Man könnte glauben, bei all den Spielen aus dem „Sword Art Online“-Universum wäre jedes Szenario verbraucht. Interessanterweise wurden bisher aber nur die klassischen Fantasy-Welten verwendet, nicht aber das in der zweiten Staffel eingeführte „Gun Gale Online“. Passenderweise geht es deshalb in „Sword Art Online: Fatal Bullet“ erstmals nicht um Schwerter, sondern Schusswaffen. Bringt das aber auch frischen Wind mit, oder entfernt es sich zu sehr von der bewährten Formel? Wir haben das Schlachtfeld betreten, um es euch zu verraten.

Wer ist Kirito?

Die größte Änderung macht sich schon zum Start bemerkbar, denn man spielt nicht als Kirito oder seine Freunde, sondern darf sich einen eigenen Charakter erstellen. Der entsprechende Editor ist zwar nicht der umfangreichste, genügt jedoch, um sich seinen eigenen Anime-Helden zu erstellen. Anschließend startet man als völliger Neuling in ein Turnier in „Gun Gale Online“, um seiner Freundin aus Kindertagen zu helfen, doch völlig überraschend trifft der Spieler auf einen extrem seltenen Gegenstand in Form eines seltenen Begleiters, für den er beneidet wird. Natürlich entfaltet sich eine Geschichte daraus, in der der neue Held wachsen muss, um alle Prüfungen zu bestehen.

Die Geschichte präsentiert sich in einer ungewohnten Ausrichtung. Die aus der Serie bekannten Helden sind weiterhin fester Bestandteil der Geschehnisse, doch fühlen sich deren Geschichten eher wie Nebenbeschäftigungen an, während die zentrale Handlung ganz auf völlig neue Charaktere setzt. Das bringt den dringend benötigten, frischen Wind mit und lässt einen die Welt zusammen mit dem Helden erkunden, gleichzeitig werden aber nicht alle glücklich. Viele der neuen Gesichter kommen extrem blass daher, haben keine Charakterentwicklung oder sind derart langweilig, dass man sie schnell wieder vergessen hat. Glücklicherweise bleibt die Haupthandlung interessant genug, wodurch man diese Makel verschmerzen kann.

Genrewechsel

Obwohl zahlreiche Rollenspielsysteme ineinandergreifen, ist „Sword Art Online: Fatal Bullet“ vor allem ein Third-Person-Shooter. Man schießt sich also durch Gegnerhorden, die allerdings überaus agil sind, weshalb man sich auch selbst durch Schritte, Ausweichmanöver und sogar ein Greifhaken-ähnliches Gerät schnell bewegt. Da das Spieltempo meist hoch ist, visiert man oft gar nicht selbst an sondern nimmt die Hilfe durch den Assistenten an, der für Treffer garantiert. Manchmal muss aber doch nachgeholfen werden, weshalb man Schwachpunkte anvisiert, um mehr Schaden auszuteilen. Alles in allem klingt das bekannt, leider glaubt das Spiel nicht, dass der Spieler solche Systeme kennt und startet mit einem ewig langen Tutorial voller Textboxen, die leichte Sachen kompliziert erklären.

Wer den Anime kennt wird die Schusswarnung kennen, durch die das Ausweichen erleichtert wird. Es entsteht ein toller Spielablauf bei dem man läuft, springt, sich schnell bewegt und haufenweise Feinde trifft. Als Belohnung erhält man Materialien für neue Waffen oder Verbesserungen, sodass jeder Ausflug in die Welt lohnenswert ist. Durch die unterschiedlichen Waffen kann sich auch der Spielstil verändern, es gibt also mehr als genug zu tun und zu entdecken. Die Anpassungsmöglichkeiten sind derart vielfältig, dass man gerne ähnliche Aufgaben erledigt, um noch mehr freizuschalten.

Wenig Abwechslung, purer Spielspaß

Durch das Kampfsystem fühlt sich das Spiel außergewöhnlich frisch an, der Ablauf ist jedoch alt bekannt und verdeutlicht die Rollenspielwurzeln. Man besucht zahlreiche Orte, kämpft sich durch mehrstufige Dungeons und levelt seinen Charakter hoch. Das ist genauso monoton wie schon immer, und wer dem Genre abgeneigt ist wird auch durch das Spieltempo nicht überzeugt. Gerade die Dungeons sind recht anspruchslos und bieten kaum Abwechslung, selbst wenn die Bosskämpfe zu den Highlights des Spiels gehören. Leider gibt es hier Totalausfälle, sodass nicht jeder Ausflug ein befriedigendes Ende findet.

Allgemein darf man nicht die größte Vielfalt erwarten. Die Quests bieten keinerlei Überraschungen und trotz einiger toller Ortschaften und offene Gebiete ist der Drang nach Verbesserung die einzige Motivation, weiterzumachen. Das ist nicht unbedingt schlimm, doch gerade die fehlende Abwechslung verwehrt dem Spiel, in der oberen Liga mitzumischen. Wer allerdings schon Spaß mit den anderen Spielen aus der „Sword Art Online“-Welt hatte, kennt dieses Problem und wird dank der rasanten und direkteren Kämpfe definitiv viele Stunden investieren. Zwar ist nach rund 40 Stunden die Kampagne vorbei, danach gibt es jedoch noch mehr als genug zu tun.

Eingeschränkter Mehrspielerspaß

Natürlich gibt es Mehrspielermodi, diese könnten aber stärker ausgearbeitet sein. In kooperativen Herausforderungen darf man mit Freunden aus der ganzen Welt die Dungeons bestreiten, Loot sammeln und Bosse niederstrecken. Das bereitet zwar noch mehr Spaß als die Einzelspieler-Geschichte, allerdings wäre es noch schöner gewesen, wenn man das gesamte Abenteuer mit Freunden hätte durchspielen können. Das wäre angesichts der Handlung unlogisch, jedoch bleibt es schade, dass die größte Unterhaltung nur nebenbei läuft, anstatt das Spiel zu tragen.

In PvP-Kämpfen dürfen Spielerteams gegeneinander antreten, was jedoch nicht das fairste Erlebnis ist. Das liegt an den unterschiedlichen Werten der Waffen, denn dank Verbesserungen sind nicht alle gleich gut, und Anfänger werden gar keine Chance gegen Spieler haben, deren Waffenarsenal größer ist. Deshalb wird man hier deutlich weniger Zeit verbringen, denn eine echte Motivation oder gar ein Fortschritt ist nicht zu sehen. Der Mehrspieler-Aspekt ist also unterhaltsam, jedoch wäre sehr viel mehr möglich gewesen, als abgeliefert wurde.

Aufpoliert

Besonders technisch fällt auf, dass die Macher von „Sword Art Online: Fatal Bullet“ sich mehr Mühe gegeben haben. Die Welt sieht schöner aus, die Texturen sind klarer und trotz monotonen Dungeons ist die Präsentation stärker. Auch die Animationen passen sich dem Tempo an und wirken viel definierter und nicht mehr altbacken. Von Bugs, Slowdowns oder anderen Problemen kann endlich nicht mehr berichtet werden, denn hier haben die Macher endlich die großen Makel ausgebessert und bereits zum Start ein rundum besseres Paket abgeliefert.

Der Soundtrack ist zwar nichts Besonderes, durch das neue Setting hebt er sich aber von den Vorgängern ab, ohne den Anime-Flair zu verlieren. Die Synchronisation ist auf gewohnt hohem Standard und weist zahlreiche Sprecher der Vorlage auf, jedoch gibt es nur japanische Dialoge. Dafür sind die deutschen Texte gut gelungen, wobei man oftmals lieber weniger lesen würde.