Unter dem Zungenbrecher „Utawarerumono" erschien bereits 2002 im fernen Japan ein Graphic-Novel-RPG, dass mit zahlreichen weiteren Adaptionen, sei es als Anime oder Videospiel bedacht wurde. Spieler der westlichen Welt kommen mit Utawarerumono: Mask of Deception und Mask of Truth in den Genuss eines Breitseite Rollenspielunterhaltung. Ob der erste Teil „Mask of Deception" eine fesselnde Geschichte erzählt, klären wir in der folgenden Review.

Namenloser Held in unbekannter Welt

Ohne Gedächtnis irrt Protagonist Haku durch die Wildnis als er von widerwärtigen Getier angegriffen wird und nur durch die mysteriöse Kuon gerettet werden kann. Die junge Dame nimmt den verletzten Haku mit in das nächste Dorf in dem sie auf eine Gruppe Soldaten treffen, die sie als Unterstützung anheuern. Die gemeinsame Reise führt die Gruppe schlussendlich in die Hauptstadt des Reiches und zu einer Anstellung am kaiserlichem Hof. Dieser konventionelle Anfang leitet eine wendungsreiche Geschichte mit zahlreichen Charakteren, Emotionen, Intrigen und Abenteuen ein. Als Graphic Novel legt „Mask of Deception" seinen Fokus auf die Erzählung seiner Haupthandlung und die Interaktion der Figuren. Auch wenn die Figuren bekannten Schablonen und Archetypen entsprechen, wachsen sie dem Spieler über die Spieldauer durchaus ans Herz. Die fehlende Innovation in der Charakterentwicklung führt zwar nicht zu einem Meisterwerk, jedoch zu einem soliden Grundgerüst der Geschichte.

Obwohl diese durchaus überzeugen kann, wird sie in regelmäßigen Intervallen durch überflüssige Beschreibungen von alltäglichen Handlungen der Figuren unterbrochen, die keinerlei Relevanz für die Rahmenhandlung aufweisen. Dieser Makel wird bereit zu Beginn des Spiels erkennbar, als der eigentliche Start der Handlung durch solche Beschreibungen in die Länge gezogen wird und der Spieler über die Rahmenhandlung zunächst im Dunkel gelassen wird. Während in einem konventionellen Spiel solche Nebenhandlungen in freiwillige Nebenaktivitäten ausgelagert werden können und der Haupterzählstrang dadurch nicht berührt wird, resultieren daraus in einem Visuell-Novel RPG wie „Mask of Deception" Phasen der Langeweile.
Diese Tatsache bedeutet außerdem, dass die Handlung linear erzählt wird und der Spieler keinerlei Einfluss auf ihren Verlauf oder Ausgang nehmen kann. Auch wenn theoretisch eine Spielzeit von 40 Stunden erreicht werden könnte, wird eine künstliche Dehnung der Spielzeit erreicht. 

Die Inszenierung der Geschichte bleibt minimalistisch. Einige rudimentäre Animationen unterstützen stellenweise die Standbilder. Auch wenn diese Art der Darstellung in dem Genre des Visuell-Novell begründet liegt, nutzt „Utawarerumono: Mask of Deception" die Möglichkeiten eines visuellen Mediums nicht in einem zufriedenstellenden Maße aus.

Einen Funken Gameplay

Gebrochen wird die Erzählung durch Abschnitte, in denen sich die Heldengruppe in rundenbasierten Taktikkämpfen beweisen muss. Figuren über ein Raster bewegen, günstig in Schlagdistanz zum Gegner positionieren und Attacke starten. Nach gewonnenen Kämpfen gibt es gewohnt Erfahrungspunkte und bei Levelaufstieg neue Fähigkeiten. Die Figuren dürfen jedoch keine neuen Ausrüstungsgegenstände anlegen, wodurch der Fortschritt im Spiel nur oberflächlig bleibt. Im Rahmen des Kontext könnten die Kämpfe als Auflockerung der Erzählung verstanden werden, die sich in regelmäßigen Abständen abwechselt. Die Gewichtung von Erzählung und Gameplay ist jedoch stark auf die Handlung ausgelegt und nur gelegentlich wird dem Spieler die aktive Kontrolle überlassen. Da nicht nur epische handlungstragende Kämpfe ausgetragen werden, sondern auch kleine bedeutungslose Scharmützel ausgespielt werden. Aufgrund dessen lockern die Kämpfe nicht die Handlung auf, sondern sind eine nervige Unterbrechung, die zusätzlich ohne ein motivierendes Rollenspielsystem keinerlei Tiefgang bieten. Die Kämpfe können jederzeit wiederholt werden und nach dem Abschluss des Spiels werden einige besonders schwere Kämpfe freigeschaltet. Einen wirklichen Grund gibt es aufgrund des schwächelnden Gameplaysystems allerdings nicht.

Technik

Visuell ist „Mask of Deception" ein zweischneidiges Schwert. Die Bilder, Hintergründe und Charakterzeichnungen sind optisch und stilistisch zwar keine Offenbarung oder ein Quell der Innovation, bewegen sich aber im Kontext eines Visuell-Novels in einem annehmbaren Rahmen. Die Gameplayabschnitte sind technisch veraltet. Für gelegentliche Kämpfe wäre dieser Faktor irrelevant gewesen. Da jedoch Dialoge und Ereignisse der Handlungen stellenweise in dieser Perspektive erzählt werden schadet eine veraltete Optik der Inszenierung der Handlung. Die Steuerung ist minimalistisch und im Rahmen der Anforderungen absolut ausreichend. Auch wenn der Soundtrack einige Glanzlichter zu bieten hat, geht er in den vollvertonten Dialogen stellenweise einfach unter. Die Vollvertonung erweist sich ebenfalls als zweischneidige Angelegenheit. Denn es ist lediglich die japanische Sprachausgabe verfügbar. Nur Spieler, die der Sprache mächtig sind werden in den Genuss der Atmosphäre kommen.