Neben „Battlefield 1” und „Call of Duty: Infinite Warfare” bekam das Multiplayer-Ego-Shooter-Genre vor Kurzem einen weiteren Vertreter geboten. Die Rede ist natürlich von „Titanfall 2”, das dieses Mal auch eine Einzelspieler-Kampagne beinhaltet, die tatsächlich einen großen Stellenwert von Entwickler Respawn Entertainment bekommen hat. Zudem markiert der Titel den Start des Franchises auf der PlayStation 4. Ich hab mich deshalb in den Titanen gesetzt und heiße Mehrspieler-Gefechte sowie eine actionreiche Geschichte erlebt.

Eine Verbindung zwischen Mensch und Maschine

Nachdem man zwar schon im ersten Teil während der Multiplayer-Gefechte sehr leicht verstreute Story-Elemente hatte, wünschten sich einige Fans für einen Nachfolger mehr Fokus auf die Geschichte. Das holt Respawn jetzt mit „Titanfall 2” nach und setzt auf eine ausgereifte Kampagne. In dieser übernimmt man die Rolle von Jack Cooper, einem Infanteristen an der ersten Front, der davon träumt, irgendwann einmal ein Titanen-Pilot zu werden. Doch während einer Mission auf Typhon, dem Planeten, wo fast die gesamte Geschichte angesiedelt ist, wird der Trupp komplett zerschlagen und Cooper wird von seinem Captain als neuer Pilot für den Titan BT-7274 ernannt.

Damit beginnt im Grunde eine Geschichte zwischen dem Bündnis eines Soldaten mit seiner Kampfmaschine. Um das Gefühl zu vermitteln, dass man seine eigene Story erlebt, gibt es immer mal wieder Dialog-Optionen, die aber keinerlei Unterschied machen, sondern nur minimal den darauf folgenden Dialog beeinflussen. Bei den Gesprächen hatte ich das Gefühl, dass in der Vollversion im Gegensatz zu der auf der gamescom gezeigten Fassung einiges an Witz herausgenommen wurde. Es kann sein, dass meine Entscheidungen der Grund dafür sind, aber mir fehlten so einige kleine Lacher, die ich auf der Präsentation noch hatte. Aber tatsächlich sollte man die Geschichte nicht so ernst nehmen, denn der einzige Charakter, mit dem man eine Bindung aufnehmen kann, ist ironischer Weise eine größtenteils emotionslose Maschine. Spaß macht die Kampagne in den vier bis fünf Stunden aber durch ihre Kurzweiligkeit auf jeden Fall. Ich hätte mir nur ein paar mehr Level oder bessere Übergänge gewünscht, denn so gibt es immer wieder Szenen, die einfach ins Schwarze blenden und dann ist man auf einmal ganz woanders.

Cineastischer Set-Piece-Schlauch

Spielerisch zeigt Respawn mit der Kampagne, wo sie ihre Wurzeln haben. „Titanfall 2” ist ein cineastischer Action-Shooter, bei dem man von einem Set-Piece zum nächsten durch einen Schlauch geführt wird. Das Gunplay fühlt sich sehr flott an und wird durch die verschiedenen Waffen sowie Granaten nicht langweilig. Die Gegner-KI hingegen trägt dazu bei, dass das Spiel sehr leicht wird. Ist man einmal in einer brenzligen Situation, kann man sich einfach unsichtbar machen, an einen ruhigen Ort stellen und die Gegner bleiben wie angewurzelt stehen oder laufen einfach ohne jegliche Taktik durch die Gegend.

Titanfall

Immer wieder muss man auch im Titan Platz nehmen. Für diesen kann man verschiedene Ausrüstungen freischalten, wodurch sich die Waffe, Spezial-Fähigkeiten und die aufladbare Attacke ändern, was für Abwechslung im Spielstil sorgt. Glücklicherweise liegen die Ausrüstungen immer auf dem Weg, weshalb man sich also keine Sorgen machen muss, man würde etwas verpassen. Die Geschwindigkeit innerhalb des Titans ist natürlich etwas langsamer aber für eine Kampfmaschine durchaus noch schnell, wodurch man gerne in den Roboter steigt, um mit der Extra-Kraft die anderen Titans oder auch die kleinen Gegner zu zerstören.

Langweilige Bosse

Wo wir aber gerade beim Titan sind, komme ich mal zum schlechtesten Teil von „Titanfall 2”, der mir die Story auch ein wenig madig gemacht hat: die Bossgegner. Innerhalb der Kampagne trifft man auf fünf verschiedene Bosse, die sich aber nicht signifikant von anderen Kämpfen im Titan unterscheiden. Im Grunde muss man einfach nur so schnell wie möglich drauf schießen und dann mit einer Melee-Attacke den Gnadenstoß verpassen. Das größte Versäumnis an dieser Stelle ist, dass auch die Bösewichte keinen ausgefeilten Charakter spendiert bekommen. Sie sind da, sie sind böse, man muss sie besiegen und wenn man das getan hat, sind sie einfach weg – eine letzte Cutscene oder wenigstens einen letzten Spruch sucht man vergebens. Dadurch wirken die Kämpfe gegen die Bosse einfach nur lächerlich.

Rätselhafte Highlights

Aber es gibt auch etwas, wofür man die Kampagne loben muss. Denn neben dem spaßigen aber dennoch recht eintönigen Geballer, gibt es immer wieder Rätselpassagen, die sehr abwechslungsreich sind und das Highlight darstellen. In diesen Sequenzen wird auch das immer noch tolle Movement-System durch Doppelsprünge, Slides, Wandläufe und mehr voll ausgenutzt und man muss auch komplett damit umgehen können, um die Rätsel zu lösen. Doch auch verschiedene Gadgets wie Zeit-Manipulatoren oder Elektro-Strahlen, die Schalter umlegen, kommen zum Einsatz und lockern das Spiel-Geschehen unglaublich auf. Ich für meinen Teil hab jede dieser Passagen mit Freuden abgeschlossen und fühlte mich gerade an einer Stelle, wo Rätsel und Geballer auf kluge sowie in dem Genre selten genutzte Art und Weise verbunden wurden, so gut unterhalten, dass ich gerne mehr davon gesehen hätte als nur zehn Minuten. Gerade dafür, ohne ins Detail zu gehen, um die wenigen aber sehr guten Überraschungen nicht vorweg zu nehmen, lohnt es sich, die Kampagne von „Titanfall 2” zu spielen, auch wenn sie nicht ganz an die Brillianz eines „DOOM” herankommt, was in diesem Jahr bewiesen hat, wie man einen Schlauch in dem Genre richtig macht.

Grundsolider Mehrspieler

Neben der Kampagne gibt es aber natürlich auch wieder einen Mehrspieler, der genauso gut funktioniert, wie schon beim Vorgänger und dieses Mal mit über zehn Modi wirklich für jeden was bietet. Ob nun Kämpfe ohne Titans, nur Titanen-Kämpfe, Matches mit Computer-Gegner oder normale Deathmatches, jeder findet seine Favoriten. Für die Langzeit-Motivation gibt es eine Vielzahl an Sachen, die man durch das eigene Level oder auch das Level der Ausrüstungen und Titanen freischalten kann. Ansonsten bekommt man zum Beispiel noch mit dem Grappling Hook ein weiteres Mittel, um noch agiler durch die Level zu marschieren, was besonders für Profis noch einmal ein Anreiz ist, neue Taktiken zu entwickeln. Insgesamt wird der Mehrspieler bestimmt einige Fans finden und baut auf dem gleichen Fundament auf, was schon beim Vorgänger gut funktioniert hat. Hoffentlich zeigt dann auch die Zukunft, ob die Spieler den Titel auch annehmen werden oder die Server in einigen Monaten wieder ausgestorben sind.

Weich wie Butter

Unterstützt wird der insgesamt positive Eindruck bei „Titanfall 2” durch eine solide Technik, die zwar abgesehen von einigen Frame-Einbrüchen in Cutscenes und einem miserablen Intro wirklich jederzeit butterweiche 60 FPS bietet, was für einen Shooter wichtig ist. Selbst in hitzigen Kämpfen mit bis zu zehn Titans bleibt die Action flüssig. Auch die restliche Optik weiß durchaus zu gefallen und ist bunt genug gestaltet, um sich von den eintönigen Vertretern des Genres abzuheben. Der Sound hat sich bei mir zwar nicht so eingeprägt, aber gerade die Soundeffekte der Titans sind doch durchaus gelungen. Auch die Synchronisation, die im Original komplett ohne die üblichen Verdächtigen auskommt, weiß zu überzeugen und leistet sich nur wenige Ausrutscher.