderen Statuswerten und dürfen sich über Start-Items freuen. Während Maggie einen zusätzlichen Herzcontainer besitzt, dafür aber langsamer ist, kommt Judas mit nur einem Herz aus, ist dafür aber sehr viel stärker. Besonders interessant ist Eden, der bei jedem Durchlauf auch mit komplett anderen Statuswerten, Items und Trinkets startet. Jedoch werden Tokens benötigt, um ihn zu nutzen. Wie der Spieler an diese kommt, soll hier noch nicht verraten werden.

Wer sich stundenlang mit dem Titel beschäftigt, wird zudem weitere, freischaltbare Inhalte entdecken. Dazu gehören neue Items, aber auch ganz neue Ebenen, die das Können der Spieler erneut auf die Probe stellen und mit einigen extrem harten Bossen daherkommen. Das alles wird über interne Erfolge protokolliert, und über eine Liste kann der Spieler nachschauen, wie viele Items er noch nie aufgesammelt hat. Gerade deshalb kann eine kurze Runde zwischendurch schnell den Akku leeren.

Noch mehr Inhalte, noch mehr Spaß

Wem das alles noch nicht genug ist, der darf sich über 20 Herausforderungen freuen, von denen manche jedoch auch erst freigeschaltet werden müssen. In diesen startet Isaac mit den wildesten Item-Kombinationen. Einige davon zeigen einen starken Charakter, einige fördern den Selbstmord von Isaac, doch fast jede der Aufgaben verlangt vom Spieler, seine Spielweise zu verändern und sich an besondere Situationen anzupassen. Hinzu kommt, dass in den meisten Herausforderungen keine Schatz-Räume vorhanden sind, weshalb andere Möglichkeiten umso wichtiger werden.

Ein weiterer netter Bonus ist die Seed-Mechanik. Wer nämlich einen besonders spannenden Durchlauf hat, kann das Spiel kurz pausieren, um sich einen Code zu notieren. Diesen kann nun jeder Spieler auf der entsprechenden Konsole eintippen, um exakt denselben Durchlauf nachzuspielen, vorausgesetzt, die Items sind bereits freigeschaltet. Dadurch kann man nicht nur seine besten Läufe präsentieren, sondern auch andere Spieler herausfordern, eine besonders schwierige Runde zu absolvieren. Alle Inhalte bieten so viel Motivation, dass selbst nach unzähligen Stunden noch neue Sachen entdeckt werden können, und seien es nur besonders spannende Kombinationen.

Lasset die Tränen fließen!

Eigentlich klingt bisher alles perfekt, jedoch gibt es leider auch Grund zur Kritik. Demnach ist vor allem der Einstieg in das Spiel mehr als kompliziert. Der Spieler wird fast erschlagen von den Items, und wer sich nicht auf das Erkunden und Erforschen dieser einlassen möchte, wird bereits nach kurzer Zeit keinen Spaß mehr mit „The Binding of Isaac: Rebirth“ haben. Eine Demo-Version hätte hier Abhilfe geschaffen, denn bevor man das Spiel einmal selbst ausprobiert hat, kann man einfach nicht wissen, ob man zu denen gehört, die locker auf mehrere hundert Stunden kommen, oder bereits nach einem Durchlauf genug gesehen hat. Zudem sollte man nicht zu kritisch damit sein, worüber man lachen darf, denn die Items machen sich über nahezu alles lustig, und auch durch die Gegner werden härtere Themen angesprochen, ohne hier zu viel zu verraten.

Spiel und Spaß mit Babys

Über ein besonderes Extra können sich die Käufer der PlayStation 4-Version freuen. Ist nämlich ein zweiter Controller eingeschaltet, kann ein weiterer Spieler mitten im Spiel einfach einen Herzcontainer vom Spieler klauen und ihm anschließend als fliegendes Baby helfen. Diese sind zwar etwas schwächer, jedoch kann ein gutes Team dadurch extrem stark werden und die Durchläufe machen noch mehr Spaß mit einem Freund. Alle Modi lassen sich so spielen und ermöglichen verschiedene Strategien, um Gegner noch schneller oder einfacher zu besiegen. Jedoch besteht immer ein Risiko, denn sollte der zweite Spieler noch unerfahren sein, können die Herzen schneller ausgehen, als einem lieb ist. Zudem gibt es einige besondere Babys mit tollen Fähigkeiten, aber auch solche, die das Team schwächen können. Diese Vielfalt verändert das Spiel so sehr, dass der Titel sich noch immer frisch anfühlt.

Technik

Wer bereits Fan der Musik aus „Super Meat Boy“ war, der wird sich sehr über die tolle musikalische Untermalung freuen. Die teilweise aggressiven, teilweise ruhigen Lieder passen fast immer zur aktuellen Situation und lassen die Ohrwürmer wachsen. Auch die Geräusche passen zum unbehaglichen Gefühl und lassen den Spieler in Isaacs Welt eintauchen. Der Grafikstil ist derweil etwas klassischer gehalten und wirkt wie eine sehr detaillierte Pixel-Optik, ohne jedoch zu grob oder schlicht zu wirken. Die Bildrate ist zudem stabil und nur selten kommt es zu kleineren Aussetzern, die das Spielgeschehen allerdings kaum beeinträchtigen.