Viele Spieler werden sich noch an „Myst“ erinnern. Der Titel hat das Adventure-Genre seinerzeit revolutioniert und den Grundstein für Spiele mit cineastischem Einschlag gelegt, ohne dabei das eigentliche Gameplay zu vergessen. Tatsächlich ist der Titel so legendär, dass viele Spiele versucht haben, dem Erfolg hinterherzulaufen. Bei „Obduction“ ist das aber anders, denn das Spiel kommt direkt aus dem Hause Cyan Worlds, die hiermit den geistigen Nachfolger ihrer Erfolgsreihe veröffentlichen. Das Spiel ist auch auf PlayStation 4 gelandet, doch ob die Begeisterung einmal mehr gerechtfertigt ist, haben wir herausgefunden.

Eine tiefe Reise

Wie schon bei „Myst“ ist die Geschichte alles andere als deutlich erklärt und lebt vom Mysterium. Auf jeden Fall findet sich der Hauptcharakter auf einem Alien-Planeten wieder, auf dem sich jedoch eine von Menschen geschaffene Anlage befindet. Menschen selber sind aber nirgendwo zu finden, und somit macht man sich auf, herauszufinden, was hier eigentlich geschehen ist. Ein Kernelement ist dabei die Möglichkeit, zu anderen Welten zu reisen, was direkt an die Kernmechanik aus „Myst“ erinnert. Mehr soll hier aber nicht verraten werden, denn die Geschichte bietet einige Überraschungen.

Die Macher beweisen ihr extremes Feingefühl und erzählen eine komplexe Geschichte, die man in dieser Form nicht oft in Spielen erlebt. Es wird nichts heruntergebrochen, weshalb jeder Ort eine Geschichte erzählt und nichts geschieht, um ausschließlich dem Gameplay zu dienen. Dabei bleibt es extrem spannend herauszufinden, worum es eigentlich geht und man wird bis ans Ende motiviert, alles abzusuchen und jeden Hinweis mitzunehmen. Das bedeutet aber auch, dass man viel Lesen muss, was aufgrund der mitunter kleinen Schrift etwas schwierig werden kann. Dennoch hat man hier große Arbeit geleistet und bietet ein so vielschichtiges Werk, wie man es nur selten erlebt.

Knobeln bis der Arzt kommt

Auf den ersten Blick könnte man meinen, bei „Obduction“ handele es sich um einen Walking Simulator. Damit liegt man aber komplett daneben, denn das Spiel lebt von seinen bockschweren Rätseln. Selbst eine Tür zu öffnen kann eine Herausforderung werden, denn man muss oft gleich mehrere Elemente kombinieren um zur Lösung zu kommen. Dabei folgt man immer der Philosophie, das kein Rätsel unlogisch sein soll und von der Geschichte getrieben wird. Alles hat einen Sinn und oftmals muss sogar nachgelesen werden, um Hinweise zu erhalten.

Das bedeutet aber natürlich auch, dass der Titel wahnsinnig anspruchsvoll wird. Ohne einen Guide werden wohl die wenigsten das Ende sehen, und Gelegenheitsspieler werden oft völlig überfordert. Das mittlerweile berühmteste Beispiel davon sind eine Reihe von Rätseln, in denen man ein Zahlensystem der Aliens erlernen muss. Das kann durchaus lange dauern und extrem frustrieren. Doch gerade das ist auch die Motivation, denn es ist ein unglaubliches Gefühl, wenn man komplexe Systeme versteht und miteinander kombiniert, um einen neuen Weg erreichen zu können.

Der Weltenerkunder

Eine Kernmechanik, die eine weitere Ebene hinzufügt, ist das Reisen zwischen verschiedenen Welten. Dabei sind diese nicht nur optisch sehr unterschiedlich, sondern kommen auch mit eigenen Elementen daher. Ohne zu viel von der Geschichte zu verraten kann man allerdings erahnen, dass sie miteinander verbunden sind, und genau das wird von den Entwicklern ausgenutzt. Das geschieht mit einer Perfektion, die erneut viele frustrieren wird, wer sich jedoch darauf einlässt, wird einige der genialsten Ideen des Genres erleben.

Zudem sind die Welten auch für sich beeindruckend. Es gibt so viele Details, dass man sich schnell verliert und einfach bewundert, wie lebendig die Umgebungen wirken, obwohl die Lebewesen fehlen. Die Macher überliefern wirklich den Gedanken, dass nichts ohne Überlegung platziert wurde und genau deshalb verliebt man sich regelrecht in die verschiedenen Welten. Das Storytelling geschieht eben auch über die Umgebungen, und während andere Spiele hier viel versprechen, kann „Obduction“ auch abliefern.

Kleine Kratzer

Wir können es nicht genug betonen, wie anspruchsvoll das Spiel ist. Deshalb werden wohl viele die Lust daran verlieren, gerade in den späteren Bereichen ist die Lösung selten leicht ersichtlich und es kann durchaus passieren, dass man eine Stunde lang Dokumente liest und Umgebungen erkundet, um den Ansatz zu finden. Das macht nicht jedem Spaß und deshalb richtet sich der Titel eben an die Leute, die ein modernes „Myst“ in neuem Setting wollen. Wer schon jetzt weiß, dass die Geduld fehlen wird, sollte den Titel nicht in Augenschein nehmen.

Doch auch Fans werden mitunter genervt sein. Das liegt vor allem am Backtracking, das extrem langwierig sein kann. Schlimm ist es dann tatsächlich, wenn man nicht weiß, was man überhaupt sucht, und dann ist der Wechsel zwischen den Welten tatsächlich eine Qual. Das hängt auch mit der Technik zusammen, die das komplette Gegengewicht zum überragenden Spiel darstellt. Perfekt ist „Obduction“ also nicht, trotzdem werden zahlreiche Spieler begeistert sein.

Noch nicht sehr real

Hier würden wir nun gerne darüber schreiben, wie sich der Titel im VR-Modus schlägt. Tatsächlich soll auch ein Update erscheinen, das diesen mitbringt, doch noch kann man das Spiel nicht mit PlayStation VR genießen. Demnach werden wir diesen Absatz dann überarbeiten um euch zu verraten, ob die Welt dann noch beeindruckender wirkt.

Technik

Bei der Technik darf man erstmal auf die guten Aspekte schauen. Die Umgebungen sehen toll aus, und die Texturen sind nicht nur scharf, sondern auch farbenfroh. Die drei Schauspieler, deren Aufnahmen die Geschichte begleiten, leisten ebenfalls eine gute, überzeugende Arbeit. Die englische Synchronisation passt ebenfalls, und die deutschen Untertitel leisten ihren Job. Ein Meisterwerk ist die Musik, die das Abenteuer wirklich zu einem atemberaubenden Trip macht und selbst in großen Kino-Filmen nicht besser sein könnte.

Das riesige Problem ist aber die Bildrate. Die ist selten bei 30 Bildern pro Sekunde, schwankt aber extrem stark. Manchmal bleibt das Geschehen stehen, selten ist man in einem flüssigen Gebiet. Das beeinträchtigt die Spielerfahrung enorm und macht aus das Erkunden mitunter zu einer Qual. Ebenso schlimm sind die Ladezeiten. Wenn man gegen Ende oft die Welt wechseln muss, wird das zu einer Qual und arbeitet aktiv gegen den Drang, vieles auszuprobieren.