Die Spielwelt erinnert mich etwas an „Limbo“, die kniffligen Rätsel an „VVVVVV“. Und dennoch nimmt mich „Hue“ auf eine ganz eigene Reise mit. Grund genug, um euch zu erklären, warum „Hue“ mich so unvorbereitet überrascht und gefesselt hat.


Die Faszination der Farben

Der Begriff „Hue“ ist leitend für so viele Aspekte des unscheinbaren Spiels. Hinter den drei Buchstaben steckt nicht nur der Name des Spiels und der Spielfigur, sondern auch das Leitmotiv: Farben.

Denn in der Welt von „Hue“ können die Menschen nur Grautöne wahrnehmen. Die Wissenschaftlerin Anne möchte sich damit nicht zufrieden geben und glaubt fest, dass es noch mehr Farben gibt. So beginnt sie mit ihren Forschungen in der Farbenlehre und entdeckt, dass es noch Millionen weiterer Farben gibt. Darum erschafft sie einen mysteriösen Ring, der es erlaubt, andere Farben wahrzunehmen und diese zu verändern. Es kommt allerdings zu einer Auseinandersetzung mit ihrem Forschungspartner, und so verschwindet Anne in einem Nichts zwischen den Farben. Als ihr Sohn Hue auf ein Bruchstück des Farb-Rings stößt, lernt er selbst die Faszination der Farben kennen und macht sich auf die Suche nach seiner Mutter.

Eine simple Idee eröffnet hundert Möglichkeiten

„Hue“ lässt mich gleich losspielen und hält sich nicht mit großen Erklärungen auf. Es gibt keine echten Zwischensequenzen. Die gesamte Geschichte wird größtenteils über die Briefe von Anne erzählt, die man auf der Suche nach ihr findet und die uns von einer sanften Stimme vorgetragen werden. Ich kann also weiterspielen und werde nicht angehalten, während mir die Details der Geschichte vorgetragen werden – ein Spielgefühl, das sich auch an anderen Stellen fortsetzt.

Gleich zu Beginn findet man das erste Fragment von Annes Farb-Ring. Mit diesem Moment wird dem noch eben tristen und stillen Spiel Leben eingehaucht. Alles erstrahlt in einem stechenden Blauton und gleichzeitig setzt die Musik mit ihren klassischen Klängen ein, die mich vom ersten Ton an zur Ruhe kommen lässt. Schnell muss ich mich an den ersten Rätseln probieren. Mit meinem Farb-Ring kann ich die Spielwelt nun blau einfärben. Eine eingestürzte Miene wird wieder begehbar, als ich die blauen Felsen im Weg mit der nun blauen Spielwelt verschmelzen lasse. So ziemlich jedes spätere Rätsel funktioniert nach diesem Grundschema – und dennoch wird schnell klar, welche facettenreichen Rätselideen durch den simplen Ansatz ermöglicht werden.

Stetige Lernkurve

Fortan renne und hüpfe ich durch die Spielwelt, auf der Suche nach den weiteren Farb-Fragmenten. Die Reise bringt mich an die verschiedensten Orte und immer wieder kehre ich an alte Stellen zurück, um mit meinen neuen Farben neue Wege aufzudecken. Dieser Ansatz lässt mich an klassische Metroidvania-Spiele denken, auch wenn der richtige Weg im Vergleich zu einem „Super Metroid“ immer vor meinen Augen liegt.

Denn „Hue“ möchte nicht durch einen zu hohen Schwierigkeitsgrad verschrecken. Es nimmt mich bei den Rätseln aber auch nicht an die Hand und erklärt mir in langatmigen Tutorials kleinschrittig jede Ecke und Kante des Gameplays. Stattdessen bringe ich mir die Mechaniken durch cleveres Design und Ausprobieren von selbst bei. Mit jedem gelösten Rätsel lerne ich dazu und begreife immer mehr die Kniffe der Mechaniken. Immer wieder kommt es zu Momenten, in denen es „klick“ macht und ich mich motiviert durch meinen Erfolg am nächsten Rätsel versuche.

Alles aus einem Guss

Sind die ersten Rätsel noch simpel, geschuldet dem Umstand, dass man nur wenige Farben besitzt, werden die Rätsel mit dem wachsenden Farb-Ring immer kniffliger. Hin und wieder kommt es sogar zu actionreichen Momenten, in denen ich schnell reagieren und gleichzeitig Plattformer-Passagen überwinden muss. Doch wie schwierig ein Rätsel auch zunächst scheinen mag: Zur Verzweiflung kommt es nie, da ich von Rätsel zu Rätsel immer mehr dazu lerne. Daher wirken mir manche Rätsel aber hin und wieder leider auch zu banal und einfach, sodass ich durch ganze Passagen einfach durchrennen kann.