Mit der Veröffentlichung von „Yakuza 0“, hat SEGA zahlreiche neue Fans für das fernöstliche Abenteuer gewinnen können und konnte spätestens damit auch endgültig im Westen den großen Durchbruch feiern. Kein Wunder, konnte doch das Abenteuer in den schillernden Farben der 80er Jahre schlussendlich nicht nur uns, sondern auch zahlreiche weitere Kritiker und Freunde der japanischen Unterwelt begeistern. Mit „Yakuza Kiwami“ kehrt man nun zu den Wurzeln der Saga zurück und verpasst diesen eine Verjüngungskur. Das Spiel ist eine Neuauflage des allerersten Abenteuers, das vor über zehn Jahren auf der PlayStation 2 erschien und für viele zur „Ersatzdroge“ wurde, als klar war, dass „Shenmue“ wohl für einige Zeit von den Bildschirmen verschwinden würde. Gerade für diejenigen, die mit „Yakuza 0“ eingestiegen sind, aber natürlich auch für Veteranen der ersten Stunde, bietet es sich an, wieder die Straßen Kamurochos unsicher zu machen und zu sehen, wie eine der wichtigsten Serien aus Fernost ihren Ursprung hatten. Ob die Neuauflage jedoch, trotz Schönheitskur, wirklich heute noch begeistern kann oder ob derZahn der Zeit schon zu viel der einstigen Schönheit abgenagt hat, verrät unser Review.

Der Drache von Dojima

Wir schreiben das Jahr 1995, die glitzerhaften und mit Neonfarben durchtränkten 80er-Jahre liegen mit „Yakuza 0“ hinter uns, alles ist nun ein Stück düsterer, ein bisschen dreckiger. In einem Rückblick wird die folgenschwere Mordsituation rund um einen hochrangigen Yakuza, einem Mitglied des organisierten japanischen Verbrechens, erläutert, in der sich Kazuma Kiryu, der Hauptprotagonist der „Yakuza“-Serie, befindet. Doch eins nach dem anderen: Kazuma Kiryu, ein hochrangiger Berater und Mitglied der Dojima-Familie, einem Ableger des Tojo-Klans, verdient sich seine Brötchen mit dem Einsammeln von Geldforderungen der Yakuza bei Schuldnern in der Stadt. Diese sind jedoch nicht immer so zahlungswillig, wie man es sich wünschen würde, und dann muss natürlich mit einer entsprechenden Portion Hiebe nachgeholfen werden, damit die Geldbörse doch noch gelockert wird. Durch eine Überschlagung von dramatischen Ereignissen, auf die wir aus Spoiler-Gründen nicht näher eingehen wollen, kommt Kazuma Kiryu aufgrund seines Ehrgefühls und Zuneigung zu seiner Jugendliebe Yumi und seinem besten Freund Akira, für einen Mord hinter schwedische Gardinen, den er nicht begangen hat, und muss zehn Jahre seiner Lebenszeit im japanischen Gefängnis absitzen. Ferner wird er auch aus Dojima-Familie verbannt, Kiryus Name und Ehre sind damit endgültig besudelt. 

Eine Dekade vorgespult, zurück in der Freiheit, muss sich der grimmige Japaner zahlreichen neuen Gefahren und Problemen stellen, um seine Ehre wiederherzustellen. Dabei trifft er auch auf das Waisenmädchen Haruka, das noch eine zentrale Rolle in den weiteren Geschehnissen spielen wird. Doch auch abseits davon, geizt das Leben nicht mit Problemen für den Yakuza. Es wurden 10 Milliarden Yen von der Tojo-Familie gestohlen, außerdem ist Yumi auf mysteriöse Art und Weise verschwunden.  Die japanische Unterwelt macht Jagd auf den „Drachen von Dojima“. Kazuma Kiryu muss nun wieder seinen Platz in der japanischen Unterwelt finden und seinen Namen reinwaschen.

Goro Majimas Omnipräsenz

Spätestens seit „Yakuza 0“ zählt Goro Majima, ein langjähriger Rivale und Mitglied einer ebenso rivalisierenden Familie, zu den absoluten Fanlieblingen in der fernöstlichen Serie. Auch in „Yakuza Kiwami“ kommt er, dank neuem „Majima Everywhere“-System, nicht zu kurz. Er ist, mit seiner typisch, verrückten Art, eine treibende Feder darin, Kazuma Kiryu wieder zu alter Stärke zu „verhelfen“ und den Rost, der sich nach zehn Jahren Gefängnisaufenthalt angesammelt hat, abzuschütteln. Majima verfolgt Kiryu das Spiel über und taucht immer wieder in den unmöglichsten, kuriosesten, aber auch lustigsten Situationen und Tarnungen auf und wird auch hier wieder bei den Sympathien von Fans stark punkten sowie für einige Lacher sorgen. Leider enden dann seine Auftritte relativ abrupt und manchmal taucht er auch wirklich in den unpassendsten Gelegenheiten auf, aber er wäre nicht Goro Majima, wenn es anders wäre. Insofern gelang es den Entwicklern, mit einem kleinen Kniff, deutlichen Mehrwert zur Figur beizutragen, die so viele in „Yakuza 0“ kennen und mögen gelernt haben.

Neue Einblicke in Altbekanntes

Besonders erfreulich ist auch, dass die Entwickler zahlreiche neue Szenen und Cutscenes in „Yakuza Kiwami“ eingebaut haben, um das Spiel besser mit den Ereignissen von „Yakuza 0“ zu verbinden, aber auch um Veteranen des ersten Teils neue Einblicke in die Geschehnisse zu gewähren. Beispielsweise sieht man einige Ereignisse aus der Perspektive von Akira Nishikiyama, dem besten Freund von Kazuma Kiryu, der ebenfalls eine Schlüsselfigur der „Yakuza“-Marke ist. Alles in allem entfaltet sich die Geschichte von „Yakuza Kiwami“ zu einer spannenden Odyssee für Erwachsene, in denen Gewalt, Zuneigung, Ehre und Freundschaft, aber auch Verrat und Verlust ein treibendes Element sind und in ein packendes Finale münden. Die Charaktere stehen für sich und sind von den Schreibern größtenteils gut durchdacht und in die Tat umgesetzt worden, so dass der Spieler auch wirklich um Figuren wie Kazuma Kiryu mitfiebert. Neben dem todernsten Intrigen und Machenschaften der japanischen Unterwelt, schafft es „Yakuza Kiwami“, gerade in den Subplots, das Ganze auch aufzulockern und einen typisch-verrückten japanischen Anstrich zu liefern. Dabei schafft es die Serie, anders, als viele andere Spiele, den Spagat zwischen beiden Emotionswelten zu vermitteln, ohne dabei die ganze Zeit entweder nur „bierernst“ zu sein oder nur Klamauk zu bieten. Fans beider Ansätze kommen voll auf ihre Kosten und schlussendlich ist es die Mischung aus knallharter japanischer Unterwelt und dem überzeichneten fernöstlichen Wahnsinn, der dem Spiel und der Serie eine unverkennliche Identität im sonstigen viel zu ausufernden Einheitsbrei der Spielelandschaft verhilft. Allerdings dürften sich viele westliche Spieler von der Übertriebenheit mancher Aspekte sowie einem dicht verwirrten Netz aus Charakteren, Clans und Ereignissen eher irritiert zeigen.

Das vermutlich beste Kampfsystem der Serie

Der erste Teil der „Yakuza“-Serie ist sicherlich einer der Ableger, die am spürbarsten gealtert sind und dabei ist das Kampfsystem keine Ausnahme. Man könnte auch gut und gerne behaupten, dass das Kampfsystem mit das schlechteste, unspannendste und am wenigsten intuitive der Rehe ist. Doch glücklicherweise fiel auch das Kampfsystem in den Jungbrunnen. Im Grunde hat man das deutlich bessere Kampfsystem von „Yakuza 0“ übernommen und dieses entsprechend hier und da angepasst. Der Spieler kann zwischen mehreren verschiedenen Kampfstilen wählen und sich den Gegebenheiten entsprechend anpassen. Mit „Brawler“ hat man quasi die „Allround“-Klasse, die nichts wirklich falsch, aber auch nichts sonderlich gut macht. Mit „Rush“ hingegen legen die Schläge und Tritte einen ordentlichen Zahn zu, während „Beast“ für mehr Wucht und Bumms in den Backpfeifen sorgt. Der „Dragon of Dojima“-Stil ist der komplizierteste und entfaltet sich nur in Kombination mit dem „Majima Everywhere“-System, dafür aber auch sicher der belohnendste von den vier System. Durch die verschiedenen Kampfsysteme mit all ihren Stärken und Schwächen muss der Spieler regelmäßig seinen Stil auf den Gegner und die Gegneranzahl anpassen. Dies sorgt für eine gewisse Spieltiefe, die im ursprünglichen „Yakuza“ gefehlt hat. Neu ist auch ein überarbeitetes Finisher-System. Während „Yakuza 0“ noch stark auf Quicktime-Events aufgebaut hat, setzt „Yakuza: Kiwami“ den Schwerpunkt mehr auf charakter- und kampfstilabhängige Finisher, die man auf den Gegner loslassen kann, wenn man die entsprechende „Heat“-Leiste während das Kampfes aufgefüllt hat. 

Durch das Sammeln von Erfahrungspunkten, kann man weitere Fähigkeiten und Kampftechniken für Kazuma Kiryu freischalten, ähnlich wie in einem Rollenspiel. Daneben kann man sich auch die Umgebung zu Nutze machen. Ein Bürostuhl? Eine Mülltonne? – Alles wird zu einer gefährlichen Waffe in den Händen von Kiryu. Die Kämpfe sind schön wuchtig und geizen nicht bei Brutalität und rotem Lebenssaft, was in dieser Art Spiel auch vollkommen fehl am Platz wäre. Während das Kampfsystem in der „Yakuza“-Serie oft zu wünschen übrig ließ, hat man hier vermutlich bisher den besten Weg gefunden. Im Vergleich zu den Vorgängern, hat der Schwierigkeitsgrad und die neugewonnene spielerische Tiefe außerdem den Vorteil, dass die Kämpfe deutlich fordernder und spannender sind, der neue Grad an Herausforderung steht der Serie gut.

Weniger Nebeninhalte als gewohnt

Die „Yakuza“-Serie ist, neben ihrer packenden Hauptgeschichte, vor allem für die zahlreichen Nebenquest und –tätigkeiten bekannt, die die Spieler für viele dutzende Stunden fesseln und für viel Abwechslung sorgen. Da „Yakuza: Kiwami“ auf dem Erstling basiert, ist der Sack mit Inhalten nicht ganz so prall gefüllt, wie man es aus jüngeren Iterationen kennt. Mit Kamurocho kann man lediglich nur ein Stadtgebiet besuchen, dementsprechend limitierter ist auch die Karte. Außerdem steuert man die Geschichte über auch wirklich nur einen Charakter, anders als beispielsweise in „Yakuza 5“ oder „Yakuza 0“. Zwar hat SEGA hier einige neue Sidestories mit in das Spiel gebracht sowie hier und da altbekanntes geändert, im Vergleich zu dem Vorgänger ist das Ausmaß an Möglichkeiten leider enttäuschend. Es ist auch schwierig zu beurteilen, inwiefern man das nun dem Spiel ankreiden kann, handelt es sich hierbei doch um ein Remake. Abseits davon hat man die bekannte Auswahl, von Hostess-Minispielen über Kartenspiele bis hin zu Besuchen in den Arcadehallen Kamurochos, mit der man sich als Yakuza seine Zeit vertreiben kann, wenn man nicht gerade einen Satz heißer Ohren verteilt. Auch, wenn sowohl Qualität, als auch Quantität der Nebeninhalte nicht an Serienhighlights wie „Yakuza 0“ herankommen, so werden sie Spieler locker für über 50 Stunden fesseln und für einige Höhepunkte im Spielerlebnis sorgen und sich im japanischen Flair von Kamurocho verlieren.

Technik

Bei „Yakuza: Kiwami“ handelt es sich nicht wirklich um ein reinrassiges Remake, aber auch um kein wirkliches Remaster, es bewegt sich irgendwo dazwischen. Aufbauend auf dem Grundgerüst des PlayStation-2-Ablegers, hat man quasi die Optik von „Yakuza 0“ darübergezogen und Zwischensequenzen komplett überarbeitet. Das hat zur Folge, dass das Spiel in den Zwischensequenzen überwältigend aussieht, in den Gameplay-Phasen aber nur „ganz gut“, zumal einige technische Schnitzer, wie zu spät ladende Texturen, hier und da den Gesamteindruck trüben. Für Fans von Zahlen sei gesagt, dass „Yakuza: Kiwami“ in 1080p und vor allem 60 Bildern pro Sekunde daherkommt und sich dementsprechend butterweich spielt. Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass alles andere auch enttäuschend gewesen wäre. Ein besonderes Gustostück ist jedoch die Synchronisation der Charaktere. SEGA hat die Originalsprecher erneut in das Tonstudio gebeten und die Dialoge in deutlicher angenehmerer Qualität aufgenommen. Der Soundtrack wurde natürlich auch neu angepasst und passt, heute, wie damals, wie die Faust auf das Auge und untermalt die Martial-Arts-Action und gemütlichen Stunden in den Nebentätigkeiten gleichermaßen ideal.