Im Jahre 2014 erschien ziemlich aus dem Nichts der Indie-Horror-Schocker „Outlast”, der die Spieler-Welt im Sturm eroberte. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Red Barrel Games drei Jahre später einen Nachfolger liefert, der auf genau dieselben Grundpfeiler des ersten Teils setzt: Verfolgungsjagden, Jump-Scares und übertriebene Gewalt. Ob „Outlast 2” auch dieses Mal überzeugen kann, zeigt die folgende Review.


Investigativ im Horror-Wald

Wie so oft in einem Horror-Spiel, startet auch „Outlast 2” noch relativ ruhig. Der Kameramann Blake Langermann und seine Frau Lynn, eine Extrem-Reporterin, sind einer großen Geschichte auf der Spur und fliegen deshalb in einen Wald, wo angeblich Frauen verschwinden. Doch nach einem Absturz des Helikopters sind die beiden voneinander getrennt und der Pilot wenige Meter weiter komplett gehäutet. Doch das ist erst der Anfang des Horrors von Blake, der auch in der Vergangenheit des Protagonisten seine Wurzeln hat.

Die Geschichte startet eigentlich recht vielversprechend, aber wer Indie-Horror und vor allem „Outlast” kennt, der weiß, dass sie im späteren Verlauf nur noch ein Grund ist, um viel zu übertriebene Gewalt zu zeigen. Egal ob Vergewaltigungen, extreme Folter oder auch Verstümmelung von Leichen, hier ist wirklich alles an der Tagesordnung, was man sich an brutalen Akten vorstellen kann. Meistens ist es zum Glück so, dass die brutalsten Szenen nur angedeutet oder nur mit eingeschränkter Sicht angeschaut werden können, aber trotzdem ist das Spiel wieder nichts für Zartbesaitete. Teilweise geht das Spiel sogar so weit, dass man gar keine Lust mehr auf die einzelnen Szenen hat und nur noch davon genervt ist.

Jump-Scares ohne Ende

Ein weiterer Faktor, der bereits in der Einleitung erwähnt wurde, ist der Horror, der fast ausschließlich auf Jump-Scares setzt. Diese sind auch in moderner Manier einfach nur unfair platziert und durch so laute Soundeffekte untermalt, dass man sich einfach erschrecken muss. Da ist es egal, ob jetzt ein Vogel einem entgegen fliegt, ein Monster direkt vor das Gesicht springt oder einfach nur die Hintergrund-Musik denkt, sie müsse gerade einen tiefen, lauten Ton abspielen. Das Resultat ist immer ein aufgeschreckter Spieler, der aber wahrscheinlich nach der ersten Stunde schon einfach genervt davon ist, dass das Spiel einem im späteren Verlauf immer einen Schocker nach dem anderen präsentiert und keine Ruhepause gönnt.

Immer nur verfolgt

Perfekt in diesem Zusammenhang ist auch der dritte Aspekt zu erwähnen: die Verfolgungsjagden. Ganz am Anfang des Spiels werden Erkundung und Verfolgung noch in einem guten Verhältnis zueinander abgewechselt und man hat immer genug Ruhepausen, um dem nächsten Adrenalin-Moment auch genug Luft zum Atmen zu geben. Später ist es aber nur noch so, dass man gefühlt mehrere Stunden verfolgt wird, blind durch die Gegend läuft und ständig in irgendetwas rennt, was einen manchmal sogar auf einmal töten kann. Das lässt einfach keine Stimmung aufkommen, sondern wird einen nur genervt zurücklassen. Auf höheren Stufen muss man zwar taktischer vorgehen, aber dort sind die Begegnungen mit den Dorf-Bewohnern auch nicht weniger nervig. Da helfen auch die eingestreuten Rätsel nur wenig, wenn man am Ende doch nur von einem Ort zum nächsten verfolgt wird.

Christen gegen Anti-Christen

Das ist eigentlich sehr schade, denn das Setting hat durchaus Potenzial dazu, einen eintauchen zu lassen. Schon Spiele wie „Resident Evil 4” haben mit ihrem verdammten Dorf Generationen von Spielern in Angst und Schrecken versetzt und auch „Outlast 2” hat einen eigentlich schönen Schauplatz. Das Dorf ist umgeben von Szenerien, die durch die Lichteffekte schaurig-schön beleuchtet werden. Leider werden sie aber nur verwendet, um stur durch sie zu laufen, was dafür sorgt, dass man die kleinen Details verpasst und das Gefühl bekommt, dass alles gleich aussieht, was eigentlich nicht der Fall ist.

Interessant für ein Horror-Spiel ist auch das Zusammenspiel von Christen und Anti-Christen, die in dem Dorf zusammenleben und sich trotz ihrer unterschiedlichen Ansichten auf irgendeine Weise ähneln. Ihr Glauben bringt sie dazu, unaussprechliche Dinge zu tun, die aus ihrer Sicht von Gott so gewollt sind. „Outlast 2” hat natürlich nicht den Anspruch, eine Religionskritik zu sein, aber die übertriebene Darstellung des Fanatismus sorgt für ein frisches Setting für Horror-Spiele. Hätte man nur etwas mehr Wert auf Charaktere und ihre Ansichten gelegt, dann würde man auch die Motivation der Gegner dafür verstehen, einen zu verfolgen. Manchmal ist Klarheit und eine offensichtliche Erklärung der Lage besser für das insgesamte Spiel. Hier fühlt sich das alles eher nach Willkür und Wahnsinn an, was vielleicht für manche wieder ins Spiel passt, andere aber nur nerven wird.

Die Highlights

Der wohl interessanteste Aspekt sind die Flashbacks von Blake, die ihn zurück auf seine alte Schule bringen. Dort gilt es immer in kleinen Abschnitten herauszufinden, was mit Jessica, einer alten Schul-Kameradin, passiert ist. Da diese Momente kurz das Spiel entschleunigen, bekommt man genau die gewünschte Luft geboten, um sich auf den nächsten Schockmoment vorzubereiten. Zudem sind die Sequenzen durch die beklemmende Stimmung atmosphärisch definitiv die Highlights des Spiels.

Ein weiteres Highlight ist die Technik. Natürlich entlastet „Outlast 2” durch die Schlauchlevel die PS4 enorm und ermöglicht eine höhere Qualität, aber selbst auf der Standard-PS4 sieht das Spiel einfach nur gut aus. Die Optik ist sehr klar mit schönen Texturen und Effekten, das einzige, was einen hier und da verwundert, sind die nur in Ordnung aussehenden Charaktermodelle und die sich oft wiederholenden Klon-Gegner. Auch verwunderlich – aber im positiven Sinne – ist die Bildrate. Das Spiel läuft mit butterweichen 60 FPS und kommt nur in absoluten Ausnahmefällen ins Stottern. Das zeigt einfach, wo das Team von Red Barrel Games den Fokus gesetzt hat, und sollte auch gelobt werden. Nur schade, dass der Rest des Spiels nicht immer überzeugen kann.