Indie, Indie, Indie – das ist das Schlagwort schlechthin der letzten Jahre. Ursprünglich angetrieben von einem Mangel an Kreativität und Mut in einer stagnierenden Branche, konnten sich kleine Spielchen mit cleveren Ideen und tollen Optiken schnell einen Platz in der Wunschliste gelangweilter Spieler sicher. Mittlerweile wagen große Publisher mehr und zeigen Mut zum Risiko – beispielsweise Sony mit „Horizon: Zero Dawn“ oder auch Capcom mit „Resident Evil VII“. Außerdem musste die Indieszene in den letzten Jahren mit einigen Rückschlägen und Enttäuschungen hadern. Das kleine Entwicklerstudio Aist wagt nun mit „Dreambreak“ einen erneuten Angriff  auf die Schatzkiste vermeintlicher Ideen und Kreativität. Ob der Mix aus den verrücktesten Elementen ein leckerer Cocktail ist, oder wir davon doch eher das kalte Grausen bekommen, verrät einmal mehr unser Review.


Der Wilde Osten

Die Prämisse der Hintergrundgeschichte klingt tatsächlich schon einmal verlockend und ködert uns mit einem alternativen Szenario, fernab von Fantasywelten und Spacemarines. In einer alternativen Zeitlinie ist die Sowjetunion nicht am Ende des Kalten Krieges innerlich zerbrochen und in viele Teilstaaten zerfallen, sondern lebt wie eh und je. Naja, fast, zumindest. Ihr spielt den Charakter Eugene, der eigentlich als einfacher Mann im „Arbeiter- und Bauernparadies“ ein halbwegs einfaches Leben führen sollte. Doch der gute Mann wird, überraschend und gegen seinen Willen, in eine große Revolution im kommunistischen Staate verwickelt, mit dem Ziel, das ehemals größte Land der Welt zu Fall zu bringen beziehungsweise dessen korrupte Elite, die sich mit einer Propagandamaschinerie sondergleichen und einem brutalen Polizeistaat an der Macht hält. Ähnlich wie die Sowjetunion, fängt die Geschichte bereits hier an in gefühlt tausend Einzelteile zu verfallen. Ohne jegliche Motivation und Synchro plätschert eine langweilige Textbox nach der anderen über den Bildschirm. Es wird keinerlei Beziehung zu dem Hauptcharakter aufgebaut und schon gar nicht zu anderen Figuren, denen man auf dem Weg begegnet. Die ursprüngliche Prämisse rund um alternative Realität, Revolution und Spionage klingt zwar vielversprechend, löst aber auch am Ende nichts davon wirklich gegen zählbares ein.

Boulevard of Broken Dreams

Im Kern ist „Dreambreak“ ein Point-and-Click-Adventure, in dieser Hinsicht entfernt vergleichbar mit Spielen wie „Day of the Tentacle“, „Maniac Mansions“ oder der „Sam & Max“-Reihe. Bevor aber Fans ungläubig ihre Augen reiben, müssen wir auch schon relativieren. Ein großer Unterschied ist die Tatsache, dass alle relevanten Objekte, die es anzuklicken gilt, orange leuchten – kein Witz. Dabei geht jeglicher Sinn von eigenem Grübeln und Interaktivität verloren, man klickt sich einfach von einem Gegenstand zum anderen. Das klingt nicht nur langweilig, das ist es auch. Erschwerend hinzu kommt die unfassbar träge Steuerung, die alles andere als optimal für den DualShock-4-Controller umgesetzt wurde und ein absoluter Stolperstein ist. Dafür ist jedoch die Rätselgestaltung nicht immer ein Ausfall, sondern hier und da ist tatsächlich die ein oder andere, spannende Kopfnuss versteckt. Immerhin sorgen außerdem die verschiedenen Setpieces für etwas Abwechslung und die Gestaltung der Hintergrundgrafiken sowie die Implementierung der Cyberpunk-Elemente in die Spielwelt wecken zumindest ein wenig Interesse am weiteren Verlauf des Spiels, ehe auch dieses zunichtegemacht wird.

Undurchdachte Mischung

Zu allem Überfluss, wirft „Dreambreak“ die wildesten Genres in einen Kochtopf, in der Hoffnung, den faden Geschmack des eigentlichen Kernspiels zu überdecken. Spieleabschnitte, die an „Space Invaders“ erinnern, wechseln sich mit „Endless Runner“-Passagen, die man zuhauf von Spielen aus dem Google Playstore und Appstore kennt, und allerlei anderen, sinnlos zusammengewürfelten Mischungen ab. Hier hat sich niemand wirklich Gedanken gemacht, wie man das organisch zusammenfügen könnte, wenn man schon versuchen will, einen wilden Genremix zusammenzuwürfeln. So unterschiedlich sie sein mögen, so viel haben sie auch gemeinsam: sie machen zu keinem Zeitpunkt wirklich Spaß. Am Ende bleiben viele Teildisziplinen, in denen „Dreambreak“ in eigentlich jeder Einzelnen versagt, statt sich auf weniger Aspekte zu konzentrieren, die man stattdessen gut macht. Der Entwickler spricht selbst von einer „bizarren Mischung“ und hat damit auch vollkommen Recht. Vom Umfang her dürfen sich Spieler auf zwei bis drei Stunden gefasst machen. Durch unterschiedliche Enden besteht theoretisch ein Wiederspielwert, aber ehrlicherweise können wir uns nicht vorstellen, dass sich allzu viele Spieler noch ein zweites Mal darauf stürzen werden.

Technik

Ein bißchen Charme hat das Spiel dann doch. Der Titel orientiert sich ganz offensichtlich an Pixelklassikern wie „Flashback“, dementsprechend nostalgisch dürften sich einige Spieler in den Weiten der Pixellandschaft von „Dreambreak“ wiederfinden. Auch, wenn wir mittlerweile sagen müssen, dass es in den letzten Jahren, gerade im Indiebereich, nun wirklich mehr als genug Liebesbekundungen an die Spiele aus der SNES-Zeit gab, wird der Stil in den Augen vieler Spieler weiterhin eine Liebesbekundung sein. Im Audiobereich hat man ebenfalls solide Arbeit geleistet, coole elektronische Sounds untermalen die Cyberpunk-Sowjetunion perfekt und man hat darauf geachtet, genug Variation in das Ganze mit hineinzubringen. Wären da nicht die ganzen Versäumnisse in den anderen Bereichen, würde hier bestimmt eine coole, spannende Stimmung und Atmosphäre vorherrschen. Leider sind das auch so ziemlich die einzigen, nennenswerten „Stärken“, die ein Spiel wie „Dreambreak“ vorzuweisen hat. Immerhin hat man offenbar ein wenig an der Fehlerbehebung gearbeitet und einige technische Schnitzer, wie viel zu viele Crashes in der PC-Version, nun zumindest minimiert.